Scherz.«
»Und wenn du ein anderes Angebot abgelehnt hättest, weil sie dir einen Job in Aussicht gestellt haben? Was, wenn wir schon den Umzug geplant hätten, da wir davon ausgegangen sind, dass sie dich einstellen? Das können die doch nicht machen.«
»Jen, es ist vorbei. Ich will nicht mehr darüber reden. Lass mich einfach in Ruhe, ich will schlafen.«
»Diese miesen hinterhältigen Stinktiere. Ich will Rache.«
»Jen, lass es gut sein. Es ist vorbei. Es ist egal.« Und damit zieht er sich die Decke über die Ohren und dreht sich zur Wand. Ich will ihn umarmen, aber er rückt von mir ab.
Also gehe ich allein nach unten und schmiede finstere Rachepläne. Nachdem ich praktisch einen Trampelpfad in die Bodendielen gelaufen habe, wird mir klar, dass ich nichts tun kann, um die Rechnung mit diesen Fieslingen zu begleichen, was nicht hochgefährlich und illegal wäre. Woraufhin ich mich auf die Couch lege, die Brille absetze und mich richtig ordentlich ausheule.
Ich weiß nicht, wie lange ich das alles noch aushalten kann. Mein Magen fühlt sich an wie ein dicker Knoten, wenn ich nur an unsere Finanzen denke, und ich kann diese ganze Unsicherheit einfach nicht mehr ertragen. Wenn ich nur daran denke, wie ich früher gelebt habe, wird mir ganz schlecht. Warum habe ich bloß alles falsch gemacht? Warum habe ich nicht auf meinen Dad gehört, der mich gewarnt hat, die Blase würde irgendwann platzen? Warum habe ich nicht getan, was meine Mutter mir geraten hat, und jeden Monat fünfzehn Prozent meines Gehalts auf ein Sparkonto gelegt? Was hat mich eigentlich zu der irrigen Annahme verleitet, ich sei unbesiegbar? Warum bin ich nicht dem Rat meines Bruders gefolgt und habe mir in einer etwas weniger hippen Gegend eine etwas weniger teure Eigentumswohnung gekauft, statt mein Geld für eine schicke Mietwohnung zum Fenster rauszuwerfen?
Warum ist mir nie aufgefallen, dass mein Gehalt ein Riesenglücksfall war und ich gar nicht das Recht hatte, mit meinem bisschen Erfahrung so viel Kohle zu scheffeln? Früher habe ich mein Selbstwertgefühl aus dem bezogen, was ich gemacht und wie ich gelebt habe, doch jetzt, wo die Zeiten sich geändert haben, halte ich mich nur noch mühsam mit dem Stolz auf meine Fähigkeiten aufrecht. Aber was, wenn ich gar nicht so clever und kompetent bin, wie ich immer dachte? Was dann? Die Tränen laufen mir in Strömen über das Gesicht.
Loki kommt und quetscht sich neben mich, und Maisy legt sich zu mir auf die Couch und kaut an ihrem Knochen herum. Schniefend vergrabe ich das Gesicht in Lokis weichem Nackenfell und versinke im Selbstmitleid.
Ich kann es nicht ausstehen, mich selbst zu bemitleiden. Alles in allem bin ich eigentlich ein ziemliches Glücksschwein, und diese Mitleidsnummer ist schwächlich und verabscheuungswürdig. Also zwinge ich mich, mit der Heulerei aufzuhören, und beschließe, zur Tankstelle zu fahren und mir einen Dolly-Madison-Apfelkuchen zu holen. Es gibt eigentlich nichts auf der Welt, was zuckersüße Äpfel und eine glasierte Kuchenkruste nicht wieder hinbiegen können. Schnell greife ich nach meiner Brille, die aber nicht mehr da liegt, wo ich sie eben hingetan habe. Auf Händen und Knien rutsche ich über den Boden und suche sie, spähe unter die Couch, schaue überall nach, aber sie ist verschwunden.
Und dann sehe ich, dass Maisy nicht auf einem ihrer Kauknochen herumknabbert. Nein, sie lässt sich gerade meine 600 Dollar teure, handgefertigte italienische Schildpattbrille schmecken, die ich heiß und innig liebe, weil ich damit genauso aussehe wie die Moderatorin Ashley Banfield von MSNBC.
Und in dem Augenblick brechen alle Dämme.
An: Sandy Case
Von:
[email protected]Datum: 26. März 2003
Betreff: Leiter Abteilung Kundenbetreuung
Hallo Sandy,
gerade habe ich auf Monster.com gesehen, dass die Stelle, auf die ich mich bei Ihnen beworben hatte, wieder neu ausgeschrieben wurde, und dazu ein weiterer Job bei Birchton & Co. Was mich zu der Frage veranlasst, ob Birchton die Suche ausweiten möchte, um den bestmöglichen Kandidaten zu finden – was ja in der derzeitigen Situation sinnvoll wäre, in Anbetracht all der vielen freien Talente auf dem Markt. Sollte das der Fall sein, würden Sie mir bitte mitteilen, ob ich auch weiterhin im Rennen bin? Es hat sich für mich kurzfristig noch eine andere Gelegenheit ergeben, 153 die ich aber nicht weiterverfolgen möchte, solange ich nicht weiß, ob Ihr Unter-nehmen noch an mir interessiert ist oder