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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wie eine nationalistische Form von Sozialdemokratie gewesen. Die Nazis seien demnach als eine Art schneidigerer Sozis erschienen.
    Nein, es ging um Deutschland. Die deutsche Sprache war in den Schulen die erste Fremdsprache, die jeder gebildete Mensch sprach, so wie heute Englisch. Deutsche Literatur stand im Vordergrund, deutsche Weine, Ferienreisen nach Deutschland, sogar deutsche Badestrände für moderne Menschen, die sich für Strandbäder interessierten. Für Militärs war natürlich auch die deutsche Wehrmacht interessant, ferner deutsche Technologie, deutsche Luftschiffe, die den Atlantik überquerten, deutsche Ferngläser, die besser waren als alle anderen, und so weiter.
    Deutschland war so etwas wie der große Bruder der Familie, ja, der große Bruder der germanischen Sprachgebiete. Schweden war dagegen wie eine Provinz, die in ihrer Geschichte zwar auch ein paar Walküren aufzuweisen hatte und all das, die aber doch nur die arme Cousine vom Lande war. Es war damals nicht merkwürdig, Deutschland zu bewundern und Deutschland-orientiert zu sein. Merkwürdig wäre es eher umgekehrt gewesen.
    Also Deutschland zuerst, und dann erst der Nationalsozialismus, wenn auch mit einem gewissen Mangel an Begeisterung, eher aus Loyalität gegenüber Deutschland, zu dem man immer halten mußte. Mit Deutschland mußte man durch dick und dünn gehen, selbst wenn an seiner Spitze ein etwas lächerlich wirkender linksgerichteter Gefreiter stand.
    Rune Jansson begann sich unkonzentriert zu fühlen. Möglicherweise war einiges dran an dem, was sie sagte. Natürlich wird die Geschichte von den Siegern geschrieben, natürlich ist es leicht, hinterher schlau zu sein, natürlich konnte es Deutschlands Größe als Nation gewesen sein, was bei den schwedischen Nazi-Sympathisanten im Vordergrund stand, jedenfalls eher als Judenhaß und Blutromantik. Vor diesem Hintergrund mußte es jedoch noch konkretere Dinge geben.
    Jemand hatte den alten General unbeschreiblich gehaßt. Dieser Haß mußte mit der Nazi-Sympathie des Mannes zusammenhängen. Daher das dem Opfer in die Brust geschnittene Hakenkreuz. Wie schon seine eigene Tochter Louise betont hatte, konnte man kaum davon ausgehen, daß jemand seine Signatur eingeritzt hatte.
    Wer einen alten General dafür haßte, daß dieser vor einem halben Jahrhundert auf Deutschlands Seite gestanden hatte, mußte mehr als nur ein ideologisches Motiv dazu haben. Der alte Scheißkerl mußte etwas getan haben. Er mußte jemandem geschadet oder eine Karriere ruiniert oder jemanden getötet haben, und dies gerade aufgrund seiner Nazi-Sympathien, ob diese naiv und unwissend gewesen waren oder nicht.
    Jetzt ging es darum, mit dem Fragen zu beginnen, um eine Spur zurück in die Vergangenheit zu finden, die anschließend wieder in die Gegenwart führte, zu dem haßerfüllten Racheakt. Rune Jansson zog wieder sein Notizbuch zu sich heran, als er den Eindruck hatte, daß das ideologische Plädoyer der Frau sich im Leerlauf zu drehen begann.
    »Wenn Sie entschuldigen, Frau af Klintén… Jetzt, da ich diesen sehr interessanten Hintergrund bekommen habe, könnten wir…?«
    Er machte eine fragende Handbewegung zu seinem Notizbuch, und sie nickte stumm ihr Einverständnis.
    »Ihr Mann war also während des gesamten Zweiten Weltkriegs Berufsoffizier?«
    »Ja, natürlich.«
    »War er zu irgendeinem Zeitpunkt außerhalb Schwedens stationiert? Hat er beispielsweise freiwillig in Finnland gekämpft oder so?«
    »Nein, niemals. Er hat sich zwischen 1939 und 1945 kein einziges Mal außerhalb Schwedens aufgehalten. Ich selbst übrigens auch nicht.«
    »Aha. Wissen Sie, ob er irgendeinem Geheimbund angehörte?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Jaa… es gab ja damals viele schwedische Offiziere, die Deutschlandfreunde waren. Hatten die irgendeine Vereinigung oder so was?«
    »Nein, soviel ich weiß, nicht. Wie in allen anderen Zusammenhängen sucht man sich wohl auch seinen privaten Umgang zum Teil nach gemeinsamen Sympathien oder Antipathien aus, aber wenn Sie damit eine Organisation oder so etwas meinen, daran glaube ich nicht. Man muß ja wirklich bedenken, daß Offiziere in erster Linie verpflichtet sind, Schweden zu schützen. Und, sagen wir, übertriebene Sympathien für ein fremdes Land könnten ja sogar als landesverräterisch angesehen werden. Und manchen sogar die Karriere kosten, was wohl auch der Fall war. Zumindest nach Stalingrad.«
    »Wieso Stalingrad?«
    »Als das Kriegsglück sich drehte. Die berühmte

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