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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nur eine Stunde arbeite, bevor die Stempel aus New York im Paß sind. Man hat mir ausgefüllte Formulare mitgegeben, in denen bestätigt wird, daß ich hier angestellt bin und eine Wohnung habe.«
    »Du kannst genausogut nach L. A. fliegen«, stellte er fest, »dort gibt es auch ein schwedisches Generalkonsulat. Vielleicht geht es dort sogar schneller.«
    »Kommt mir wie ein Umweg vor«, lachte sie.
    »Ja. Aber wir können zusammen rüberfliegen, ich muß nämlich möglichst schnell nach L. A - ja, das heißt irgendwann in der nächsten Zukunft, aber ich kann die Reise etwas vorverlegen. Dann fliegen wir zusammen und nehmen uns zum Beispiel ein paar Tage frei für Imperial Beach.«
    »Und das Pier House Café.«
    »Ja, für das ganz besonders.«
    Er wollte nicht mehr mit ihr sprechen. Bei jedem Gespräch lief er Gefahr, sich in etwas zu verheddern, was die Stimmung zerstören konnte. Er nahm ihre Hand und sah sie lange an. Als wäre es möglich, etwas zu sagen, ohne etwas zu sagen.
    Und als hätten sie plötzlich eine Übereinkunft getroffen, schwiegen sie von da an. Sie aßen die letzten Austern auf und tranken den Champagner ohne ein Wort aus, ohne daß sie das Schweigen als unangenehm empfanden. Im Gegenteil, es war eher so, als kämen sie sich ohne Worte näher.
    Nach einiger Zeit stand er auf und ging in das Schlafzimmer mit dem provisorisch montierten Bett, beschloß, nichts über das Provisorium zu sagen, zog Strümpfe und Schuhe an, steckte die Pistole in den Hosenbund, nahm die Jacke in die Hand und winkte ihr zu, als er auf dem Weg zur Wohnungstür an der Küche vorbeikam.
    Unten auf der Straße entdeckte er, daß sie praktisch Tür an Tür mit dem Kriegsarchiv wohnte.
    Es war halb drei geworden, als er zu Hause ankam. Er nahm an, daß Eva-Britt schlief. Im Badezimmer betrachtete er sich mit sehr gemischten Gefühlen im Spiegel und stellte fest, daß frische Frühlingsluft und ein Spaziergang bestimmte Indizien verschwinden lassen. Seine Hände rochen nach nichts, sein Körper roch wegen der eigenen Kleidung nur nach sich selbst, und sein Geschlecht roch nach nichts außer Seife. Er putzte sich die Zähne ungewöhnlich lange, als hätte das an der Sache etwas ändern können, und stahl sich zu ihr ins Schlafzimmer.
    Zunächst glaubte er, sie schliefe. Aber sie drehte sich um und küßte ihn, kaum daß er im Bett war.
    »Mit den Kumpels einen Zug durch die Gemeinde gemacht, was?« kicherte sie, als sie seinen Atem spürte.
    »Mhm«, sagte er schläfrig, »es ist natürlich zu spät geworden. Wann mußt du morgen früh raus?«
    »Sieben. Morgenstunde hat Gold im Munde.«
    »Sei so lieb und weck mich dann auch.«
    Er sagte dies als einen Versuch, gute Nacht zu sagen, alle Unterhaltungen abzublocken, die nur zu Lügen führten.
    Sie sagte nichts mehr, drehte sich aber zu ihm um und liebkoste ihn, als wollte sie ihn haben, gab aber schnell auf, als sie spürte, wie er vor Furcht erstarrte.
    »Ich bin es doch nur«, flüsterte sie. »Du brauchst nie Angst vor mir zu haben. Es gibt Leute, die bis zur Taxifahrt zur Entbindungsklinik lieben.«
    »Ich liebe dich«, flüsterte er hoffnungslos und spürte, daß er dabei war, in kalten Schweiß auszubrechen.
    »Ich weiß«, flüsterte sie in einem Tonfall, den er nicht deuten konnte und der vermutlich vieles bedeuten konnte.
    Dann drehte sie sich um und tat, als schliefe sie ein. Er lag hellwach da und stellte sich schlafend. Er beschloß, sein Morgentraining jeden Tag um zehn Minuten zu verlängern und die Einnahme von Alkohol ganz entschieden zu verringern.
    Samuel Ulfsson war vor dem Treffen mit Carl etwas mulmig zumute. Was er vorbringen wollte, was er vorbringen mußte, war nicht einfach. Dennoch lächelte er still vor sich hin, als er auf den Sekundenzeiger seiner Uhr blickte. Er zählte leise mit, von zehn bis null.
    »Herein!« sagte er laut in dem Moment, in dem der Zeiger null erreichte.
    »Hast du dir einen Röntgenblick zugelegt oder Videoüberwachung vor der Tür?« grüßte Carl erstaunt, als er das Zimmer betrat. Er hatte gerade die Hand gehoben, um anzuklopfen.
    »Ganz und gar nicht«, entgegnete Samuel Ulfsson munter, »aber alte Spionagechefs haben Intuition, mußt du wissen.«
    Carl sah seinen Chef skeptisch an. Typisch, dachte Samuel Ulfsson, immer gleich rational, immer so schwer hereinzulegen. Nun, dann heißt es nur noch Leinen los, dann wollen wir sehen, wie es geht.
    »Setz dich, ja, ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, es zu sagen, aber wir

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