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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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durchmogeln zu können meinte.
    Es war vier Uhr nachmittags. Er konnte ebensogut nach Hause gehen und das Essen vorbereiten. Nein, dann mußte er auch einkaufen, und mit seinem wiedergewonnenen Aussehen wollte er nicht in einen Supermarkt gehen, obwohl das Risiko, wegen Ladendiebstahls verdächtigt zu werden, jetzt beseitigt war. Er konnte aber nach Hause gehen und etwas früher trainieren, damit sie früher essen konnten, denn Eva-Britt schien das so lieber zu haben.
    Er streckte die Hand nach dem Telefonhörer aus, um sie anzurufen. In diesem Moment betrat Beata das Zimmer und legte ihm einen gelben Telefonzettel auf den Tisch. Es hatte den Anschein, als wollte sie gleich wieder gehen.
    »Was soll das, Telefonzettel?« fragte Carl erstaunt. Hunderte von Menschen wollten ihn jede Woche in den verschiedensten Angelegenheiten sprechen, angefangen bei Theorien darüber, welche Absicht die Sowjetunion mit ihren Mini-U-Booten verfolge, bis hin zu der Frage nach dem wahren Willen Gottes, aber es kam niemand durch. Die Telefonistinnen des Generalstabs hatten das schon zu einer Gewerkschaftsfrage über Neueinstellungen oder höhere Gehälter gemacht. Er bekam ganz einfach keine Telefonzettel.
    »Sie hat Sam angerufen und gesagt, sie kenne dich, und Sam hat mich gebeten, dir den Zettel zu geben«, sagte die Sekretärin und ging hinaus.
    Carl betrachtete den gelben Zettel. Er hatte Klebstoff am Rand, der ihn auf der Schreibtischplatte festhielt.
    Grand Hotel Zimmer 450 Telefon 22 10 20 Tessie O’Connor.
    Ruf mich so schnell wie möglich an.
    All seine schwedische Geborgenheit, all das Vorhersehbare, die lange, lineare Zukunft mit oder ohne Herrenhaus auf den Mälarinseln - Eva-Britt war nicht sonderlich entzückt gewesen - fuhr plötzlich Achterbahn mit ihm. Seine Welt stand Kopf.
    »Nein!« fauchte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und zerknüllte mit weiß werdenden Knöcheln den Telefonzettel.
    Dann überlegte er es sich und strich mit vorsichtigen Bewegungen den Telefonzettel glatt und befestigte ihn vor sich auf der braunen Schreibtischplatte. Er las ihn einige Male von Anfang bis Ende durch, während er nachzudenken und sich zu entscheiden versuchte.
    Dann griff er entschlossen, mit verzweifelter Entschlossenheit, zum Telefonhörer und rief die Wachhabende der Polizeiwache 1 an.
    »Hej«, sagte er kurz und gehetzt, »es sind einige Komplikationen entstanden. Ich werde wahrscheinlich sehr spät nach Hause kommen.«
    »Was ist das für ein komisches Heulen in der Leitung. Rufst du vom Auto aus an?« fragte sie munter.
    Carl betrachtete verblüfft den Hörer in der Hand. Aus Versehen oder aus Instinkt hatte er die abhörsichere Leitung benutzt.
    »Nein«, lachte er, »es ist nur ein Funktelefon. Es ist nichts Gefährliches. Ich werde mich wahrscheinlich nur etwas verspäten. Du solltest vorsichtshalber etwas essen. Dann können wir sehen, ob wir noch ein Stück Brot essen, wenn ich nach Hause komme.«
    »Mit Sardinen, Oliven und Ketchup«, kicherte sie.
    Sie hatte in letzter Zeit Appetit auf merkwürdige Dinge. Es war genauso, wie man es Schwangeren nachsagte.
    Rune Janssons Befürchtungen bewahrheiteten sich sehr schnell. Es würde nicht leicht sein, Herta af Klintén erneut zu verhören. Ihr harter Blick war in dieser Hinsicht mehr als deutlich, und Rune Jansson verfluchte im stillen seine moderne schwedische Nettigkeit als Chef; es war ja Kapitän Seebärs Job gewesen. Er war für die Vernehmungseinheit bei der Ermittlung verantwortlich. Es war natürlich vernünftig, daß Kapitän Seebär einen Tag oder zwei in Göteborg blieb, um den Sack zuzumachen, was die wilden Kurden und Kommunistenspuren der Sicherheitspolizei betraf. Je eher da alle Zweifel ausgeräumt wurden, um so besser.
    Jetzt saß er also mit einer überdimensionalen englischen Teetasse in der einen Hand da und versuchte mit der andere, krümelige Scones zu manövrieren.
    »Ich muß trotzdem sagen, daß es etwas gibt, wofür ich der Polizei dankbar bin. Das hat sie wenigstens gut erledigt«, sagte sie, als sie die Teetasse auf eine Weise hinstellte, die Rune Jansson vermuten ließ, es gäbe irgendeine geheime Oberschichtregel, derzufolge Tee jetzt nicht mehr getrunken werden dürfe.
    »Es gibt wirklich… wirklich nicht viel, wofür Sie dankbar zu sein hätten… uns gegenüber, meine ich«, erwiderte Rune Jansson verlegen, da der mehlige Teekuchen ihm am Gaumen klebte und er versuchen mußte, ihn mit der Zunge wegzuschieben, während er

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