Gucci, Glamour Und Champagner
hielt einen ganz kurzen Moment inne und nahm mich erneut in Augenschein.
»Dieses Kleid, ich kann es keinem Designer zuordnen. Woher ist das?«, fragte sie.
»Ich habe es vom Beacon’s Closet, es ist secondhand«, sagte ich ein klein wenig stolz. Secondhand war doch cool, oder?
»Genau.« Seufzend lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück und streckte sich, bis ihr winziges, bauchfreies Alexander-Wang-T-Shirt ein paar Zentimeter ihres festen, durchtrainierten Bauches freigab. Dass es von Alexander Wang war, wusste ich, weil sie sich alle Mühe gab, es mir gleich nach meinem Eintritt unter die Nase zu reiben. »Natürlich ist es secondhand. Und Ihr Freund spielt in einer Band?«
»Alex? Ja?« Ich war verwirrt. Was nicht schwer war, wie ich der Gerechtigkeit halber zugeben muss. Ich wollte jedoch nicht, dass sie daran Gefallen fand. »Aber ich verstehe nicht recht, was das mit dem Reisebericht zu tun hat?«
»Das hat alles damit zu tun, Angela«, sagte Donna und näherte sich mir über den Schreibtisch hinweg. »Ich werde mir Mühe geben, so freundlich wie möglich zu sein, wenn ich Ihnen das erkläre, aber wie man es auch dreht und wendet, es schönzureden bringt uns nicht weiter. Sie sind wirklich nicht die Person, die ich als Autorin für Belle haben möchte.«
»Im Ernst?«
Das war jetzt nur noch peinlich. Wie sehr wollte ich das eigentlich? O ja, wirklich sehr.
»Im Ernst.« Donna nickte, weil ihr mein Sarkasmus entging. »Aber Mr. Spencer ist ganz versessen darauf, dass wir Sie für irgendwas einsetzen. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist nicht so, dass Menschen, die Secondhand-Mode tragen, keinen Platz bei Belle finden, es ist nur … für gewöhnlich würden sie nicht für mich schreiben. Ein Mädchen aus der Kunstredaktion trug einmal dieses umwerfende Diane-von-Fürstenberg-Original. Auf einer Verkleidungsparty. Das ist übrigens eine schöne Tasche.«
»Danke, war ein Geschenk.« Instinktiv streichelte ich liebevoll das weiche blaue Leder und vergaß für einen Moment die Flutwelle der Beleidigungen, die auf mich zu rauschte.
»Was auch sonst.« Donna schien fast erleichtert zu sein. Als wäre die Vorstellung, ich könnte mir selbst eine Marc-Jacobs Tasche kaufen, das Ende der Welt. »Im Grunde genommen sehe ich nur eine Möglichkeit, wie das funktionieren könnte. Wir müssen den Auftrag splitten. Ich werde jemand anderen für den High-End-Aspekt von Paris dransetzen, ein Feature über die Haute Couture, die salons , die Fünf-Sterne-Hotels, und Sie, das spleenige ›Vintage‹-Mädchen mit dem Freund in einer Band, können dann die andere Seite liefern. Die, oh, ich weiß auch nicht, coole und hippe Seite von Paris?«
»Ach Gott, ich bin gar nicht cool«, erwiderte ich viel zu schnell. »Ich habe keine Tattoos. Ich lebe nicht mal in Brooklyn. Ich bin nur sehr, sehr britisch.«
»Oh. Also, das könnte ein Problem werden.« Donna lehnte sich wieder zurück. »Denn entweder Sie liefern mir die besten Flohmärkte, Secondhand-Läden, Nachtcafés und Tanzklubs von Paris, oder Sie liefern mir gar nichts.«
Aua.
Nachdem ich Donnas Anweisungen, wie genau sie sich meine Arbeit vorstellte – spleenig, aber nicht zu spleenig, trendig, aber nicht zu trendig, underground, aber nicht zu schmutzig, einfach sehr, sehr Belle – noch eine weitere Stunde über mich hatte ergehen lassen, wurde ich schließlich um keinen Deut klüger, aber um einiges angeschlagener aus dem Büro entlassen. Komplimente habe ich zwar keine bekommen, dafür aber den Job. Das war doch wohl gut?
Es gab nur eine Person, mit der ich darüber sprechen konnte. Und diese Person ging nie ihre entgangenen Anrufe durch.
»Jetzt geh schon dran, Jenny«, sagte ich leise, während ich mich in den Schatten des nächsten Wolkenkratzers flüchtete und diesem bis zur 42nd Street folgte.
»Angiebaby, es ist erst halb acht«, kam es knisternd aus L. A. »Geht’s mit dir zu Ende?«
»Nein, hör zu, ich hatte gerade dieses Meeting bei Belle …«, begann ich.
»Du lebst noch, ich bin erst vor zwei Stunden heimgekommen, ich rufe dich später an«, fiel Jenny mir ins Wort.
»Nein! Jenny hör zu, ich habe ganz umwerfende Neuigkeiten. Hast du gehört, was ich gesagt habe? Ich habe einen Job, ich schreibe für das Belle -Magazin.« Ich hoffte, dass die Nennung einer ihrer Stilbibeln sie fünf Minuten länger in der Leitung verweilen ließ. » Belle . Deine Lieblingszeitschrift. B-E-L-L-E .«
»Nichts für ungut, Angie«, Jenny gähnte sich wach,
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