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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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mit mir nicht. Sollen sie doch diesen Dreck endlich da verkaufen, wo er hingehört: an den Kirchtüren, zwischen ihren
     klerikalen Knallblättchen und ihrem heuchlerischen Keuschheitsgefummel. Nein, bei mir nicht. Ob Nannen oder Kindler, Pannen
     oder Schindler – gut, sollen sie mich weiter boykottieren und mich weiterhin verdächtigen, ich übe weiter meine Zensur aus.
     Deren bürgerliche Unterwerfungsscheiße verkauf ich ums Verrecken nicht.« Es sollte vielleicht ergänzend gesagt werden, daß
     diese Auskunftsperson Kettenraucher ist, mit dem Teint und den Augen eines Leberkranken, dichtem weißgrauem Haar, |384| Brille mit hoher Dioptrie, zittrigen Händen, in seinem Gesicht ein so konzentrierter Ausdruck von Verachtung, daß der Verf.
     sich nicht einmal mit Mühe die Illusion erlauben könnte, von dieser Verachtung ausgeschlossen zu sein. »Ich hätte ja ahnen
     können, schon als sie Ilse Kremers Werner aus dem Lager in Frankreich rausholten, die Vichy-Faschisten, und ihn den Nazis
     übergaben, wie ich später erfuhr. Das kann ja kein Mensch ermessen, wie uns zumute war während der eineinhalb Jahre, die der
     Stalin-Hitler-Pakt galt! Nun, sie haben den Werner erschossen, uns haben sie einflüstern lassen, er wäre ein faschistischer
     Verräter, und um faschistische Verräter loszuwerden, könne man sich getrost der Faschisten bedienen. Solchen Stöz habe ich
     noch bis 68 geglaubt. ›Merzt die Faschisten in euren Reihen aus, indem ihr sie den Faschisten als Spitzel denunziert.‹ Na,
     da bleiben die Hände des diktierenden Proletariats wenigstens davon rein. Schön. Nicht mehr mit mir. Nein. 45 hätte ich auf
     die Ilse hören sollen. Ich habs nicht getan, hab dreiundzwanzig Jahre legal und illegal weitergearbeitet, mich denunzieren,
     verhaften, bespitzeln und auslachen lassen. Jetzt, wenn ich den Laden hier zumache, gehe ich nach Italien, wos vielleicht
     noch ein paar Menschen gibt und ein paar, die nicht so arschkriecherisch sind wie wir. Ach, das mit dem Pfeiffer- oder Gruyten-Mädel,
     das war sogar mir damals peinlich, wo ich noch so dogmatisch war wie siebzehn Kardinäle zusammen. Wir hatten eben erfahren,
     daß sie unter lebensgefährlichen Umständen mit einem Soldaten der Roten Armee eine Liebschaft gehabt, daß sie ihm Lebensmittel,
     Landkarten, Zeitungen, Lageberichte zugespielt hatte, sogar ein Kind mit einem russischen Vornamen hatte sie von ihm. Wir
     wollten sie zu einer Widerstandskämpferin umkrempeln, und wissen Sie, was dieser Soldat der Roten Armee ihr beigebracht hatte?
     Das Beten! Es war doch Irrsinn! Nun, sie war attraktiv, ein bildhübsches Luder, |385| und das machte sich gut auf unseren kümmerlichen Veranstaltungen, wo wir doch gegen den Wahnsinn anzukämpfen hatten, der in
     Ostpreußen und so angerichtet worden war durch eine angeblich sozialistische Armee. Hätte ich nur auf die Ilse gehört, die
     mir gesagt hat: ›Fritz, gesteh dir doch ein, daß es so nicht mehr geht, so nicht. Das ist doch nicht das, was wir 28 gewollt
     haben, wo man Teddy Thälmann vielleicht aus taktischen Gründen noch unterstützen mußte. Gesteh dir doch endlich ein, daß Hindenburg
     gesiegt hat, auch 45. Und laßt doch das nette Mädel in Ruhe, ihr bringt sie nur in Schwierigkeiten, ohne daß ihr euch nützt.‹
     Ja, aber die war doch nun mal eine Arbeiterin, eine richtige Arbeiterin, wenn auch aus verkommenem Bürgertum, und, nun ja,
     wir haben es ein paarmal hingekriegt, daß sie die rote Fahne in die Hand nahm und mit uns durch die Stadt zog, obwohl wir
     sie fast besoffen machen mußten, weil sie krankhaft schüchtern war, und ein paarmal hat sie dann auch sehr dekorativ auf der
     Tribüne gesessen, wenn ich sprach. Es ist mir heute noch peinlich, wenn ich dran denke.« (War das deutlich sichtbare Dunklerwerden
     der ohnehin dunklen Haut von Fritz eine Art Erröten? Man wird ja noch fragen dürfen. Übrigens ist der Name Fritz fiktiv; der
     wahre Vorname von »Fritz« ist dem Verf. bekannt.) »Sie war nun mal so herrlich proletarisch – vollkommen unfähig, das bürgerliche
     Profitdenken zu übernehmen oder gar zu praktizieren –, aber die Ilse hat recht behalten: wir haben ihr geschadet und uns nicht
     genützt, denn die ein-, zweimal, wo sie Reportern wirklich geantwortet hat, wenn man sie nach ihrem Boris fragte und nach
     dem, was sie ›im Untergrund‹ von ihm gelernt habe, antwortete sie: ›Beten‹. Das war das einzige Wort, das sie hervorbrachte,
     und das war

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