Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Finger sanft auf die Stelle. »Bist du okay?«, flüsterte er.
Ihre Augen öffneten sich und sie stöhnte.
»Ich wollte nicht ... du warst Archer ...«
Sie packte seine Schulter, diejenige, in die sie Stunden zuvor geschossen hatte. Frank zuckte zusammen, schluckte aber seinen Schmerzensschrei hinunter.
Sie bewegte ihren Kiefer zweimal seitwärts, dann sagte sie: »Er funktioniert noch.«
Also hatte er den Schlag vielleicht doch ausreichend zurückgehalten.
»Du warst Archer«, wiederholte Frank dämlich.
»Toll, danke für das Kompliment«, sagte sie. »Hab ich dir in der letzten Zeit schon gesagt, dass du völlig duchgeknallt bist?«
»Nicht in den letzten fünf Minuten oder so.« Frank blickte nach oben in die Äste des Hartriegels, um sicherzugehen, dass sich dort oben nichts Scharfes und Schwarzes bewegte.
Wo war Archer? Und wie würde Frank etwas töten, das man nicht töten konnte, wenn er nicht einmal seinen Augen trauen konnte?
Sheila setzte sich auf und rieb sich den Kiefer. »Tippe, das war die Revanche«, sagte sie und zeigte auf das Blut, das durch den Verband an Franks Schulter sickerte.
»Ja«, sagte er, nach dem Gewehr greifend. »Jetzt sind wir quitt, aber jemand anderes muss noch seine Schulden begleichen.«
Er stand auf und ging Richtung Kirche. Die meisten Gemeindemitglieder waren gegangen und die Kirche war still – abgesehen von Linda Days Geschrei. Frank stand vor der Tür und starrte den Glockenstuhl an, dann in das Innere der Kirche.
Vor 23 Jahren, bei Samuels Begräbnis, hatte Frank das Gebäude mit nur einem einzigen tröstlichen Gedanken betreten: dass Gott im Jenseits für Samuel sorgen würde.
Und dieser Gedanke hatte Frank für all diese Jahre am Leben gehalten, auch wenn ihn eine kleine, quälende Stimme im hinteren Bereich seines Gehirns niemals vergessen ließ, was das Glockenmonster getan hatte. Gott hatte Frank damals beigestanden, hatte ihm geholfen, mit dem Kummer über den Verlust seiner Familie fertig zu werden, war bei ihm und mit ihm und in ihm gelegen in Tausenden von schlaflosen Nächten.
Aber nun, als Frank die Kirche betrat, wusste er von der Art von Tricks, die es Gott zu gebrauchen gefiel. Und dass Gottes Nähe nur eine weitere Illusion war.
Diesmal war Frank allein.
Mama Bet krabbelte auf Händen und Knien über den Boden zum Altar. Der Unrat, bei dem es sich einmal um Donna Greggs innere Organe gehandelt hatte, war von Mama Bets Sonntagskleid aufgesaugt worden und ummantelte ihre Haut. Das klebrige Blut auf ihrem Gesicht kümmerte sie ebenso wenig wie der widerliche, kupferartige Geschmack, der sich in ihrem Mund festgesetzt hatte. Es war schließlich eine Gabe. Ein Opfer.
Nichts ist so herrlich wie das Fleisch einer der alten Familien.
Die anderen waren geflohen, diejenigen, die keinen echten Glauben hatten und vor dem Glanz der Macht Archers zurückschreckten. Sie jedoch nicht. Nein, sie würde ihm bis zum Ende folgen. Und die anderen zögerten nur hinaus, was kommen würde, was von Gott bestimmt war. Die einzige Sache, die dieser himmlische Sohn einer Schlange jemals richtig gemacht hatte, war, der Welt Archer zu geben.
Ihr Archer zu geben.
Sie leckte sich die Lippen und richtete sich auf, um das missgestaltete Kreuz anzubeten. Das Holz sog das sterbende Licht der Kerzen auf und stand so trotzig wie ein wahrer Gläubiger auf dem Spielplatz des Teufels. Der Jesus-Dämon war an so ein Kreuz genagelt worden und die Menschen hatten versucht, sich gegenseitig darin zu übertreffen, sich ihm anzuschließen. Aber wenn der echte, der wahre Messias unter sie trat, dann liefen sie davon wie aufgeschreckte Hühner.
Außer Linda Day.
Die Frau hämmerte gegen die Tür der Sakristei, als ob es kein Morgen gäbe, und schrie immer wieder Ronnies Namen. Mama Bet kicherte in sich hinein.
Vermutlich hat man den Glauben entweder ganz oder gar nicht. Linda geht in die Vollen für Archer und gibt ihre Jungs ohne jegliches Zögern auf, nur damit ihr Archer den Kopf tätschelt und ihr sein Fernsehlächeln schenkt. Und die Leute denken, dass ICH verrückt bin.
Sie wischte sich ein Fetzchen Fleisch vom Kinn und stand auf wackeligen Beinen.
Ich werde zu alt für solche Narrheiten. Wird Zeit, dass ich von Archer diesen ewigen Frieden verlange, den er immer verspricht. Solange Gott am anderen Ende des Himmels bleibt, stört mich das nicht. Ich denke, ich habe mir ein wenig Erholung verdient.
Aber zuerst mussten sie noch diese eine Sache zu Ende bringen. Die
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