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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gehen. Her mit einem Gesprächsthema ohne Hakenkreuze.«
    »Etwa wie wir studieren sollen, um Kapitänleutnants zu werden«, bemerkte Joar Lundwall säuerlich. »Wenn man der Marine angehört, was wir ja zufällig tun, bedeutet das mehrere Monate draußen auf Berga. Wie hast du dir das gedacht?«
    »Eine andere Lösung«, erwiderte Carl leichthin und sah erneut auf die Uhr. »Wir machen einen Umweg. Ihr werdet erst Sektionschefs, und anschließend wird der zivile Titel in einen militärischen Dienstgrad umgewandelt, und dann seid ihr Kapitänleutnants. Für den Sektionschef braucht ihr keinen besonderen Kurs. So einfach geht das.«
    Die beiden anderen starrten ihn ungläubig an, als glaubten sie wider alle Vernunft, er könne sich mit ihnen einen Scherz erlauben, ohne daß sie es merkten.
    »Bürokratische Probleme sind dazu da, überwunden zu werden«, erwiderte er auf ihre unausgesprochene Frage und breitete die Arme zu einer amerikanischen Geste aus, die in etwa bedeutete, Bürokraten sind dazu da, hereingelegt zu werden.
    »Und was ist mit unserer Verstärkung? Wann kommen sie?
    Wie geht es ihnen, und was sind es überhaupt für Leute?« fragte Åke Stålhandske müde, da er sich im Grunde nur dazu zwang, ein Gesprächsthema zu finden.
    »In einem Jahr oder ein halbes Jahr später. Das hängt von der zivilen Seite ab. In einer Woche oder so fliege ich zu einer Inspektionsreise rüber. Ihr kennt das ja schon.«
    »Um einen amerikanischen Fregattenkapitän zu spielen«, lächelte Joar Lundwall. Er nickte mit dem Kopf, um zu zeigen, wie gut er sich an den Schwindel erinnerte, dem er selbst und Åke Stålhandske einmal ausgesetzt gewesen waren.
    »Genau«, erwiderte Carl. »Die gleiche Prozedur, wenn sie nicht woanders…«
    Er hielt plötzlich inne, als er seinen schrecklichen Denkfehler erkannte. Mit einer irritierten Geste stellte er sein Whiskeyglas hin, denn dort sah er die Erklärung für seine Unfähigkeit, das Selbstverständliche zu erkennen.
    »Es ist natürlich so«, sagte er ernst und zögernd, bevor er verlegen lächelte, »daß meine Möglichkeiten, euch den anonymen Amerikaner vorzuspielen, größer waren, als sie bei unserem Freund Luigi und bei Göran sein werden. Die werden mich nämlich höchstwahrscheinlich wiedererkennen…«
    Die beiden anderen lachten gleichzeitig los. Der bekannteste und am meisten wiedererkannte geheime Nachrichtendienstmann der Welt würde nicht einmal draußen in Ridgecrest in der Mojave-Wüste sonderlich anonym sein.
    »Du kannst dir ja einen falschen Bart ankleben«, schlug Joar Lundwall vor.
    »Oder dich anmalen, damit man dich für einen Schwarzen hält«, fügte Åke Stålhandske hinzu.
    »Hieß einer von ihnen Luigi? Was für ein ungewöhnlicher Name«, überlegte Joar.
    »Er ist Halbitaliener. Luigi Svensson hat eine italienische Mutter und einen schwedischen Vater, ist also von klein auf zweisprachig. Das kann sich irgendwann mal als wertvoll erweisen, aber wenn die Herren entschuldigen, ich muß jetzt wirklich gehen.«
    Carl stand auf und gab den beiden die Hand, ohne allzu feierlich oder allzu lässig zu sein. Er schlug vor, die beiden sollten noch austrinken was da sei, und falls nötig den Vormittag frei nehmen. Die Operation sei ja ohnehin langfristig angelegt, ein paar Stunden mehr oder weniger würden die Wahrheit nicht verändern.
    Als Carl gegangen war, widmeten die beiden sich pflichtschuldigst eine Weile dem Versuch, ihre Pläne zu koordinieren. Wenn Joar sich in Göteborg mit den Spionagegeschichten der Nazis beschäftigte, würde Åke in Stockholm für die fragliche Zeit das gleiche tun.
    Sie hielten das nicht für eine Methode, die ein sofortiges oder endgültiges Ergebnis bringen würde, waren sich aber darin einig, daß es getan werden mußte. Wenn man alles las, was in diesen Dokumenten festgehalten war, mußte es erstens eine ganze Menge Personenangaben ergeben, die in den Urteilsbegründungen nicht mehr enthalten waren. Zweitens mußten sich daraus weitere Hinweise ergeben, zum Beispiel auf das Archiv der Sicherheitspolizei, falls man diese Nazis in der fraglichen Zeit als Feinde des Reiches betrachtet hatte, was zumindest nach Stalingrad der Fall gewesen sein dürfte.
    Überdies konnte damals kaum jemand so etwas wie ein freischwebender Nazi gewesen sein, ohne Kontakt zu Gleichgesinnten zu unterhalten. Es mußte eine Menge Menschen innerhalb und außerhalb der Streitkräfte gegeben haben, die tatsächlich der Meinung waren, Deutschland werde den

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