Gucci, Glamour Und Champagner
Zeiten.«
»Du hast ihn nicht gesehen?«, fragte sie und gab sich gleich weniger draufgängerisch. »Du hast ihn nicht gesprochen?«
»Ich rede nicht mit dir.« Dabei verschränkte ich meine Arme vor der Brust, um sie daran zu hindern, etwas zu tun, was ich später bereuen könnte. Eine Ohrfeige pro Reise war mein Limit. »Also, was auch immer du unbedingt loswerden möchtest, verpiss dich, bis ich von ihm was gehört habe.«
»Aber er hat gesagt, er müsse mit dir sprechen«, erwiderte Solène verunsichert. »Gestern Abend. Er hat gesagt, wir würden miteinander reden, wenn er mit dir gesprochen hat.«
»Nun, das ist doch sehr galant von ihm, oder? Er schleppt sich extra nach London, damit er mit mir Schluss machen kann, bevor ihr eure Liebesbeziehung fortsetzt?« Das war doch nicht zu fassen. Hatten sie die Nacht zusammen verbracht? Und war das der Grund, weshalb er mit mir reden musste? Natürlich musste er mit mir reden. Er konnte schließlich nicht mit Solène zusammen sein, bevor er nicht mit mir Schluss gemacht hatte, auf diese Weise konnte er sich einreden, mich nicht betrogen zu haben. Ich war ja so dumm. Positives Denken – für’n Arsch. Wahnhaft wäre ein besseres Wort dafür.
»London?« Sie wirkte verwirrt. »Er ist in London?«
»Ich kann mir das alles selbst nicht erklären, also werde ich auch keinen Versuch unternehmen, es dir zu erklären«, blaffte ich und wollte nur weg von ihr. »Bitte geh einfach. Du hast doch bekommen, was du wolltest, oder?«
»Ja.« Sie zuckte die Achseln, und ihre selbstsichere Arroganz kehrte auf ihr Gesicht zurück. »Wo ist er? Alex würde niemals einen Gig verpassen.«
»Offenbar schon.« Ich gestikulierte mit meinen Armen, und die ersten Tränen brannten in meinen trockenen Augen. »Kannst du ihn hier irgendwo sehen?«
»Das ist dein Fehler.« Solènes Augen wurden schmal, und sie berührte mich an der Schulter. »Alex hat noch nie eine Show verpasst, für niemanden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er deinetwegen seine Karriere aufs Spiel setzt.«
Ich ging kurz in mich. Warum war sie so sauer, wenn sie doch wieder zusammen waren? »Was, er hat deinetwegen noch nie eine Show verpasst?«, fragte ich.
Sie wurde starr, ihr Mund gefror zu einem schmalen Strich. »Er würde alles für mich tun.«
»Nur dass er mir nach London hinterhergejagt ist.« Ich legte meinen Kopf schief und zog eine Schnute. »Eine ziemlich verrückte Aktion, wenn man sich von jemandem trennen möchte, findest du nicht?«
»Nein.« Aber das klang keineswegs so, als wäre sie davon überzeugt. »Er hat gesagt, er könne sich nicht mit mir treffen, bevor er mit dir gesprochen hat.«
Ich holte tief Luft. Dann hatten sie die Nacht also nicht zusammen verbracht. »Das hast du schon mal gesagt. Dann hast du dich also nicht mal mit ihm getroffen?«
»Ich bin mir sicher, wenn er erst mal mit dir gesprochen hat …«
»O mein Gott!« Ich schob ein paar lose Haare hinter meine Ohren und machte einen Schritt auf sie zu. »Das war alles noch in der Bar, oder? Du hast ihn nach dem gestrigen Gig gar nicht mehr gesehen.«
»Er hat gesagt …«
»Hör auf mir zu sagen, was er gesagt hat, und sag mir die Wahrheit.«
Ich machte einen weiteren Schritt, während sie nach hinten stolperte. High Heels und Bühnenkabel passten nicht zusammen. »Hast du nun die Nacht mit meinem Freund verbracht oder nicht?«
»Vielleicht nicht die letzte Nacht, aber …«
»Verpiss dich, Solène«, sagte ich so giftig, wie mir das bei all der Erleichterung, die ich verspürte, möglich war. »Du bist so armselig.«
Mit einem Tränenausbruch hatte ich nicht gerechnet, sondern eher damit, dass sie besiegt dorthin zurückschlich, woher sie gekommen war, aber das Letzte, womit ich gerechnet hatte, war der entsetzliche Kampfschrei, mit dem sie sich auf mich stürzte, mich an den Haaren zog und sich nun wirklich wie eine Psychopathin aufführte. Ich versuchte sie abzuwehren und fühlte mich dabei an meinen letzten ausgewachsenen Mädchenkampf mit Janet Martin erinnert, den ich in Klasse neun auf dem Sportplatz der Schule austrug. Nur dass diesmal keine Louisa da war, die ihr einen Tritt in die Schienbeine verpasste, während ich davonrannte.
»Was zum …«, keuchte ich und versuchte sie wegzustoßen. Aber im Vergleich zu ihr war ich eine Amateurin. Mochte mir auch ein unerwarteter Schlag ins Gesicht von Virginie gelungen sein – Solène war ein anderes Kaliber und offensichtlich kampferfahren. Der Haarreif war eine
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