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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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aus, als hätte der Bursche gewußt, was er tat.«
    »Dann kommen wir zur nächsten Frage. Warum liegt eine Hülse dort, wo er geschossen hat?«
    »Wie weit lag die Hülse von der Abschußstelle entfernt? Zwei, drei Meter oder was?«
    »Nein, sozusagen neben den Füßen.«
    »Merkwürdig.«
    »Wieso?«
    »Ja, wie du wohl schon weißt, ist .308 ein recht gewöhnliches militärisches Kaliber, und wenn man mit einer halbautomatischen Waffe schießt, wird die Patronenhülse hinausgeschleudert, während die nächste Patrone wie bei einer Pistole in den Lauf gedrückt wird. Dann kann es schwierig werden, sie zu finden, wenn man es eilig hat, sich vom Tatort zu entfernen. Aber wenn die Hülse gleich neben den Füßen liegt, wie du sagst, handelt es sich nicht um eine automatische Waffe. Das würde bedeuten, daß der Schütze nachgeladen hat, daß er die leere Hülse mit der Hand herausgezogen und die nächste Patrone in den Lauf gedrückt hat, während er versuchte, die Wirkung seines Schusses zu überblicken. Dann hätte er allerdings die leere Hülse mitnehmen müssen. Hat diese Hülse irgendwas Besonderes, da du fragst?«
    »Ja, es ist eine türkische.«
    »Was, türkisch? Ein pensionierter schwedischer Konteradmiral wird mit türkischer NATO-Munition erschossen?«
    »Ja.«
    »Merkwürdig. Aha, das beweist natürlich, daß hier Kurden am Werk gewesen sind. Schließlich weiß jedes Kind, daß alle türkischen Kurden freien Zugang zu NATO-Munition haben. Glaubst du, daß jemand die Hülse hingelegt hat?«
    »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Das Ding lag so säuberlich da, unmöglich zu übersehen, genau am Tatort.«
    »Ist der Mörder mit einem Wagen gekommen?«
    »Ja, wieso?«
    »Ich habe das Gefühl, daß es danach aussieht. Ich wäre jedenfalls mit einem Wagen gekommen. Dann kann man von Zeit zu Zeit am Haus vorbeifahren, während eines Abends sogar mehrmals. Wenn das Opfer wie eine Zielscheibe dasitzt. Wahrscheinlich war der Raum hell erleuchtet, da er Schiffsmodelle baute. Dann steigt der Täter ruhig aus, holt das Gewehr unter einer Wolldecke vom Rücksitz, benutzt das Wagendach als Stütze, feuert einen Schuß ab, nimmt das Gewehr herunter und legt es zurück. Er setzt sich in den Wagen und fährt langsam vom Tatort weg. Ist der Mörder so vorgegangen?«
    »Wir glauben es jedenfalls.«
    »Okay, es ist ein guter Mann, er weiß, was er tut. Eins stimmt aber nicht, wie ich glaube, und das ist die Hülse. Einer, der bei der Vorbereitung des Schusses alles richtig macht, dürfte ein sicherer Schütze sein. Und aus dreiunddreißig Meter Entfernung trifft er bombensicher. Er lädt nicht durch, weil er genau weiß, daß er im selben Augenblick treffen wird, in dem er den Abzug drückt. Bei dieser leeren Hülse wäre ich sehr skeptisch.«
    »Kann man erkennen, ob eine bestimmte Kugel tatsächlich zu einer bestimmten Hülse gehört?«
    »Das glaube ich nicht, aber danach mußt du das Labor fragen. Du kannst aber sicher sein, daß das Kaliber der Kugel mit dem der Hülse übereinstimmt. Entweder gehören die beiden Dinger zusammen, oder es ist eine absichtlich ausgelegte falsche Fährte, aber selbst dann dürften Hülse und Kugel zusammenpassen. Wie es auch immer sei, du hast es mit einem Mann zu tun, der zu schießen versteht und Zugang zu türkischen Hülsen hat.«
    »Interessant. Ja, du schickst aber diese Personalien, oder wie wir die nennen wollen?«
    »Du hast sie spätestens übermorgen. Ach, noch etwas!«
    »Ja?«
    »Richte so einen schriftlichen Wunsch um Amtshilfe an unseren Chef. Ich habe im Gefühl, daß du eine positive Antwort bekommst. Und für uns wird es einfacher, der Polizei ins Handwerk zu pfuschen, wenn sie uns selbst darum bittet.«
    »Das werde ich tun. Du hast den Brief spätestens übermorgen. Besten Dank für die Hilfe, das ist wirklich wertvoll für uns.«
    »Nicht der Rede wert. Es ist immer angenehm, fast immer, dir dabei zu helfen, Mörder zu finden, hehe.«
    Carl fühlte sich sehr zufrieden, als er auflegte. Ein nicht unbedeutendes bürokratisches Problem hatte sich von selbst gelöst. Jetzt liefen sie nicht mehr Gefahr, als Nachrichtendienst die Arbeit der Polizei zu stören.
    Er grübelte kurz über die türkische Hülse nach und rief dann Åke Stålhandske an. Er überbrachte ihm die gute Neuigkeit, daß sie gemeinsam eine Operation durchführen sollten, weshalb der Unterricht bei den Küstenjägern auf unbestimmte Zeit verschoben werde. Carl brachte es jedoch nicht über sich, näher

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