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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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zog unwillkürlich die Schultern hoch.
    »Im Arbeitszimmer. Herr Gieselke hat da einen winzigen Safe.«
    »Die Kombination kennen Sie natürlich, falls Sie den Schlüssel holen müssen.«
    »Aber nein!«, lachte Maul verhalten. »Herr Gieselke holt ihn immer selbst. Wenn er jedem die Nummer verrät, braucht er ja keinen Safe mehr!«
    Nachtigall schüttelte sacht den Kopf. »Welche Arbeiten im Haus übernehmen Sie noch?«
    »Meine Mutter arbeitet ja dort. Und ihr helfe ich manchmal. Und natürlich dürfen wir uns in der Küche Tee kochen. Zum Aufwärmen. Und bei schwerer Arbeit gibt es was zu essen.«
    »Sie besitzen einen Schlüssel zum Haus?«
    »Klar. Brauch ich doch.«
    »Und wenn Sie den mal zu Hause vergessen? Kommen Sie dann auch auf einem anderen Weg ins Haus?«
    Wolfgang Maul lachte und entblößte dabei große, gepflegte Zähne. »Den vergesse ich nicht! Der ist doch an meinem Bund.«
    Klappernd zog er ein dickes Schlüsselbund aus der Tasche, das an einer langen Kette mit einem stabilen Karabinerhaken an der Hose befestigt war und legte es auf den Tisch. »Aber wenn ich’s nicht dabei hätte, wär’s auch nicht so schlimm. Man kommt auch ohne Schlüssel ins Haus.«
    Nachtigall beugte sich interessiert vor.
    »Klar«, strahlte der junge Mann. »Man muss ja nur klingeln.«
     
    Albrecht Skorubski sprach in einem Nebenraum mit Wolfgang Mauls Mutter, Friederike.
    »Ich arbeite schon lange für die Familie. Schon vor der Geburt von Wolfgang. Im Allgemeinen gab es keine Probleme. Frau Gieselke wurde allerdings in den letzten Jahren ziemlich zickig – aber sie hat es auch nicht leicht.«
    In ihren wässrig-blauen Augen unter der violetten Dauerwelle entdeckte Skorubski einen gierigen Schimmer, der ihm signalisierte, die Zeugin warte nur darauf, dass er nach dem ausgeworfenen Köder schnappe. Er beschloss nach einigem Zögern, ihr den Gefallen zu tun. »Sie hatte es nicht leicht?«
    Skorubski beobachtete angewidert, wie ein triumphierender Glanz über ihr Gesicht zuckte.
    »Ach ja. Die arme Frau«, seufzte Friederike Maul nun theatralisch auf. »Männer können eine echte Belastung sein! Olaf Gieselke hat doch nur seine Gurken im Kopf. Kaum, dass man sich mit ihm mal über ein anderes Thema unterhalten kann. Die Ernte, die aktuellen Absatzzahlen, neue Einzelhandelsketten, die seine Gurklinge ins Sortiment aufnehmen wollten – du liebe Zeit! Geld verdienen und Geld horten! Und sein zweites Lieblingsthema ist die Jagd. Sie glauben ja gar nicht, wie lange man von Pirsch, Lauer und Schuss erzählen kann, von Schweißspuren und von Fuchsbauten. Na, als wär’s damit nicht genug, kamen seine Weibergeschichten dazu! Einmal hat sie sogar damit gedroht, ihn zu verlassen. Aber wir Frauen, wir haben eben ein großes Herz!«
    Als sie die Arme ausbreitete, um ihre Worte zu unterstreichen, fürchtete Skorubski kurz, sie könne versuchen, ihn über den Tisch hinweg an ihre Brust zu ziehen. Geistesgegenwärtig schob er seinen Stuhl etwas zurück.
    »Sie hat wohl besonders unter den Affären ihres Mannes gelitten.«
    »Aber natürlich! Irgendwann hat sie einfach versucht, das Beste aus der Sache zu machen. Und alles nur wegen Johannes. Er sollte in einer intakten Familie aufwachsen. Intakt! Da kann ich ja nur lachen. Aber ich weiß, dass sie sogar gelernt hat, das erjagte Wild fachgerecht zu verarbeiten.« Friederike Maul beugte sich verschwörerisch über den Tisch. »Unten im Keller gibt es ein richtiges kleines Schlachthaus – das sollten Sie sich mal ansehen!«
    Skorubski räusperte sich. »Frau Maul – es wurde nicht der Gatte ermordet, sondern der Enkel der Familie. Es ist unwahrscheinlich, dass die Großmutter den Jungen erschossen haben könnte«, rief der Kripobeamte seiner schwatzhaften Zeugin ins Gedächtnis.
    »Woher wollen Sie das so genau wissen? Eventuell war es schlicht der Versuch, das Erbe der Gieselkes in der Familie zu halten!«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Ach, das wissen Sie wohl noch gar nicht?« Frau Maul lachte keckernd, verdrehte die Augen in Richtung Decke und krähte: »Selbst der ach so liebenswerte Großvater hätte ein Motiv!«
     
    Michael Wiener saß mit Erika Münzer, der Haushälterin der Gieselkes, in seinem Büro.
    »Im Dorf sagen die Leute, man hätte es wissen können, die Todesvögel seien die Vorboten gewesen. Und sie behaupten, es wird noch mehr Tote geben, die Vögel würden nie nur für ein Opfer kommen«, flüsterte die junge Frau und sah Wiener aus großen, dunklen Augen

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