Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
heißt zwei Millionen Dollar.«
»Du kannst nicht ganz bei Verstand sein.«
»Tja. Hunde, so viele du willst, schwer hinzukommen, Drahtzaun, wenn du willst, elektronische Überwachung, wenn du willst, die kriegen wir sicher gratis dazu. Außerdem wohnt man dort billiger als hier.«
»Wie meinst du das?«
»Wenn ich mal von deinen Fahrten zur Wache absehe. Den Preis mußt du schon bezahlen. Aber ein Landgut ist eine landwirtschaftliche Immobilie, und das bedeutet steuerlich eine völlig andere Welt. Man kann alles von der Steuer absetzen, was man dort ausgibt. Ich überspringe die Einzelheiten, aber eine Eigentumswohnung für drei Millionen ist teurer als ein Herrenhaus für zwölf Millionen, um die Sache abzukürzen.«
»Wer hat, dem wird gegeben.«
»Du bist heute ungewöhnlich biblisch. Aber das ist unser sozialdemokratisches System, du darfst nicht mir die Schuld geben. Ich bin noch nie Sozi gewesen. Ich habe den Reichen schon immer ihr Geld wegnehmen wollen, mit allem, was dazugehört.«
»Das Problem ist nur, daß du reich bist.«
»Das ist kein großes Problem, nur ein kleines Leiden. Außerdem kannst du nichts dagegen sagen, da du selbst reich bist. Man kann nicht nach Belieben über sein Leben bestimmen.«
»Ich habe siebentausend auf einem Sparbuch. Das ist alles. Zieh mich bloß nicht in diese Sache rein.«
»Und ob, es bedeutet nämlich, daß mir dreitausendfünfhundert von dem gehören, was du auf deinem Sparbuch hast. Außerdem besitzt du die Hälfte meines Vermögens. Und dein Kind wird alles erben, was ich besitze, und dein Geld dazu. So ist das Gesetz. Und du bist Polizeibeamtin und eine Dienerin des Gesetzes. Komisch, was?«
Das Gespräch versank wie ein Stein in dunklem Wasser, und sie aßen erneut schweigend. Er verfluchte sich selbst. Er liebte diese Frau um ihrer Ehrlichkeit willen, wegen ihres Glaubens an das Gute im Menschen und ihres natürlichen Rechtsgefühls, das mit seinem theoretischen nicht viel gemein hatte. Und er liebte sie auch, weil er nachts hinter ihr liegen konnte, wenn sie auf der Seite lag. Dann konnte er seinen Unterarm und die Hand fast heimlich auf ihren Bauch legen und fühlen, wie sich das Wunder dort drinnen bewegte. Und trotzdem kam es manchmal vor, daß er von ihr als von dieser Frau dachte.
»Wir können morgen zu den Mälarinseln rausfahren und dort einen Spaziergang machen. Wir können uns die Umgebung mal ansehen«, sagte er. »Du hast doch dienstfrei, bis es dunkel wird?«
Sie antwortete nicht.
3
Rune Jansson hatte ein schlechtes Gewissen wegen seines verpatzten Wochenendes. Es gab keine vernünftigen Gründe dafür, aber er wurde das Gefühl dennoch nicht los. Im Polizeidistrikt Norrköping gibt es pro Jahr durchschnittlich nur einen Mord mit einem unbekannten Täter, und der Kripochef muß dann ebenso wie seine Familie mit einem zerstörten Wochenende rechnen. Einem Siebenjährigen läßt sich so etwas jedoch kaum erklären. Papa war fast den ganzen Sonnabend nicht da gewesen und hatte außerdem fast den ganzen Sonntag telefoniert. So war es, welche vagen Versprechungen er sich auch hatte entschlüpfen lassen, als er sich um den Job bemühte.
Außerdem hatte er keine Zeit für sein Lauftraining gehabt. Dieser Silvesterschwur, mit dem er sich ständig selbst quälte. Er wurde ihm nie gerecht.
Seine schlechte Laune wurde durch das Wetter weiter verschlechtert. Dieser verfluchte Winter, der nie zu Ende gehen wollte. Zumindest versuchte Rune Jansson sich einzureden, daß es am Wetter lag, an dem Schneematsch, der unsicheren Straßenlage für die zu früh aufgezogenen Sommerreifen, an den Verkehrsstockungen, den roten Ampeln, die dafür sorgen würden, daß er ein paar Minuten zu spät im Sitzungssaal erschien. Und das ausgerechnet ihm. Er hatte sich so fest vorgenommen, sich als Chef nie zu verspäten.
Was ihn aber mehr als alles andere irritierte, hatte mit der Sache zu tun. Am Wochenende war es bei den Ermittlungen zu einer Hypothese gekommen, und die war unter den Kollegen von Säk entstanden, für die Rune Jansson keinen übertriebenen Respekt hegte. Wenn die Sicherheitspolizei in Norrköping nicht ihren Willen durchsetzte, würde nur die Zentrale hineingezogen, was schnell zu einem Chaos führen würde. Dann gäbe es nämlich zwei parallele Ermittlungen, eine der richtigen Polizei und eine von Säk.
Das konnte auch zu viel seltsamer Publizität führen, weil die geheime Polizei ihr geheimes Tun oft dadurch manifestierte, daß sie ihre
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