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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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freie Familie von Schwertwalen, ferne Verwandte des alten Artisten Shamu in San Diegos Sea World.
    Nichts ließ sich auch nur ansatzweise damit vergleichen. Es war der größte Zeitungsskandal der schwedischen Pressegeschichte. Sämtliche Maschinen der Zeitung Expressen wurden im entscheidenden Augenblick, als sie gerade aufgestiegen waren, um sich dem alles entscheidenden Kampf des zweiten Tages zu stellen, abgeschossen.
    Es gab Menschen, die sich für immer an diesen Augenblick erinnern würden. Das erregte Triumphgefühl, das fast einen ganzen Tag anhielt, die Momente, in denen sich alle in der Zentralredaktion einfanden, um die Layouts für den morgigen Tag zu betrachten - bei solchen Anlässen wimmelte es von Leuten. Jemand stellte das Abendecho an, um zu hören, ob der Staatsrundfunk endlich irgendeinen Politiker dazu gebracht hatte, aus dem Bau zu kriechen.
    Das war gelungen. Sowohl der Ministerpräsident als auch die Justizministerin meldeten sich zu Wort.
    Doch bevor sie an der Reihe waren, ihre, wie sich herausstellte, selbstverständlichen Verurteilungen und ihre tiefe Entrüstung über den beispiellosen Verfall et cetera zum Ausdruck zu bringen, berichtete Erik Ponti, der nicht gerade als Freund von Expressen bekannt war, wie der Bluff schon in der heutigen Ausgabe enthüllt werden könne, dort stehe, sehr freundlich übersetzt, ungefähr: »April, April, ich mach’ mit dir, was ich will.«
    Wie gesagt, das war eine freundliche Übersetzung.
    Hamiltons ruhige, leicht nachsichtige Erklärung, hier habe die Abendzeitung ihre gewohnten Aktivitäten nur ein wenig überdehnt, obwohl sie sich diesmal aus unbegreiflicher Dummheit über die Regierung hergemacht habe statt über Kurden oder Araber, war so etwas wie eine Bestätigung der Katastrophe. Hamiltons feste Überzeugung kam wie mit besonderen Funkwellen durch den Äther.
    Die anschließenden Krisensitzungen dauerten fast die ganze Nacht. Die ersten Auflagen des Blattes sollten erst in fünf Stunden in Druck gehen, so daß noch genügend Zeit blieb, sich die Haare zu raufen.
    Einer der weniger dramatischen Beschlüsse bestand darin, Per L. Wennström früh am nächsten Morgen in Urlaub zu schicken. Expressen besaß eine eigene Insel in Westindien, auf die gelegentlich Journalisten geschickt wurden, die eine Belohnung verdient hatten, aber sie eignete sich auch als Versteck. Angesichts der arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Schweden kam eine Entlassung natürlich nicht in Betracht.
    Es war andererseits auch nicht möglich, ihn das Fernsehprogramm besprechen zu lassen, da die TV-Rezensenten in einem kleinen Kasten mit Foto und Namen gebracht wurden. Das hätte bedeutet, daß er mehrere Male pro Woche die Zeitung öffentlich repräsentiert hätte.
    Die strategische Entscheidung, die wahrhaftig nicht einfach war, mußte zunächst einmal warten. Der taktische Beschluß, in aller Eile eine Reise nach Westindien zu organisieren, konnte dagegen mit sofortiger Wirkung in die Tat umgesetzt werden.
    Carl hörte sich zu Hause bei Tessie das Abendecho an. Es hatte ihn beunruhigt, in der früheren Ausgabe nichts zu hören. Soviel er wußte, war dies eine der wichtigsten Sendungen des Tages. Er hatte sich schon interne Gegensätze, Streit und Sendeverbot vorgestellt. Aber da auch die Expre s sen -Version mit keinem Laut erwähnt wurde, ahnte er, daß der Streit noch nicht entschieden war.
    Was auch immer in der E c ho -Redaktion vorgekommen war, so war es jetzt vorbei.
    Fast alles war vorbei, nur das Wichtigste nicht.
    Tessie und er waren unmerklich in einen Zustand hineingeglitten, in dem sich ihre Gespräche konsequent um verbotene Zonen herum bewegten; sie sprachen nie von einer gemeinsamen Zukunft, scherzten nicht einmal darüber, wie sie es sonst immer getan hatten. Ihre Gespräche waren rückwärtsgewandt und drehten sich um eine andere Zeit.
    Carl tat Tessies Frage, warum er unbedingt die Spätnachrichten im Radio hören wolle, mit einer unwirschen Handbewegung ab und sagte, es habe etwas Streit gegeben, der jetzt vermutlich vorbei sei. Zumindest was ihn betreffe (sie hatte in der Sendung ja seine Stimme gehört).
    Es sei nichts Wichtiges, nur Dinge, die mit dem Job zu tun hätten. Anschließend wandte er sich wieder erleichtert der anderen Zeit zu.
    Es war ja so, daß sie seit jener gemeinsamen Zeit in der Vergangenheit zusammengehörten. Das hatten er und wahrscheinlich auch sie während dieser Zeit in Stockholm gespürt und verstanden. Vielleicht hatten sie es

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