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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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neuen, langen Bericht, in dem die Carabinieri ihre neuesten Ergebnisse präsentierten. Zunächst hatten sie Michele Cantalupi vernommen, der inzwischen aus dem Ausland zurückgekommen war. Cantalupi bestätigte, fast ein Jahr lang der Freund von Manuela gewesen zu sein, und gab zu, dass das Ende der Beziehung heftig gewesen war. Aber er stellte klar, dass das alles mehrere Monate vor dem Verschwinden Manuelas geschehen war und ihr Verhältnis sich seitdem sehr gebessert hatte. Ihre Beziehung war aus verschiedenen Gründen in die Brüche gegangen, und sie selbst habe sie beenden wollen. Tatsächlich habe es mehrmals Streit gegeben, auch heftigen. Tatsächlich war das mehrmals auch in der Anwesenheit von Freunden passiert. Nein, zu Schlägen sei es nie gekommen. Er nahm zur Kenntnis, dass eine Freundin von Manuela gesagt hatte, bei einem Streit in ihrem Beisein sei es zu Ohrfeigen gekommen. Tatsächlich sei das einmal passiert, aber es sei Manuela gewesen, die ihn geohrfeigt hatte, und nicht umgekehrt. Tatsächlich hatte er sie geschubst und sie hatte mit einer Ohrfeige reagiert. Damit sei der Streit beendet gewesen, und das sei das einzige Mal gewesen, bei dem es so etwas wie eine Prügelei gab. Nein, er habe keine neue Freundin. Nein, er wisse nicht, ob Manuela in Rom eine neue Beziehung habe. Tatsächlich habe er sie danach gefragt, aber sie habe geantwortet, das gehe ihn nichts an. Ja, sie hatten sich noch einmal getroffen, waren einen Kaffee trinken gegangen, hatten geplaudert. Im Zentrum von Bari, im August. Nein, es hatte keine Probleme gegeben, im Gegenteil, sie hatten sich freundschaftlich voneinander verabschiedet.
    Das Protokoll machte mich stutzig. Hinter dem Kanzleistil der Polizei war deutlich spürbar, wie Cantalupi sich bemühte, die Situation normal und problemlos wirken zu lassen. Obwohl sie es, wenn man Manuelas Freundinnen glaubte, keineswegs war.
    Die Nachweise der Telefonverbindungen zeigten allerdings, dass Michele Cantalupi mit Manuelas Verschwinden tatsächlich nichts zu tun haben konnte. Erstens waren seine Gespräche von ausländischen Zentralen übermittelt worden, so dass man annehmen konnte, er habe sich nicht in Italien aufgehalten. Zweitens gab es keinerlei Kontakt – weder an jenem Sonntag noch an den vorherigen Tagen – zwischen dem Mädchen und seinem Ex-Freund.
    Manuelas Telefonverkehr war bescheiden. Die Protokolle beschränkten sich auf die Woche vor ihrem Verschwinden: wenige Gespräche, wenige SMS , die alle an die Freundinnen oder die Mutter gerichtet waren. Es gab keine Nummer, die nicht einer ihrer Freundinnen zuzuordnen war. Also nichts Ungewöhnliches, außer dass es sehr wenige Telefonate waren. Aber das war an sich nichts Bemerkenswertes.
    An dem Sonntag hatte Manuela nur zwei Anrufe erhalten und ein paar SMS ausgetauscht, wieder nur mit ihrer Mutter und einer Freundin. Das letzte Lebenszeichen war eine SMS an die Mutter am Nachmittag. Dann nichts mehr. Von da an war die Verbindung tot.
    Die Freundin war von den Carabinieri vernommen worden, aber sie hatte keine interessanten Informationen geliefert. Sie hatte Manuela kurz Hallo gesagt, da sie nach Rom zurückkommen wollte und sie sich in den letzten Tagen nicht gesehen hatten. Sie hatte keine Ahnung, was sie an dem Abend vorhatte, warum sie nach Rom wollte und natürlich erst recht nicht, was passiert sein könnte.
    Die Überprüfung der Abhebungen von ihrem Konto ergab überhaupt keine nützlichen Hinweise, da sie das letzte Mal am Freitag vor ihrem Verschwinden in Bari Geld abgehoben hatte.
    In den folgenden Tagen waren in der örtlichen Presse und im Fernsehen in der Sendung Chi l’ha visto? einige Fotos von Manuela veröffentlicht worden sowie eine Beschreibung der Kleider, die sie vermutlich trug. Einige dieser Fotos waren in der Akte enthalten. Ich musterte sie lange, auf der Suche nach einem Geheimnis oder wenigstens einer Idee. Natürlich fand ich nichts, und die einzige brillante Schlussfolgerung, die ich aus dieser eingehenden Betrachtung zog, war, dass Manuela ein sehr hübsches Mädchen war – oder ist.
    Nach der Veröffentlichung der Fotos waren, wie mir Fornelli gesagt hatte und wie es üblicherweise der Fall ist, jede Menge kurioser Figuren aufgetaucht – fast alle eindeutig oberhalb der psychiatrischen Beobachtungsschwelle –, die telefonisch ihre angeblichen Begegnungen mit dem verschwundenen Mädchen kundtaten.
    Der dritte Bericht stand unter dem Einfluss dieser Fotos und ihrer Wirkung auf Spinner

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