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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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ich hatte den – unsinnigen, wenn Sie gestatten – Verdacht, dass womöglich jemand anderes das Handy benutzt hat. Aber die Anrufe kamen von ihm zu Hause, das heißt von seinen Eltern. Wie auch immer, da mir der Typ nicht gefiel, habe ich unter der Hand Informationen bei dem Skipper eingeholt, auf dessen Boot er unterwegs war. Ich fürchte, dass es keine Zweifel gibt. Der Widerling war in jenen Tagen tatsächlich auf der anderen Seite der Adria.«
    Noch während er sprach, dachte ich mir, dass diese Hypothese tatsächlich absurd war. Dass Cantalupi jemand anderem in Kroatien sein Handy gegeben hatte, um sich ein Alibi zu besorgen, und dass er heimlich nach Italien zurückgefahren war, um seine Ex-Freundin zu entführen oder umzubringen. Warum auch? Ich kam mir etwas naiv vor, obwohl immerhin ein professioneller Ermittler wie Navarra dasselbe gedacht hatte.
    »Und die Freundinnen? Was ist mit denen?«
    »Ja, die Freundinnen. Ich möchte betonen, dass ich immer sehr vorsichtig bin, wenn es um meine Eindrücke bezüglich der Spontaneität oder der Ehrlichkeit von Zeugen oder Verdächtigen geht. Wissen Sie, woran man einen dummen Ermittler erkennt?«
    »Nein, sagen Sie es mir. Das kann man immer brauchen.«
    »Man muss ihn fragen, ob er merkt, wenn er angelogen wird. Wenn er mit Ja antwortet und sagt, dass es unmöglich ist, ihm einen Bären aufzubinden, gehört er zu den größten Idioten. So jemanden steckt ein guter Lügner am leichtesten in die Tasche, und zwar mit dem größten Vergnügen.«
    »Ich kenne ein paar Ermittlungsrichter, die behaupten, sie würden sofort erkennen, ob ein Angeklagter oder ein Zeuge lügt. In der Tat sind sie die größten Dummköpfe des ganzen Gerichts.«
    »Das sind bestimmt dieselben, die ich auch meine. Wie auch immer, ich wollte damit sagen, dass ich meinen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Person, die ich vernehme, mit Vorsicht genieße. Was nicht bedeutet, dass ich mein Gefühl nicht ernst nehmen würde. Ich nehme es als Anhaltspunkt, um mir die Sache näher anzusehen.«
    An dieser Stelle fragte ich ihn, ob er einen Kaffee oder ein anderes Getränk wollte. Er sagte, ja danke, er habe tatsächlich gerade Lust auf einen Cappuccino. Ich rief die Bar an, bestellte zwei Cappuccino und wandte mich wieder Navarra zu.
    »Also?«
    »Also hatte ich den Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmte an der Aussage der beiden Mädchen.«
    »Was denn genau?«
    »Dass es Dinge gab, die sie mir nicht sagten. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Ich habe Nicoletta, Manuelas Mitbewohnerin, und dann auch die andere gefragt, ob Manuela Drogen nahm.«
    »Ja, das habe ich im Vernehmungsprotokoll gelesen. Alle beide sagten nein, soviel sie wüssten. Bis auf einen gelegentlichen Joint.«
    »Genau, aber es geht darum, wie sie es sagten. Die Art und Weise, wie sie meine Frage beantworteten, überzeugte mich nicht. Ich bohrte noch ein wenig nach, aber sie gaben nichts preis. Da ich weiter nichts in der Hand hatte, musste ich es dabei belassen. Ich habe allerdings immer noch deutlich das Gefühl, dass sie nicht alles gesagt haben. Die Befangenere von beiden schien mir Nicoletta Abbrescia zu sein.«
    »Haben Sie mit Ihrem Vorgesetzten oder dem Ermittlungsrichter über diese Zweifel gesprochen?«
    »Ja, sicher. Übrigens«, fügte er hinzu, als fiele ihm plötzlich ein, dass er mir vertrauliche Details einer noch laufenden Ermittlung verriet, »hat diese Unterhaltung nie stattgefunden.«
    »Nie. Was haben Ihr Vorgesetzter und die Staatsanwaltschaft denn dazu gesagt?«
    »Der Chef hat nur die Achseln gezuckt. Vielleicht hatte er gar nicht so unrecht. Was sollten sie auch anfangen mit meinem Verdacht, so ganz ohne konkrete Anhaltspunkte? Ich habe vorgeschlagen, dass wir die Mädchen ein paar Tage lang beobachten, aber da hat er mich angesehen, als wäre ich ein Außerirdischer. Er wollte wissen, wo ich diese filmreife Aktion durchführen wollte. In Rom natürlich. Ob ich diese Aktion in Rom in Auftrag geben wollte? Und wo wir schon dabei waren, ob ich sie aus meinem Spezialfonds bezahlen wollte, wo sie uns doch bekanntlich nicht einmal das Benzin bezahlten? Also schlug ich vor, wenigstens ihre Telefone zu überwachen und eine Auflistung der Telefonverkehrsdaten anzufordern. Und er meinte, ich solle das direkt dem Ermittlungsrichter vorschlagen.«
    »Und Sie?«
    »Ich bin zum Gericht gegangen und habe mit dem Ermittlungsrichter gesprochen.«
    »Und was hat der gesagt?«
    »Er war eigentlich ganz nett. Er wollte wissen,

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