aufgemacht?«
»Weil ich wusste, dass wir sie ohnehin nicht bezahlen können, also habe ich mir gar nicht erst die Mühe gemacht.«
»Liebling, warum hast du mir denn nichts davon gesagt?«
»Weil ich nicht wollte, dass du dir Sorgen machst.« Fletch stopft seine Zigarette in eine leere Bierflasche, wo sie kurz zischt, ehe sie ausgeht.
»Also, was kann ich jetzt tun?«
»Ich weiß es nicht, Jen. Ich weiß es einfach nicht.«
An:
[email protected] Von: David
Datum: 12. Juni 2003
Betreff: Idioten mit Jobs
Vor ungefähr einem Jahr sind meine Frau und ich innerhalb von nur einer Woche bei zwei unterschiedlichen Unternehmen betriebsbedingt gekündigt worden. Genau wie bei Ihnen wird auch bei uns das Geld langsam knapp. Und so fahre ich eines schönen Tages in Long Island die Schnellstraße entlang und zerbreche mir den Kopf, was ich unternehmen könnte, und plötzlich sehe ich ein Schild vor einem Schnellrestaurant am Straßenrand: Bedienung gesucht. Hey, Mann, denke ich mir, versuch’s doch einfach mal damit.
Tja, falsch gedacht.
Wie es aussieht, bekommt man nur dann einen Job in einem Diner, wenn man langjährige einschlägige Erfahrung vorweisen kann. Zumindest teilte mir das die zahnlose Knusperhexe, die den Laden führt, mit abfälliger Miene mit. »Oh nein, Sie können nicht einfach so in einem Drei-Millionen-Dollar-Diner kellnern.« Scheint, als hätte ich, während ich in Europa und den USA Fünfzig-Millionen-Dollar-Computergeschäfte abwickelte, im Grunde genommen nur meine Zeit vertrödelt. Stattdessen hätte ich lieber in Mamma’s Grillrestaurant »Zum fettigen Schweinekotelett« stehen und mich auf meine zukünftige Karriere als Servicekraft vorbereiten sollen.
Den Job habe ich nicht bekommen, und bisher auch keinen anderen, genauso wenig wie meine Frau, aber immerhin habe ich das Problem gelöst, das Ihnen den Schlaf raubt, Jen. Jetzt wissen wir endlich, warum die Idioten alle einen Job haben!! David
An: David
Von:
[email protected]Datum: 13. Juni 2003
Betreff: RE: Idioten mit Jobs
David,
ich teile Ihre Empörung, wenngleich ich gestehen muss, dass es mich nicht verwundert. Derlei Geschichten bekomme ich in letzter Zeit nur allzu oft zu hören. Eine meiner Hundewiesenfreundinnen (Exangestellte einer Unternehmensberatung) hatte kürzlich ein Vorstellungsgespräch im Luxuskaufhaus Neiman Marcus, und die Personalchefin war der Meinung, ihre vorherige Arbeit als Work-Flow-Controllerin, Großkundenbetreuerin, Personalleiterin und Zeit- und Budgetmanagerin habe sie in keinster Weise darauf vorbereitet, Schals, Schlüsselringe und Strumpfhose in die Kasse einzutippen.
Es ist ein Irrenhaus da draußen – bleiben Sie tapfer! Jen
An:
[email protected] Von: Ickey
Datum: 13. Juni 2003
Betreff: Komm aus den Puschen, Alte!
Jen, mal ehrlich, stecken Sie auch nur annähernd so viel Energie in die Suche nach einem neuen Job, wie Sie hier auf Ihrer Webseite dafür verpulvern rumzumeckern, wie böse die Welt doch zu Ihnen ist und warum alle anderen nicht so cool sind wie Sie? Ein toller Job wartet gleich um die Ecke beim nächsten Starbucks auf Sie – das habe ich im Urin. Übrigens, Finger weg von den Muffins. Von denen haben Sie offensichtlich schon mehr als genug genascht. Ickey
An: Ickey
Von:
[email protected]Datum: 14. Juni 2003
Betreff: RE: Komm aus den Puschen, Alte!
Ickey, diese Seite ist eindeutig nichts für Sie. Und mit »Sie« meine ich, Sie gehören vermutlich zu diesen fünfundzwanzigjährigen PR-Tussis, die immer viel zu verkatert waren zum Zuhören, wenn ich in Ihrer Agentur war, um Ihnen die Funktion der Tools zu erklären, mit denen Sie Ihre Kundenbetreuung optimieren und Ihren Job besser machen könnten. Womöglich irre ich mich in der Branche, ganz sicher ist aber, dass Sie einen Job haben, denn es ist offensichtlich, dass Sie NICHT DEN BLASSESTEN SCHIMMER davon haben, wie es ist, seinen Job zu verlieren, seinen Status, den gewohnten Lebensstil und dadurch letztendlich auch jegliches Selbstwertgefühl. Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie es ist, sich in Grund und Boden zu schämen, weil man einen Besuch bei den Eltern unter fadenscheinigen Begründungen immer wieder hinausschieben muss, da es einem zu peinlich wäre, ihnen zu gestehen, dass das Auto gepfändet wurde. Und Sie haben auch keine Ahnung, wie es ist, eine Woche im Dunkeln leben zu müssen wie ein Pionier, bis man endlich die Stromrechnung bezahlen kann.