Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
bekam dann jedoch das Board und als Dankeschön ein »Echt krass, Mann«.
Daraufhin bog Colt nach rechts, in die Straße, in der Emmanuel verschwunden war, suchte mit den Augen die Fußgängertrauben ab und entdeckte ihn einen Block weiter. Immer noch im Laufschritt, die Bankakten weiter unter einen Arm geklemmt.
Colt fuhr zurück und erreichte innerhalb der vereinbarten drei Minuten das Rags-to-Riches-Geschäft, als Vivi mit einer Tüte in der Hand herausgeschossen kam und auf den Rücksitz hechtete.
»Haben wir ihn noch?«
»Gleich da vorne. Und das Board hat mich vierhundert gekostet.«
»Halsabschneider«, fauchte sie. »Dafür könnte er zwei Boards kriegen, mit Titanrollen.«
»Hat er mich deswegen ›krass‹ genannt?«
Vivi kicherte nur und zerrte die Klamotten hervor. »Ich hab mir die erstbesten Kleidungsstücke geschnappt, die ich in die Finger bekommen habe, aber ich glaube, Cara würde lieber sterben, als die anzuziehen. Außerdem habe ich rausgefunden, dass die nächste Fähre von Martha’s Vineyard in zwanzig Minuten anlegt. Und drei Autogramme gegeben – ha! Die haben mich echt für Cara gehalten.«
»Und du glaubst, so kommst du an Emmanuel vorbei?«
»Ich will gar nicht an ihm vorbei, sondern ganz dicht an ihn ran.« Sie zog sich das gelbe Teil über den Kopf und grinste ihn im Rückspiegel an, unbekleidet bis auf einen winzigen schwarzen BH und ein passendes Höschen. »Hör auf zu starren, Lang, und folge der Zielperson.«
»Ich kann beides gleichzeitig«, meinte er. »Hast du auch eine Mütze?«
»Viel besser.« Sie schlüpfte in einen kurzen Jeansrock und zog sich dann ein enges schwarzes T-Shirt über den Kopf. »Aber ich werde das wohl barfuß machen müssen, ich hatte nämlich keine Zeit, mir Schuhe zu besorgen.«
Emmanuel war jetzt drei Blocks vor ihnen, zwar noch in Sichtweite, aber er entfernte sich zusehends. Dann blieb er vor einem Café mit Tischen auf dem Gehsteig stehen und nahm einen Anruf entgegen. »Was ist denn besser als eine Mütze?«
»Die hier habe ich im Tausch gegen ein Autogramm für die Nichte des Ladenbesitzers, Becky, bekommen.« Sie beförderte eine Schere mit orangefarbenem Griff zutage.
»Ist das dein Ernst?«
»Keine Widerrede – sonst werde ich noch wegen Fälschung und betrügerischer Absicht verhaftet.«
»Du willst die abschneiden?«
Sie hielt ein Bündel Haare zur Seite und setzte dicht am Kopf die Schere an. »Zum Teufel, ja. Wenn er diese Haare sieht, bin ich im Arsch. Außerdem kommt meine Mandantin nach Hause, und, glaub mir, ich habe nicht vor, eine Million Dollar dafür zu kassieren, dass ich mich umbringen lasse bei dem Versuch, sie mit einem Menschenhandelsring in Verbindung zu bringen.«
»Tu das nicht«, sagte er leise und drehte sich wie zur Bekräftigung seiner Worte zu ihr um.
»Die Haare abschneiden? Ich wusste gar nicht, dass dir so viel an der falschen langen Mähne liegt …«
»Dich umbringen lassen.« Er bedachte sie mit einem scharfen Blick, der an Härte und Eindringlichkeit schwerlich zu überbieten war. Damit unterstrich er für gewöhnlich seine Befehle, und wer je für ihn gearbeitet hatte, hielt sich daran.
Jeder, außer Vivi. Sie grinste bloß und schnippelte, und die erste schwarze Haarsträhne flatterte zu Boden. »Vorsicht, Playboy. Du fängst an, mich zu mögen.«
Über Anfangen war er weit hinaus. Verdammt, über Mögen ebenfalls. »Komm ihm einfach nicht zu nah.«
»Wie soll ich denn sonst hören, was er sagt?« Schnipp, schnipp, schnipp, wie beim Friseur, und überall regnete es Haare.
»Beobachte einfach nur, Vivi. Versuch nicht, mit dem Typen zu reden. Beobachte ihn einfach.«
Sie verdrehte die Augen und strich mit der Hand über ein paar wild aussehende Stacheln, die eher abgekaut als abgeschnitten wirkten.
»Brauchst du vielleicht Hilfe dabei?«
»So schlimm, hm?« Sie lachte. »Ich hab kein Problem damit. Fahr.«
Der Verkehr rückte einen weiteren Meter vor, dann kam er wieder zum Erliegen, als Fußgänger die Straße überquerten. Draußen vor dem Café, drei Blocks weiter, zog Emmanuel einen Stuhl zurück, immer noch am Telefon. Als Colts Blick erneut in den Rückspiegel wanderte, sah Vivi wie verwandelt aus. Abgesäbeltes Haar, Skaterklamotten, Feuer in den Augen.
»Du bist wieder du«, sagte er und kam nicht gegen ein Lächeln an. Himmel, er verehrte sie.
»Ich sag’s dir, Lang, sieh mich nicht so an. In L . A. gibt es sechstausend bessere Versionen hiervon, die alle darauf brennen,
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