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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Gespräch zu ersparen. Doch seinem neuen Ich, das es neuerdings nicht mehr so genau nahm, war selbst das zu durchsichtig.
    Samuel Ulfsson war wie immer äußerst unwohl, wenn er sich in einem der Regierungsgebäude aufhalten mußte. Diesmal befand er sich in Rosenbad. Er trug einen unauffälligen grauen Anzug und wurde ebenso unauffällig durch eine Hintertür eingelassen. Schon das bestätigte seine bösen Vorahnungen. Außerdem durfte er hier selten oder nie rauchen. Er mußte sich manchmal zwingen, seinen allertiefsten Respekt vor der Demokratie zu mobilisieren, die von den Streitkräften verteidigt werden sollte, die aber nicht immer als die denkbar demokratischste erschien, wenn geheime Befehle in einem Regierungsgebäude erteilt wurden, in dem die am häufigsten ausgesprochene Zusage so lautete: »Wenn es schiefgeht, steckt ihr in der Scheiße.«
    Sie unterschieden zwischen »ihr« und »uns«. »Ihr«, das war Samuel Ulfsson. Und um etwas in dieser Richtung ging es natürlich auch jetzt, als der Staatssekretär der Enquetekommission mit besonderer Verantwortung für Sicherheitsfragen Samuel Ulfsson zu sich rief.
    Es war ein zerknitterter Staatssekretär in einem Cordanzug, mit roten, blutunterlaufenen Augen, zu dem Samuel Ulfsson hineingeführt wurde. Im Raum das gewohnte gepanzerte Glas, die schöne Aussicht auf den Strömmen und der überall gleiche helle Tisch in gemaserter Birke sowie moderne Möbel, in denen man unbequem saß. Es waren unerhört teure Möbel, die vielleicht einfach und bescheiden aussehen sollten.
    Er durfte rauchen, da der Staatssekretär ebenfalls Raucher war.
    »Nun, um gleich zur Sache zu kommen«, sagte der Staatssekretär, nachdem das Begrüßungsritual erledigt war und beide sich eine Zigarette angezündet hatten, »warum zum Teufel mußtest du ausgerechnet Hamilton auf diese Polizisten hetzen?«
    Er ist sozusagen mein Chef. Er vertritt die Regierung des Landes. Immer mit der Ruhe jetzt, dachte Samuel Ulfsson, bevor er antwortete.
    »Mit Rücksicht auf die Umstände schien mir das am geeignetsten«, erwiderte er kurz und gefaßt.
    »Was soll das heißen, am geeignetsten? Welche Umstände?«
    kam die Gegenfrage wie aus der Pistole geschossen.
    »Wir haben nur wenige Operateure der Qualität, wie sie für einen… einen Auftrag dieses Charakters nun mal erforderlich ist. Hamilton befehligt diese Gruppe. Er ist überdies in der Öffentlichkeit bekannt, was die anderen nicht sind. Folglich konnte er auch Verhandlungen mit verschiedenen zivilen Beteiligten führen. Es stand nämlich von vornherein völlig außer Zweifel, daß die Sache in der Öffentlichkeit bekannt werden würde. Unter anderem sollten die Verbrecher der Polizei übergeben werden, ihre Tatwerkzeuge übrigens auch.«
    Samuel Ulfsson war mit seiner Antwort zufrieden. Er lehnte sich zurück und nahm einen übertrieben langen und genußvollen Zug von seiner Zigarette, die sich in der Mitte sofort warm und weich anfühlte.
    »Hm«, sagte der Staatssekretär. Das, was ihm offenbar als nicht ganz unlogisch aufgegangen war, dämpfte seinen Tonfall.
    »Wir haben ein Problem.«
    »Inwiefern?« fragte Samuel Ulfsson mit dem eigentümlichen Gefühl, auf dem am wenigsten erwarteten aller Kriegsschauplätze plötzlich die Oberhand gewonnen zu haben.
    »Einfach ausgedrückt verhält es sich so: Die bürgerliche Opposition wird uns die Hölle heiß machen, weil wir das Militär gegen die Polizei einsetzen. Damit stellt sich erstens die Frage, wo bei uns die Verantwortung liegt, bei mir, dem Ministerpräsidenten, dem Justizminister oder einem anderen Kabinettskollegen, dem sie ans Leder wollen. Oder bei euch. Zweitens kursieren schon gewisse Unterstellungen, wir hätten in die Fahndungsarbeit der Polizei eingegriffen, um ihnen in die Suppe zu spucken. Verfassungsmäßig gesehen könnte man ohne übertriebenen Diensteifer bei den formalen juristischen Details sagen, daß es sich um recht ernste Anschuldigungen handelt.«
    »Ja, ohne jeden Zweifel«, sagte Samuel Ulfsson und zündete sich umständlich eine neue Zigarette an, während er nachdachte oder sich zurechtzulegen versuchte, was er sagen sollte. Politiker sprechen immer nur in Andeutungen, dachte er, als hätten sie Angst, ständig abgehört zu werden.
    Samuel Ulfsson beschloß abzuwarten und den Gegner aus der Reserve zu locken. Gleichzeitig schämte er sich, weil er die gesetzliche Regierung des Landes als Gegner betrachtete.
    »Also, es läuft wieder auf einen Zirkus mit dem

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