Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)
er hätte bestimmt nichts dagegen gehabt. Da fällt mir übrigens ein: den Mann von dieser Margret hat
ja nie einer von uns zu Gesicht bekommen.«
Da die Aussagen der Lotte Hoyser nicht ganz kongruent mit denen Margrets waren, mußte diese noch einmal vernommen werden.
Stimmte es, daß sie mit der von Lotte genannten Gruppe tanzen, einige Male in ihrer Wohnung gewesen war; hatte sie möglicherweise
mit Heinrich schon intimere Beziehung lange vor jenem Vorfall, der das »Flensburger Ereignis« genannt werden soll? »Das letztere«,
sagte Margret, durch einen kräftigen Schluck Whisky in eine sanfte, melancholisch gefärbte Euphorie versetzt, »kann ich klar
abstreiten, ich müßte es ja wohl |106| wissen und hätte keinen Grund, es zu leugnen. Ich hab da nämlich einen Fehler gemacht, ich habe Heinrich meinen Mann vorgestellt.
Schlömer war selten zu Haus, ich bin nie recht dahinter gekommen, ob er nun ein Rüstungsmensch war oder ein Spitzel, Geld
hatte er jedenfalls genug. Und er wollte nicht mehr von mir, als daß ich ›für ihn da‹ sei, wenn er mir ein Telegramm schickte.
Älter als ich. So Mitte dreißig damals. Er war gar nicht übel, elegant und so, Weltmann, so nennt man es – und die beiden
verstanden sich ganz gut. Und Heinrich, der war ein großartiger Liebhaber, aber nicht unbedingt ein Ehebrecher – das war er damals noch nicht; ich war immer ne Ehebrecherin, aber er noch nicht – und deshalb, weil er Scheu hatte, seitdem er
meinem Mann begegnet war, ist es wohl damals nicht dazu gekommen. Aber das andere – das kann nur Lotte Ihnen erzählt haben,
daß ich ihn öfter gesehen habe als zweimal, auch mit ihm tanzen war und hier in der Wohnung mit den anderen –, das stimmt,
aber mehr als viermal insgesamt haben wir uns bestimmt nicht gesehen.«
Über Erhard und Leni befragt, lächelte Margret und sagte: »Ich will das gar nicht so genau wissen und habs auch damals nicht
genau wissen wollen. Was gings mich an? Die Details doch bestimmt nichts, die gingen mich nichts an. Will oder wollte ich
wissen, ob sie sich geküßt haben, ob sich wenigstens ihre Hände am anderen gefreut haben, ob sie ins Bett miteinander gegangen
sind, hier, ich meine in meiner Wohnung, oder in Lottes oder in der Gruyten-Wohnung – ich fands einfach herrlich, wie die
zwei so miteinander waren, und die Gedichte, die er auf sie schrieb und ihr schickte, nun, Leni konnte es nicht für sich behalten,
und sie ging in diesen paar Monaten zum erstenmal aus ihrer Verschlossenheit heraus, danach schloß sie sich ja wieder ganz
ab. Ist es so wichtig zu wissen, ob Erhard oder dieser dumme Alois der erste war, |107| was solls? Lassen Sies doch. Sie hat ihn geliebt, zärtlich und leidenschaftlich, und wenn bis dahin nichts passiert war, beim
nächsten Urlaub wäre es passiert, das garantiere ich Ihnen, und Sie wissen ja, wie das endete, in Dänemark an einer Friedhofsmauer.
Weg. Fragen Sie doch Leni.«
Fragen Sie Leni! Das ist leicht gesagt. Sie läßt sich nicht fragen, und wenn man sie fragt, antwortet sie nicht. Der alte
Hoyser bezeichnete die Erhard-Geschichte als ne »rührende, aber rein romantische Affäre mit einem allerdings bitteren Ende.
Mehr nicht.« Rahel ist tot, und dieser B. H. T. weiß natürlich, was Erhard betrifft, von nichts. Da Lenis häufige Besuche
im Kloster nachgewiesen sind, hätte Rahel gewiß etwas gewußt. Die Pfeiffers treten erst später in ihr Leben, und ganz gewiß
hat sie denen nichts erzählt, was ihr »kostbar« war. Als »kostbar« bezeichnete M. v. D., zu der der Verf. seufzend seine Zuflucht nahm,
die Erhard-Episode.
Der Verf. mußte einige zu rasche Urteile korrigieren, die er nach ihren Äußerungen über Frau Gruyten gegen sie gefaßt hatte.
Wenn es nicht um Frau Gruyten und ihren Mann geht, erweist sich die van Doorn doch als durchaus subtiler, fast feinrastiger
Auskünfte fähig. »Ach«, sagte sie, auf ihrem ländlichen Alterssitz zwischen Astern, Geranien und Begonien aufgestöbert, den
Tauben Futter streuend, ihren Hund, einen ziemlich alten Pudel-Bastard, streichelnd, »rühren Sie doch nicht an diese Kostbarkeiten
in Lenis Leben. Das war doch wien Märchen, die zwei, einfach ein Märchen. Sie waren ja ganz offen verliebt und so vertraut
miteinander, ich hab sie doch ein paarmal da sitzen sehen, im Wohnzimmer – das ist das Zimmer, das Leni jetzt an die Portugiesen
vermietet hat –, das beste Porzellan aus dem Schrank
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