Guardians of Secret Powers - Das Siegel des Teufels
meine!«
»Du hast ja recht.« Lotti lächelte gequält. »Tut mir leid, wenn ich dich gekränkt haben sollte.« Sie breitete die Arme aus und lächelte mich versöhnlich an. »Alles wieder okay?«
»Ja, klar.« Ich umarmte Lotti und rubbelte ihr mit beiden Händen den Rücken, während sie das Gleiche tat. »Du bist doch meine Beste!«
Lotti löste sich von mir und grinste mich breit an. »Dann gehen wir jetzt endlich Eis essen, verstanden?«
Wie konnte ich da noch widersprechen?
Angeblich gab es in einem Laden in unmittelbarer Nähe das beste Eis von ganz Friedrichshain â zumindest behauptete Lotti das â, und so marschierten wir in Richtung Warschauer StraÃe. Wir hatten das östliche Ende der Brücke schon fast erreicht, als ein Hüne und ein Kleinwüchsiger, der neben ihm herhechelte, die zum Uferweg hinunterführende Treppe hochschossen. Ich erkannte sie sofort: Es waren der Tätowierte und der rothaarige Asiate, die mich neulich Nacht nach dem Kino verfolgt hatten, um mich zu töten! Schon im nächsten Moment offenbarten sie ihr wahres Wesen und verwandelten sich in einen monströsen Blutgierer und ein zweiköpfiges Fischmonster. Offensichtlich wussten sie, dass Lotti ein Norpel war und ihre Monsternatur deshalb nicht erkennen konnte.
Obwohl die Ungeheuer noch ein ganzes Stück von uns entfernt waren, konnte ich das fiese Grinsen auf ihren Fratzen und das mordlüsterne Funkeln ihrer Augen ganz deutlich sehen. Auch die Worte, die mir der Blutgierer gegen den Wind zuflüsterte, klangen kristallklar in meine Ohren: »Du freust dich ja gar nicht, uns wiederzusehen? Hast du vielleicht geglaubt, dass wir uns so leicht geschlagen geben?«
Hilfe suchend blickte ich mich um â und erkannte zu meinem Entsetzen, dass auf unserer Seite der Brücke kaum Passanten unterwegs waren. Kein Wunder: Die Sonne brannte vom Himmel wie ein überdimensionaler Heizstrahler, sodass die FuÃgänger lieber die schattige, einem mittelalterlichen Kreuzgang ähnelnde überdachte Passage auf der anderen Brückenseite benutzten. Und da es in Berlin um die Zivilcourage ohnehin nicht allzu gut bestellt war, konnten wir wohl kaum auf fremde Hilfe hoffen. Uns blieb nur ein einziger Ausweg: die sofortige Flucht!
»Lauf schnell!«, schrie ich Lotti zu. »Zur anderen Seite!«
Lotti reagierte nicht sofort, sondern starrte mich nur entgeistert an. Kurz entschlossen packte ich sie an der Hand und riss sie mit mir fort. Während wir wie von Sinnen in Richtung Kreuzberg davonstürmten, dröhnten die hastigen Tritte unserer Verfolger in meinen Ohren.
Endlich hatte Lotti den Ernst der Lage erfasst, denn sie schrie mir mit entsetzter Miene entgegen: »Verdammt noch mal, Nele â was wollen die Typen von uns?«
»Bin ich Google?«, keuchte ich zurück. »Aber mit Sicherheit nichts Gutes!«
Obwohl wir alle Kräfte mobilisierten, konnten wir die Fantoms nicht abschütteln. Zum Glück jedoch kamen sie auch nicht näher, was mich mit neuer Hoffnung erfüllte. Wenn wir das Kreuzberger Ufer erreichten, bevor sie uns schnappten, waren wir bestimmt in Sicherheit. Ich konnte nämlich schon von Weitem erkennen, dass dort eine ganze Menge Leute unterwegs waren â und die Finsterlinge würden es bestimmt nicht wagen, uns vor so vielen Augenzeugen anzugreifen.
Oder doch?
Wir hatten das andere Ufer schon fast erreicht, als mir ein mächtiger Schreck in die Glieder fuhr: Von dort näherten sich uns nämlich ebenfalls zwei Fantome der Finsternis, die sich keinerlei Mühe gaben, ihr wahres Wesen vor mir zu verbergen. Es waren ein Ghul und ein Hexenweib, die Lotti und mir mordlüstern entgegengrinsten.
Ich blieb abrupt stehen und blickte mich wie ein in die Enge getriebenes Reh nach allen Seiten um. Doch fast noch im gleichen Augenblick wurde mir klar, dass uns niemand zu Hilfe eilen würde. Denn die Passanten auf der anderen Brückenseite konnten die Monster genauso wenig erkennen wie Lotti und nahmen zudem keinerlei Notiz von uns. Und die Autofahrer, die ihre stinkenden Blechkarossen mit verkniffenen Mienen über die Brücke steuerten, schon gar nicht.
Auch unsere Verfolger hatten das offensichtlich längst erkannt. Sie verlangsamten ihre Schritte, kamen aber dennoch, die Fratzen zu schadenfrohem Grinsen verzogen, unaufhaltsam näher.
»Verdammt noch mal, Nele!«, raunte Lotti mir
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