Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Stelle, als würde ihn das von seinen Schamgefühlen befreien. Er hob sie hoch und trug sie durch die leere Wohnung zu einem halbmontierten Bett. Es war fertig bezogen, aber die Beine lagen noch daneben. Er ließ sie weich hinuntergleiten.
    Sie wehrte sich, als er sie erneut zu küssen versuchte, und zog sich statt dessen aus. Nach einigem Zögern folgte er ihrem Beispiel. Er ließ erst seine Jacke zu Boden gleiten, schmuggelte dann schnell seine Pistole beiseite, da ihm erst jetzt einfiel, daß er sie auf dem Rücken in den Hosenbund gesteckt hatte. Das war eine schlechtere Lösung als ein Schulterholster, aber er hatte gerade wegen des Risikos gewechselt, in bestimmten Augenblicken die Jacke ausziehen zu müssen; trotzdem hatte die Pistole den ganzen Abend bei Joar dort gesessen, ohne daß er auch nur an sie gedacht hatte.
    Sie sah die Pistole nicht oder tat zumindest so und schaffte es, vor ihm nackt zu sein. Sie schlug mit einer vielsagenden Geste die Decke zur Seite und wartete, bis er mit seiner restlichen Kleidung fertig war, so daß er zu ihr ins Bett schlüpfen konnte.
    Er legte behutsam den Arm um sie, zog sie zu sich heran und lag mit geschlossenen Augen vollkommen still da. Er versuchte verzweifelt, das Bild von Eva-Britt zu verdrängen, die mit ihrer Handarbeit zu Hause auf dem Sofa saß. Immer wieder tauchte das Bild vor ihm auf.
    »Sag nichts, Carl, denk nichts. Liebe mich nur. Im Augenblick gibt es nichts außer uns, gar nichts«, flüsterte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen oder sie durch die Haut gespürt.
    Sie entwand sich vorsichtig seinem Griff und begann, die langen Narben auf seinem Brustkorb zu küssen. Eine nach der anderen, von oben und dann abwärts. Hinter seinen Augenlidern wurde es ganz hell. Es war wie Sonnenschein an einem Strand irgendwo außerhalb von San Diego. Hell im Gegensatz zu dunkler Scham, und ihm ging jetzt auf, daß er für einige Zeit nichts anderes mehr sehen würde.
    Als sie die fünfte Narbe erreicht hatte, wandte sie sich nicht nach oben, um dort wieder anzufangen, wie er geglaubt hatte, sondern bewegte den Kopf langsam und mit deutlich erkennbarer Absicht weiter nach unten.
    Sie mußte gespürt haben, wie er irgendwie erstarrte oder sich anspannte, und, ohne die langsame Bewegung zu unterbrechen, flüsterte sie, sie habe sich so sehr danach gesehnt, habe es aber noch nie bei einem anderen gemacht.
    Bei einem anderen, das bedeutete Burt, ihr Mann. Seine erstarrten Muskeln hatten ebenfalls Burt bedeutet, als hätte das Allerprivateste zwischen ihnen gerade wegen dieses Burt etwas vollkommen anderes werden können, als wäre er mit der vernichtenden Logik, die der Eifersucht eigen ist, nachträglich eifersüchtig geworden. Und wenn es so war, hatte sie es verstanden und pariert, nur weil sie die Reaktionen seines Körpers unter den Händen gespürt hatte. Es stimmte ja auch, dachte er oder flüsterte es vor sich hin, ohne zu wissen, was er tat, aber sie kannte ihn ja besser als jeder andere Mensch.
    Dann ließ er sich vollkommen widerstandslos mitreißen.
    Sie trieb ihn sanft weiter, bis sie spürte, daß er sich nicht mehr würde zurückhalten können. Da kroch sie vorsichtig auf ihn, beugte sich über ihn und flüsterte, sie wolle, daß er in ihr komme, sie sehne sich so sehr danach, gerade das zu spüren.
    Sie hielt ihn in diesem Moment ganz fest, richtete sich dann auf und löste ihr langes, schwarzes, zerzaustes Haar mit einem Ruck des Kopfes und lachte unerwartet und laut auf. Dann begann sie, sich zu bewegen, zunächst spielerisch, während sie ihn forschend anblickte, um festzustellen, ob es tatsächlich wahr war.
    Das war es. Er konnte nicht nur weitermachen, sondern wollte es sogar ganz offenkundig. Ihn durchfuhr kurz der Gedanke, wie eigentümlich es war, daß er mit anderen Frauen immer solche Schwierigkeiten gehabt hatte, aber dieses immer hatte ja im Grunde keine andere Ursache als Tessie. Dann dachte er gar nichts mehr. Es mochte viel oder wenig Zeit vergangen sein, doch darüber konnte er sich nicht mehr klar werden, da ihre sanfte, vorsichtige Zärtlichkeit langsam, aber unwiderstehlich verwilderte und auf etwas zustürmte, was er hinterher, lange Zeit hinterher, entweder als Frenesie, Ekstase oder derlei sah oder, in der anderen Richtung, als Verzweiflung.
    Er hatte still gelegen, war fast eingeschlafen und war naß vor Schweiß, der die Haut kühlte, so daß er vielleicht gerade deswegen nicht einschlief. Sie hielten einander eng umschlungen.

Weitere Kostenlose Bücher