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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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auf dem Tisch zurück.
    »Guido, hörst du mir überhaupt zu?«
    »Entschuldige, Consuelo, ich war in Gedanken verloren. Mir ist etwas eingefallen, was ich vergessen hatte, und …«
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, ja, alles in Ordnung.«
    »Du wirkst so geistesabwesend.«
    »Das passiert mir manchmal. In letzter Zeit häuft es sich allerdings, du hast recht.«
    Sie sagte nichts. Sie schien nach Worten zu suchen oder nach dem Mut, eine Frage zu stellen, doch es wollte ihr nicht gelingen.
    »Kein Grund zur Sorge! Du kannst Maria Teresa fragen. Ich wirke manchmal so, als sei ich nicht ganz bei Trost, aber ich bin harmlos.«
    Mehr oder weniger.

22
    I ch nahm mich zusammen, und wir gingen die Akte gemeinsam durch. Dann ging Consuelo wieder in ihr Büro, und kurz darauf, etwas früher als vereinbart, erschien Caterina. Pasquale steckte den Kopf in mein Zimmer und fragte, ob ich das Fräulein empfangen konnte oder ob sie im Wartezimmer Platz nehmen sollte bis zum vereinbarten Zeitpunkt. Ich sagte, dass er sie hereinbitten konnte, obwohl mich diese Überpünktlichkeit aus einem unerklärlichen Grund ärgerlich stimmte.
    »Ich bin etwas zu früh gekommen. Wenn du beschäftigt bist, warte ich einfach. Noch dazu habe ich gemerkt, dass ich dich … ich meine Sie … also, ich bin am Telefon automatisch zum Du übergegangen«, sagte sie, während sie es sich auf dem Stuhl vor meinem Schreibtisch bequem machte.
    »Mach dir keine Gedanken, ich war sowieso schon fertig mit den anderen Dingen. Und das mit dem Du macht nichts, das geht schon in Ordnung.«
    Geht schon in Ordnung? Wie drückst du dich eigentlich aus, Guerrieri? Bist du bescheuert? Nach »geht in Ordnung« gab es noch drei Steigerungen: »Momentchen«, »alles paletti« und »vergleichsweise«, und damit war man auch schon reif für den Höllenkreis der Sprachschänder.
    »Ich musste etwas erledigen und war schneller fertig, als ich gedacht hatte, deshalb war ich schon früher hier. Ich hätte auch einfach gewartet.«
    Ich nickte und zwang mich, ihr ins Gesicht zu sehen und nicht auf das Männerhemd, das sie unter einer schwarzen Lederweste trug. Ich habe guten Grund zu der Annahme, dass mein Gesichtsausdruck nicht der intelligenteste aus meinem Repertoire war.
    »Du sagtest am Telefon, Nicoletta wolle nicht in die Angelegenheit hineingezogen werden. Gebrauchte sie tatsächlich diesen Ausdruck?«
    »Ja, genau den. Sie war ziemlich aufgeregt.«
    »Aber warum denn? Was befürchtet sie denn?«
    »Ich weiß es nicht. Ich fand es besser, sie das nicht am Telefon zu fragen. Es war wichtiger, dass ich sie dazu brachte, mit dir zu sprechen, den Rest kannst du sie dann direkt fragen.«
    »War es ihr Wunsch, dich dabeizuhaben?«
    Bevor sie antwortete, strich Caterina sich die Haare aus dem Gesicht und legte den Kopf etwas zurück.
    »Sie hat es nicht direkt gesagt, und ich habe es auch nicht vorgeschlagen. Ich meine, während wir sprachen, kam die Idee auf, dass ich bei eurem Gespräch dabei sein könnte.«
    In Caterinas Worten und Gesten lag etwas, was ich nicht genau ausmachen konnte und nicht verstand und was mich auch ein wenig verlegen machte. Als wäre etwas fehl am Platz, ohne dass ich hätte sagen können, was es war. Als hätte ich nicht die Kontrolle über die Situation.
    »Und wie seid ihr dann verblieben?«
    »Ich habe ihr gesagt, dass wir nach Rom kommen, um sie zu treffen, und dass du ihr ein paar Fragen stellen wirst. Dass das Ganze nicht lange dauern wird.«
    »Wollte sie wissen, welche Fragen ich ihr stellen würde?«
    »Ich habe ihr gesagt, was du mich gefragt hast, ich nahm an, es würden mehr oder weniger dieselben Fragen sein.«
    Es war klar, dass alles so ablaufen musste, wie sie es beschlossen und vorgesehen hatte. Im Hinterkopf nahm ich mir vor, mich selbst um den Kauf der Fahrkarten und die ganze Reiseplanung zu kümmern. Damit konnte ich weder Pasquale und erst recht nicht Maria Teresa beauftragen. Allein die Vorstellung, peinliche Erklärungen abgeben zu müssen, erschien mir unerträglich. Ich überlegte, dass ich mich nicht an unser übliches Reisebüro wenden würde, um mir unangenehme Fragen zu ersparen. Ich war gerade dabei, in einem interessanten Sumpf paranoider Grübeleien zu versinken, als Caterinas Stimme mich aus meinen Gedanken riss.
    »Hast du denn in der Zwischenzeit mit jemand anderem gesprochen? Hast du etwas entdeckt?«
    »Entdeckt ist zu viel gesagt. Ich habe in Richtung Drogen nachgeforscht, aber ehrlich gesagt habe ich keine

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