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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sie sich befänden, und unabhängig davon, was sie von Palme hielten (der ja immerhin eine Vergangenheit bei einem westlichen und USA-orientierten Nachrichtendienst und nicht beim russischen hatte, dachte er).
    Eine Spionageorganisation, ob russisch oder amerikanisch, könne so große Operationen nicht durchführen. Jedenfalls in politischer Hinsicht groß, nicht in taktischer, denn es sei ja eine Kleinigkeit, einen einzelnen Mann zu erschießen. Operationen dieser Größenordnung ließen sich ohne Zustimmung der politischen Führung nicht durchführen. Und deren Zustimmung würde aus einem einfachen Grund kein Mensch erhalten: Die politischen Risiken waren einfach zu groß, wenn man geschnappt wurde. Keine Regierung würde ein solches Risiko eingehen, als Meuchelmörder dazustehen, unabhängig davon, wie viele leicht zu erschießende Schurken es auf Präsidenten und Premierministerposten auf der ganzen Welt auch gab.
    »Ja, aber Profis, ja, also richtige Profis wie du selbst, hebe, könnten doch wohl einen einfachen Mord erledigen, ohne jedes Risiko, geschnappt zu werden?«
    »Ja«, entgegnete Carl kalt mit der Absicht, der Diskussion ein Ende zu machen, »niemand hat mich ja in diesen Wagen einsteigen sehen. Kein Mensch weiß, wohin ich unterwegs bin und wo ich mich befinde. Nur du, natürlich. Es gibt keinerlei Verbindung zwischen uns. Wenn ich dich an der nächsten Ampel unauffällig ermorde, den Wagen wegfahre und irgendwo davonspaziere, wird dieser Taximord nie aufgeklärt werden.«
    Die Fahrt wurde unter kühlem Schweigen fortgesetzt. Als die Ampel an der Strömbron auf Rot sprang, drehte sich der Fahrer nervös zu Carl um. Dieser erkannte, daß er noch einige Dinge sagen sollte, um eventuelle Mißverständnisse auszuräumen.
    »Ich habe nur gemeint«, sagte er müde, »daß man zwischen dem, was wahrscheinlich ist, und einem kalkulierten politischen Risiko unterscheiden muß. Wenn ich dich ermorde, geht das sicher gut. Aber wenn ich aussteige, fällt mir ein Dachziegel auf den Kopf, und ich bleibe am Tatort liegen, und alles wird aufgeklärt; die schwedische Regierung befindet sich plötzlich im Erklärungsnotstand, und alles wird zu einer Hölle, nur für dich und mich nicht, je nachdem, wie der Dachziegel getroffen hat. Das ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber die Gefahr eines unvorhergesehenen Flops , wie es in der Spionagesprache heißt, ist nie geringer als drei oder vier Prozent. Und für eine Regierung ist das ein zu großes Risiko, um selbst den idiotensichersten Plan zu billigen, denn wirklich idiotensichere Pläne gibt es nicht. Mehr habe ich nicht gemeint. Folglich haben weder CIA noch KGB Olof Palme ermordet.«
    Er ließ den Wagen zwei Blocks vor der richtigen Adresse halten und verlangte eine Quittung ohne Streckenangabe. Dann ging er in die falsche Richtung, bis das Taxi außer Sichtweite war.
    Er hatte vergessen, nach dem Türcode zu fragen, und mußte so fluchend mehrere Minuten damit verbringen, den Code zu knacken, bevor er überhaupt ins Haus kam. Inzwischen war es nach elf, und er hätte schon »gegen zehn« kommen sollen.
    »Hallo, du Spion, der immer pünktlich kommt«, sagte sie, als sie die Tür aufmachte.
    »Tut mir schrecklich leid, aber es ist so, daß…«
    Sie verstummte und brachte ihn zum Schweigen, indem sie ihm einen Zeigefinger auf den Mund legte, während sie mit dem anderen Arm hinter ihn langte und die Tür zuzog.
    »Schh! Keine Erklärungen, das macht alles nur schlimmer«, sagte sie und ersetzte den Zeigefinger blitzschnell durch ihren Mund.
    Er begann sich während ihres langen Kusses zu schämen. Er schämte sich, weil er nach Whiskey roch, weil er zu spät gekommen war, weil er überhaupt gekommen war, weil er alle Menschen anlog und eben um ein Haar auch sie angelogen hätte, und weil sich das Verlangen um so unwiderstehlicher seiner bemächtigte, je länger sie sich küßten. Das spürte sie natürlich, und es blieb auch auf sie nicht ohne Wirkung, was ihn seltsamerweise beschämte.
    Schließlich machte sie sich vorsichtig frei und hielt sein Gesicht zwischen den Handflächen, als wollte sie ihm jede andere Blickrichtung versperren. Dann begann sie, auf ihre besondere Weise zu lächeln und nickte mit dem Kopf, als hätte sie alles verstanden, was sich verstehen ließ.
    »Komm jetzt. Geh jetzt sofort mit mir ins Bett oder verliere mich für immer«, sagte sie und lachte dabei laut auf. Es hörte sich an, als äffte sie eine Filmreplik nach.
    Er gehorchte auf der

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