Grüne Magie
Fall. Ich bin bereit, Sie einzuweihen.« Er kehrte an den Tisch zurück und nahm ächzend Platz. »Ich muß jetzt ziemlich viel reden, und daran bin ich nicht gewöhnt. Aber Sie sollen verstehen, was wir Unglücksbringer bewerkstelligen können und wo unserer Unheilskunst Grenzen gesetzt sind.
Zuerst einmal: Im Gegensatz zu den alten Magiern sind wir praktisch denkende Leute. Natürlich gibt es Unterschiede, was die individuellen Fähigkeiten angeht. Der beste Unglücksbringer hat nicht nur ein ausgeprägtes telepathisches Potential, sondern auch eine unerschütterliche Persönlichkeit und profundes Wissen in bezug auf seine Mitmenschen. Er kennt ihre Verhaltensweisen, ihre Wünsche und Beweggründe,auch ihre Ängste. Er versteht die Symbole, die all jene Charakteristiken repräsentieren. In der Hauptsache ist die Anwendung der Unheilskunst enorm anstrengende Arbeit – gefährlich, schwierig und unromantisch –, und es gibt dabei keine anderen Geheimnisse als die, die wir nützen, um unsere Feinde zu verwirren.« Hein Huss sah den anderen Mann kurz an und begegnete dabei erneut dem dunklen Blick Lord Faides.
»Ja, ich weiß, eigentlich habe ich noch immer nichts gesagt und nur viele Worte verloren, die jedoch keineswegs erklären, warum ich nichts unternehmen kann, um das Erste Volk in Schwierigkeiten zu bringen, Geduld, Geduld.«
»Fahren Sie fort!« bat Lord Faide.
»Hören Sie gut zu! Was geschieht, wenn ich einen Menschen behexe? Zunächst muß ich telepathisch in sein Bewußtsein eindringen. Es gibt drei mögliche Beeinflussungsebenen: die bewußte, die unbewußte, und die zellulare. Der Einsatz der Unheilskunst ist dann besonders wirksam, wenn Einfluß auf alle drei Ebenen genommen wird. Ich taste mich in das Opfer hinein und bringe soviel wie möglich von ihm in Erfahrung, was zur allgemeinen Routine meines Berufs gehört. Ich nehme seine Puppe, die mit seinen Haaren oder anderen persönlichen Dingen ausgestattet ist. Ein solches Simulacrum kann recht nützlich sein, doch unbedingt erforderlich ist es nicht. Es fungiert als eine Art Fokus für meine Aufmerksamkeit, als ein Wegweiser, der mich in den Geist des Betreffenden führt, während ich mich darauf konzentrierte. Die Bindung des Opfers an die Puppe erfolgt durch seine eigenen telepathischen Energien.
Nun gut! In meiner Vorstellung sind Mensch und Puppe identisch, ebenso in einer oder mehr Bewußtseinsebenen der Person, die ich zu beeinflussen versuche. Was auch immer mit dem Simulacrum geschieht: Das Opfer empfindet alles so, als stieße es ihm selbst zu. Darauf beschränkt sich das einfache Behexen, zumindest vom Standpunkt der Unglücksbringer aus gesehen. Aber natürlich gibt es von Mensch zu Mensch große Unterschiede. Ich nenne hier Reizbarkeit und Anfälligkeit als Stichworte. Einige Personen sind empfindlicher und sensiblerals andere, und als Gründe dafür können diverse Ängste und konditionierende Vorstellungen genannt werden. Je mehr Erfolg ein Unglücksbringer hat, desto mehr wird er gefürchtet, und entsprechend nehmen seine Einflußmöglichkeiten zu. Es ist eine Spirale, die sich immer weiter in die Höhe dreht.
Mit dem Erzeugen einer dämonischen Besessenheit ist es ähnlich. Auch hier spielt die Empfänglichkeit die wichtigste Rolle. Und erneut sind es Ideen und Konzepte, die Sensibilität bewirken. Besonders einfach und anschaulich wird der Prozeß dann, wenn die Eigenschaften des Dämonen gut bekannt sind, wie zum Beispiel bei Comandores Keyril. Aus diesem Grund können Dämonen auch zwischen den Unglücksbringern ausgetauscht werden. Bei solchen Handelsgeschäften geht es in erster Linie darum, welchen Ruf die Entitäten genießen, welche Furcht sie erwecken.«
»Dann gibt es eigentlich also gar keine Dämonen?« fragte Lord Faide erstaunt und ungläubig.
Hein Huss grinste breit und offenbarte dabei große gelbe Zähne. »Die Kraft der Telepathie entfaltet sich in einer ätherischen Ebene. Wer weiß, was dort geschaffen wird? Vielleicht genügt die Beschwörung eines Teufelswesens, um ihm echtes Leben zu verleihen. Vielleicht sind sie erst durch uns real geworden. Dabei handelt es sich natürlich um Spekulationen, von denen wir Unglücksbringer nichts halten.
Nun, soviel zu Dämonen und den einfacheren Techniken der Unheilskunst. Ich glaube, ich habe Ihnen genug davon erläutert. Nutzen Sie das Wissen als Bewertungshintergrund für die derzeitige Situation.«
»Ausgezeichnet«, sagte Lord Faide. »Fahren Sie fort!«
»Die
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