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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sprach.
    »Doch. Ich meine, daß es der Skandalpresse nicht gelungen ist, Dinge breitzutreten, die für uns schrecklich peinlich wären.
    Nein, eher quälend. Ich meine, für uns in der Familie.«
    »Sie meinen… die Art und Weise, wie Ihr Mann zugerichtet wurde?«
    »So kann man es ausdrücken, ja.«
    »Ich fürchte allerdings, daß wir darüber noch ausführlicher sprechen müssen, Frau af Klintén.«
    »Sie meinen über Hakenkreuze und… und derlei?«
    »Ja, genau.«
    »Unter der Bedingung, daß nichts herauskommt. Können Sie mir das zusagen?«
    Sie hatte ihm schon halb ihre Zustimmung gegeben und möglicherweise auch eine halbe Zusage. Er konnte ihr jedoch nichts von dem versprechen, was sie offenbar wünschte, daß nämlich »nichts« herauskommen würde. Die Polizei bemühte sich im Augenblick zwar darum, daß »nichts« herauskam, da sie früher oder später einen Verdächtigen verhören mußte, der am besten nicht schon alles in der Abendpresse gelesen hatte.
    Wenn dieser Verdächtige jedoch angeklagt wurde, würde es zum Prozeß kommen. Wenn man ihm die Tat nachwies, würde er seine politischen Motive eingehend erklären müssen. Und dann würde sich dieses Nichts schon bald in Alles verwandeln. Zumindest nach Herta af Klinténs mutmaßlicher Sicht der Dinge.
    »Sie zögern mit der Antwort, Kommissar Jansson?«
    »Ja. Lassen Sie es mich so sagen. Solange die Ermittlungen andauern, werde ich mein Äußerstes tun, damit diese Details nicht durchsickern. Das kann ich versichern.«
    Er schluckte und wandte sich ab. Er war verlegen, weil er ihr nur eine halbe Wahrheit gesagt hatte, die im Grunde eine Lüge war.
    Sie nickte langsam und nachdenklich. Um ihren Mundwinkel straffte sich die Haut.
    »Nun, was ist es denn, was Sie offenbar so gern wissen möchten?« fragte sie nach einer demonstrativen Pause. Sie betonte jedes Wort. Rune Jansson ahnte, daß er gleich zur Sache kommen mußte. Diese stählerne Frau würde er nie vorsichtig von der Grundlinie aus besiegen können. Er mußte gleich ans Netz.
    »Ihr Mann war während des Krieges offenbar Nazi-Sympathisant«, stellte er fest, schob seine Teetasse zur Seite und klappte das Notizbuch auf. In ihrem Fall war es besser, sich Notizen zu machen, statt ein Tonbandgerät zu benutzen. Das würde sie eher schweigsam machen.
    »Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen, Kommissar Jansson?« fragte sie mit plötzlich gesenkter Stimme, als hätte seine einfache Frage sie mittschiffs getroffen.
    »Ja, natürlich«, erwiderte er schnell.
    »Wann sind Sie geboren?«
    »Sie meinen, in welchem Jahr?«
    »Ja. Ich habe nicht nach dem Sternzeichen gefragt.«
    »1943.«
    »Dann waren Sie am Ende des Zweiten Weltkrieges also zwei Jahre alt.«
    »Ja, ungefähr, ja.«
    »Was wissen Sie über den Zweiten Weltkrieg?«
    Die Frage verwirrte ihn. Er mußte nachdenken, bevor er antwortete.
    »Ich nehme an, ich habe eine normale Allgemeinbildung. Warum wollen Sie das wissen?«
    »Weil das, was Sie normale Allgemeinbildung nennen, nichts weiter bedeutet, als daß Sie das Urteil der Geschichte im Gepäck haben. Sie haben nur die Protokolle dessen im Gedächtnis, der hinterher schlauer ist als andere vorher.«
    »Aber Ihr Mann war in den Vierzigern und Sie selbst in den Dreißigern, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Sie haben das also anders erlebt, sozusagen eine andere Geschichte, oder wie soll ich das ausdrücken?«
    »Eine andere Geschichte auf keinen Fall. Was geschehen ist, ist geschehen. Aber natürlich haben wir alles anders erlebt.«
    Sie sah nachdenklich aus und blickte aus dem Fenster. Rune Jansson schob sein Notizbuch zur Seite.
    »Erzählen Sie mir davon, wie Sie alles erlebt haben. Lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen«, sagte er leise. Er bereute seinen Entschluß schon im selben Augenblick. In Norrköping wartete eine unangenehme Besprechung mit dem Polizeipräsidenten auf ihn. Sein Berufsinstinkt sagte ihm jedoch, daß das, was sie erzählte, wichtig sein konnte. Außerdem würde es leichter sein, Fragen zu stellen, nachdem sie eine Verteidigungsrede gehalten hatte.
    Diese Verteidigungsrede wurde kürzer und konzentrierter, als er sich vorgestellt hatte. Sie lief darauf hinaus, daß manche in Schweden damals in erster Linie mit Deutschland sympathisiert hätten und nicht mit dem Nationalsozialismus. Der Fehler bei den Nazis sei zunächst gewesen, daß ihre Ideologie linksgerichtet schien. Der Nationalsozialismus sei in den Augen mancher Schweden so etwas

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