Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
Fahndungspläne in der größten Abendzeitung des Landes publik machte.
Rune Jansson war der Pressesprecher bei diesen Ermittlungen. Er würde unmittelbar nach der Konferenz am Morgen seine erste Pressekonferenz abhalten. Er wußte sehr genau, was an die Öffentlichkeit dringen durfte und was nicht. Seinen eigenen Leuten vertraute er. Die würden nichts von Hakenkreuzen und ähnlichem durchsickern lassen. Wenn aber Säk beteiligt war, konnte da niemand mehr sicher sein.
Kam er schon verspätet beim Polizeirevier an, so verspätete er sich durch die Suche nach einem Parkplatz noch mehr. Sein persönlicher Parkplatz im Keller, dem wichtigsten Chefprivileg, wie jemand im Scherz gesagt hatte, war dem neuen Kripochef aus bürokratischen Gründen noch nicht zugeteilt worden.
Die Kollegen warteten auf ihn. Die meisten hatten sich schon gesetzt, als er den Sitzungssaal betrat. Er gab sich gar nicht erst die Mühe, eine Entschuldigung vorzubringen, sondern bat Johansson von der Spurensicherung, sofort loszulegen. Am Sonntagabend hatte sich auf der technischen Seite nämlich etwas getan.
Man hatte eine leere Patronenhülse gefunden. Der Fundort auf dem Grund einer mit Wasser gefüllten Blumenvase war den Beamten zunächst so unwahrscheinlich vorgekommen, daß sie glaubten, die Hülse habe nichts mit dem Fall zu tun.
Andererseits konnte man sich jedoch leicht vorstellen, daß der Täter oder die Täter, wie sorgfältig sie auch gesucht hatten, ebenfalls nicht auf die mit Wasser gefüllte Blumenvase gekommen waren. Überdies war der Bescheid vom waffentechnischen Labor des SKL sehr vielsagend, um nicht zu sagen eindeutig. Dort hatte man das Problem in weniger als zwei Stunden gelöst.
Die Hülse war von der Marke UZI und militärischen Ursprungs und mit einem militärischen Code versehen, den die Kollegen des BKA in Wiesbaden in ihren Listen hatten. Folglich waren Hersteller und Herstellungsjahr bekannt.
Die mikroskopische Untersuchung der Hülse mit allen Kratz und Aufschlagspuren ließ unzweifelhaft erkennen, was für eine Waffe verwendet worden war: eine Pistole der Marke Beretta 92 F. Die Identifizierung war völlig sicher.
Johansson vermutete, daß es im ganzen vielleicht zweihundert oder dreihundert Pistolen mit den entsprechenden Waffenscheinen gab. In erster Linie würden sie sich natürlich auf die Beretta-Waffenscheine konzentrieren müssen, die es in der Region Norrköping oder im Bekanntschaftskreis des Toten gab. Ja, und wenn auch aus keinem anderen Grund, um dieses oder jenes ausschließen zu können. Es war immerhin nicht sehr wahrscheinlich, daß jemand seine legale Waffe bei einem derart durchdachten und geplanten Mord einsetzte. Unwahrscheinlich war es wiederum auch nicht angesichts der Mühe, welche der Täter oder die Täter sich bei der Jagd auf die leeren Hülsen gemacht hatten, bevor sie den Tatort verließen.
In der Frage des Urins war man jedoch noch nicht sehr weit gekommen. Beim SKL hatte man sich zunächst damit begnügt, ein paar gut durchfeuchtete Teile der beschmutzten Generalsuniform auszuschneiden, um dann in der Zentrifuge zwei ziemlich kontaminierte Proben zu isolieren. Die Proben waren dann ans gerichtschemische Labor des Staates gegangen, wo man kaum mehr geschafft hatte, als eine organoleptische Untersuchung der Proben vorzunehmen.
In normaler Sprache bedeutete dies, daß man an dem Inhalt gerochen und festgestellt hatte, daß es sich um Urin handelte. Im Lauf des Tages würden eingehendere Untersuchungen erfolgen, und zwar während der normalen Arbeitszeit nach 9.00 Uhr.
»Soweit ich mich erinnere, habe ich selbst mit einigen Kollegen diese organoleptische Untersuchung schon am Sonnabend vorgenommen«, knurrte Rune Jansson übellaunig und erregte damit bei den Zuhörern eine nicht beabsichtigte Heiterkeit.
Er tat, als hätte er das Gekicher nicht gehört, und ging rasch zu der Frage über, was die Vernehmungseinheit erreicht hatte. Die Vernehmungen wurden von Rune Janssons Nachfolger beim Gewaltdezernat geleitet. Man nannte ihn Kapitän Seebär, möglicherweise weil er aus Göteborg stammte. Manchmal lief er auch unter dem Spitznamen Der Doppelkorporal, weil er gleichzeitig Rüstmeister beim Musikkorps der Luftwaffe war, Posaunist.
Kapitän Seebär begann mit dem Wesentlichen. Keiner der Nachbarn hatte einen Wagen bemerkt, der sich in der Gegend irgendwie auffällig verhalten hätte. Allerdings habe man bis jetzt nicht mehr als gut die Hälfte der Personen erreicht, die solche
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