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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Er sah zu Ali hinüber, die fröhlich Kohl und Karotten für den Salat zurechtschnitt. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, hierherzukommen. Wenn ihr etwas zustieß ... Verdammt, daran darfst du nicht mal denken, schalt er sich selbst.

KAPITEL ZEHN
    Gegen achtzehn Uhr am Montagabend kam Howie zu der Schlußfolgerung, daß Earl ihn fallengelassen hatte. Dabei empfand er eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Bedauern. Einerseits lief hier ein Wahnsinnsding, bei dem Earl unbedingt die große Kohle machen wollte. Howie hatte noch nicht entschieden, was er mit dem Anteil, den ihm Earl versprochen hatte, anfangen wollte. Er sah nur, daß er zum ersten Mal in seinem Leben genug Geld haben würde, um zur Abwechslung einmal das zu tun, was er wollte. Endlich würden die Leute darauf hören, was er sagte - und die Weiber würden ihm unbedingt zwischen die Beine kriegen wollen.
    Die einzige Sache, die all dies ausglich, war die Tatsache, daß er nicht mehr mit Earl Zusammensein mußte. Earl mit seinen verrückten Augen. Earl, der einen aus der Welt pustete, ohne mit der Wimper zu zucken, wenn man nur ein falsches Wort sagte. Howie hatte nichts gegen Earl, doch fürchtete er sich ziemlich vor ihm. Ihre Freundschaft war mit einer Raubtiernummer im Zirkus zu vergleichen - nur daß hier der Löwe das Sagen hatte; und wenn er durch einen Reifen sprang, dann nur, weil er es wollte.
    Howie rutschte voller Unbehagen in seinem Liegestuhl herum. Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Wie lange würden sich Lisa und Sherry um ihn kümmern, ehe ihnen aufging, daß Earl anscheinend nicht mehr zurückkam, um ihn abzuholen? Als ob seine Gedanken sie herbeigelockt hätten, flog hinter ihm die Fliegentür auf, und die beiden Frauen kamen zu ihm auf die Veranda heraus. Lisa hielt einen glimmenden Joint zwischen den Fingern.
    »Willst du ’nen Zug?« Sie hielt ihm den Joint hin.
    »Klar doch. Danke.«
    »Wir müssen was essen«, verkündete Sherry. »Was hältst von ’ner Pizza?«
    Howies Traum, beide Frauen könnten sich um seinen Schwanz kümmern, war leider nicht Wirklichkeit geworden, doch sah Sherry ihn immer so seltsam an - als sei sie an ihm interessiert. Was Howie völlig unverständlich war. Frauen hatten ihn bisher nur gewollt, wenn sie einen Vorteil für sich darin sahen. Aber mit Sicherheit würde er sich nicht beschweren, wenn hier was in Gang kam. Er hoffte, Lisa würde sich rar machen.
    »Pizza?« erwiderte er. »Klingt gut.«
    »Und was willst du drauf?« fragte Sherry.
    »Ich will ’ne Pizza mit allem Drum und Dran.«
    Sherry kicherte. »So, so, du willst also nur das eine.«
    »Nein, nein, ich meinte ...«
    Howie brachte den Satz nicht zu Ende, denn beide Frauen platzten plötzlich vor Lachen. Sie hatten den ganzen Nachmittag geraucht und schwebten über allen Wolken. Howie hatte vielleicht einen Joint konsumiert, wenn sie drei geraucht hatten - genug, um leicht abzuheben und den Schmerz in der Schulter zu dämpfen, aber zu wenig, um high zu sein, wenn Earl doch noch wider Erwarten auftauchen sollte. Er grinste die beiden Frauen an und nahm einen langen Zug, wobei er den Marihuanarauch tief in die Lungen inhalierte. Pfeif auf Earl. Er hatte jetzt lange genug auf ihn gewartet.
    »Okay«, meinte Sherry, als sie wieder zu Atem kam. »Für dich mit allem Drum und Dran, Howie.« Wieder begann sie zu kichern, beherrschte sich aber.
    »Ich hab’s!« rief Lisa. »Wir holen eine große - auf der einen Hälfte Pilze und grüner Pfeffer, die andere mit allem Drum und Dran. Und dazu noch ’ne kleine mit Schinken und Ananas.« Sie nahm Howie den Joint weg. »Wie steht’s mit ’ner kleinen Spritztour?«
    Howie sah zu Sherry hinüber. Sie schenkte ihm einen Blick, daß ihm die Knie weich wurden. Er schüttelte den Kopf.
    »Schön. In ’ner halben Stunde bin ich zurück. Macht mir keine Dummheiten, Kinder.«
    Kaum war Lisa verschwunden, kniete Sherry sich neben dem Liegestuhl hin. »Du bist schon ’n merkwürdiger Kerl, Howie.«
    Howie räusperte sich. »Und wieso?«
    »Hmm, du bist so still, aber angenehm ruhig - nicht irgendwie unheimlich. Was macht die Schulter?«
    »Ist okay. Wird sogar langsam besser, wenn ich drüber nachdenke.«
    Sie beugte sich vor und stützte ihren Arm neben seinem Bein auf die Liege. »Weißt du, was für dich wirklich heilsam wäre?« Sie streckte die Hand aus und ließ ihre Finger an seinem Schenkel entlanggleiten. Selbst durch die Jeans spürte er jeden einzelnen Fingernagel.

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