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Gucci war gestern

Titel: Gucci war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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hat behauptet, er solle hier die Decke neu streichen. Mit möglichst professioneller Stimme habe ich ganz souverän erwidert: »Ähm, okay?«, woraufhin er unverzüglich anfing, all seine Pinsel und Eimer und Leitern ranzukarren.
    Frage mich, ob ich befugt war, eine Malermannschaft reinzulassen?
    Was den Job selbst angeht, der ist einfach traumhaft. Das Telefon klingelt so selten, dass eigentlich nicht mal ich etwas falsch machen kann, obwohl mir auch das schon gelungen ist. Gestern musste ich herkommen, um mich anlernen zu lassen, da ich die Telefonanlage, die hier in Gebrauch ist, noch nicht kannte. Von den zehn Anrufen, die ich angenehmen musste, habe ich bis auf einen einzigen alle vermasselt, was mich zu der Erkenntnis gebracht hat, dass es wohl auch sein Gutes hat, den Job als Rezeptionistin in der Architekturfirma nicht bekommen zu haben. Ganz ehrlich, das ist gar nicht so einfach, wie ich dachte. Keine Ahnung, warum ich davon ausgegangen bin, die Sache
wäre für mich ein Kinderspiel - damals auf dem College mussten die anderen Mädels aus meiner Verbindung mich irgendwann vom Telefondienst suspendieren, weil ich versehentlich immer wieder aufgelegt habe, wenn die Freunde der Mädels anriefen.
    Während der Arbeitszeit ganz legal im Netz zu surfen macht einen Heidenspaß. 181 Aber irgendwie macht mir diese große Freiheit auch ein bisschen Angst. Jedes Mal, wenn ein Paketbote bei mir am Empfang eine Sendung abgibt, komme ich mir vor wie ein ungezogenes Kind, weil ich mich beim Tetris-Spielen ertappt fühle. Mein erster Impuls ist immer, ganz schnell den Bildschirm auszumachen, dabei habe ich doch die hochoffizielle ERLAUBNIS dazu. Also sollte ich mich wohl nicht so anstellen.
    Die Hälfte aller heutigen Anrufe kam von Leuten, die sich verwählt hatten, und so langsam reißt mir die Geduld. Dauernd wollen sie eine Firma sprechen, deren Telefonnummer nur um eine Ziffer von dieser abweicht. Was allerdings bloß halb so schlimm ist wie die Geschichte damals, als mein Bruder fast dieselbe Nummer hatte wie unser Pizzalieferservice um die Ecke. Irgendwann musste er sich eine neue Telefonnummer geben lassen, um mal wieder eine Nacht durchschlafen zu können.
    Wobei mir eigentlich jeder leidtut, der sich verwählt und versehentlich bei Todd landet. Für den sind unerwünschte Anrufe eine Art Kampfsport. Als er das letzte Mal umgezogen ist, bekam er eine Telefonnummer zugewiesen, die vorher nicht lange genug stillgelegt gewesen war. Dauernd riefen ihn irgendwelche Gläubiger an; die vorherige Inhaberin der Nummer hatte wohl einen riesigen Schuldenberg angehäuft und sich dann abgeseilt. Irgendwann hatte mein Bruder die Nase voll, ständig versichern zu müssen, er wolle keinesfalls diese Donna Miller »decken«.
    Eines Tages bekam er dann einen Anruf von der Alumni-Vereinigung ihrer früheren Uni mit der Bitte um aktuelle Infos für den jährlichen
Rundbrief. Todd ergriff die Gelegenheit, gab sich als Donnas Ehemann aus, und sagte, er würde ihnen NUR ZU GERNE ein paar Informationen geben. Neben vielen anderen unerhörten, unwahren Unverschämtheiten behauptete er, Donna habe eine Knaststrafe abgesessen und währenddessen den Bestseller Angst und Schrecken im Lesbenliebesland geschrieben.
    Da der Anrufer ein kleiner Telefonlakai mit einem Stundenlohn von fünf Dollar war, kam er überhaupt nicht auf die Idee, dass Todd ihn veräppeln wollte, und änderte die Informationen dementsprechend.
    Sehen Sie, ein Zehn-Dollar-die-Stunde-Telefonlakai hätte sich das denken können.

    »Und, wie war dein Tag?« Fletch und die Hunde lungern auf unserer Terrasse herum und lassen sich die Spätnachmittagssonne auf den Pelz scheinen.
    »Ähm, ganz gut«, entgegne ich. 182
    »Was ist denn passiert?«
    »Du weißt doch, wie beunruhigend ich es finde, im Sears Tower zu arbeiten, oder? Und dass ich immer ganz nervös bin, weil ich Angst habe, der könnte zur Zielscheibe des nächsten großen Terrorangriffs werden?« 183
    »Das hast du beiläufig einige tausend Mal erwähnt.«
    »Na ja, heute Morgen war ich eigentlich ganz entspannt, als ich den Wandschrank aufgemacht habe, um meinen Regenschirm wegzustellen, und …«

    »Will sagen, du hast rumgeschnüffelt.«
    Überwachte der Mann mich mit einer Videokamera, oder was? »Ja, gut, ich habe mich ein bisschen umgeguckt. Das ist doch kein Verbrechen. Aber egal, da habe ich also diese ganzen kleinen Nylonpäckchen gefunden. Eins davon habe ich aufgemacht, und drin war so ein Notfallpaket mit

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