Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
aufhörte.
»Ihr habt mehr als die Hälfte der Arbeit erledigt, während ich mich im Death Valley amüsiert habe«, fuhr er fort. Die beiden holten sich Stühle und setzten sich ihm gegenüber hin.
»Wie geht es Skip?« fragte Åke Stålhandske mit einem Lächeln voller Erinnerungen, die zumindest im Abstand einiger Jahre angenehm wurden.
»Skip fühlt sich wohl. Wenn man davon absieht, daß er sich um den Verfall des Kommunismus sorgt«, sagte Carl mit gespielt bekümmerter Miene. »Ihm fehlt ein handfester und zuverlässiger Feind.«
»Nun«, sagte Stålhandske, »wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, der sich um den Zusammenbruch des Kommunismus sorgt, dürfte es Skip sein. Wie geht es unseren neuen Jungs?«
»Gut«, erwiderte Carl. »Vollkommen problemlos. So wie ich es sehe, werden beide unterschreiben und angenommen werden. Dann werden wir fünf Mann, vier von der Marine und einer von der Armee.«
»Von der Armee!« riefen die beiden anderen entrüstet und gleichzeitig aus.
»Ja«, lächelte Carl. »Von den Fallschirmjägern, die zählen zur Armee.«
»Na ja. Fallschirmjäger, das geht gerade noch«, stellte Åke Stålhandske fest, als wäre er sehr erleichtert.
»Ich muß nach Oslo«, fuhr Carl etwas geschäftsmäßiger fort.
»Ich habe von Sam Anweisungen der üblichen Art bekommen. Ihr wißt schon, unsere Seite wird leugnen, je davon Kenntnis gehabt zu haben, und niemals etwas zugeben, und so weiter. Wenn es aber in Norwegen zu einer Operation kommt, werden wir drei beteiligt sein, das steht fest. Und wir können dabei einen Teil von Åkes besonderen Kenntnissen gebrauchen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
Die beiden anderen nickten.
»Allerdings weiß ich noch nicht, ob wir auf norwegischem Territorium überhaupt operieren dürfen. Deswegen soll ich jetzt hinfahren und es klären. In der Zwischenzeit dürft ihr an der Frage weiterarbeiten, warum gemordet wurde. Was habt ihr für Ideen?«
Sie drehten und wendeten die Frage, warum die Morde stattgefunden hatten. Es mußte natürlich die gleichen Gründe haben, warum einem gewissen Oberwachtmeister Jubelius 1942 in Göteborg der Kopf abgeschnitten wurde, wie 1990, als ein af Klintén zu Tode gefoltert wurde und ein Hakenkreuz in die Brust geschnitten bekam.
Das war in mehrerer Hinsicht irgendwie unlogisch. Wenn es mitten im Krieg, 1942 in Göteborg, Rache gewesen war, mußte es 1990 in Östergötland und Uppsala etwas anderes sein.
Joar Lundwall folgte einem Gedankengang, in dem Oberwachtmeister Jubelius die beiden Norweger aufgrund falscher Anschuldigungen nach Norwegen verfrachten ließ, wo die Gestapo, Folter und Tod auf sie warteten.
Unterwegs konnte etwas passiert sein, so daß Jubelius, ein Subalterner, etwas erfuhr, was er nicht wissen sollte. Aber was? Åke Stålhandske ergänzte Joars Darstellung mit dem, was seine erste Idee gewesen war, dem Fall Rasmussen-Hjelmen. Erst jetzt ging ihm auf, wie nahe er der Wahrheit mit diesem Schuß ins Blaue gekommen war.
Mit Hjelmen verhielt es sich jedoch so, daß die Polizeibeamten, die ihn zur norwegischen Grenze, zur Gestapo und in den Tod brachten, nicht an sich halten konnten, sondern dem kommunistischen Norweger erzählten, wie sich die Sache eigentlich verhielt. Sie erklärten, man wisse sehr wohl, wer er sei, und auf der anderen Seite warte jetzt keineswegs die gewöhnliche Polizei.
Hjelmen hatte da um Gnade gefleht. Doch das hatte keinerlei Wirkung gehabt; vielleicht hatten sie ihn nur ausgelacht. Dafür gab es zwar keinen Beleg, aber für den Rest der Geschichte.
Åke Stålhandske fuhr fort:
»Stellen wir uns also folgendes vor: Jubelius ist in seinem mit Generatorgas getriebenen Wagen von Göteborg nach Ed unterwegs. Er hat zwei mit Handschellen gefesselte Norweger auf dem Rücksitz. Allmählich geht ihnen auf, wohin die Reise geht, ganz und gar nicht zu einem schwedischen Internierungslager, wie er es ihnen wohl gesagt hat, sondern zur Gestapo.
Da flehen sie ihn an, ihr Leben zu schonen. Doch nicht genug damit. Sie enthüllen ihm ein sehr großes Geheimnis, und das ist der Grund dafür, daß man sie nicht einfach hinrichten kann.« Åke Stålhandske machte eine Pause und fuhr dann fort:
»Dann passiert etwas, aber was?
Jubelius geht der Sache nicht nach, und die Norweger landen bei der Gestapo. Sie werden in der Victoriaterrasse gefoltert, nach Deutschland geschickt, hingerichtet. Unter der Folter haben sie erzählt, Jubelius wisse etwas, was er nicht wissen solle.
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