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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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freuen sich sehr über eine solche leicht zu erbeutende Fleischportion.« Er legte den Koffer auf dem Tisch ab und ließ die Schlösser aufschnappen. »Auf der anderen Seite hatte der Mensch schon früh Freude am Besitz und der Zucht dieser Tiere. Man hat sich auch gern ihre besonderen Flugfähigkeiten zunutze gemacht. Denken Sie nur an die Brieftauben. Da war es natürlich besonders ärgerlich, wenn der Briefbote von einem Habicht geschlagen wurde. Deshalb sann man auf eine Methode, dem Raubvogel den Appetit zu verderben. So entstanden bereits vor 4.000 Jahren die ersten Flöten.«
    »Flöten?«, wunderte sich der Besucher und Felix Andermatt nickte. Er schlug den Deckel zurück und präsentierte stolz seine Sammlung. Die Flöten bestanden aus drei oder mehr kleinen Röhren und erinnerten Peter Nachtigall an Bruchstücke von Miniaturpanflöten.
    »Taubenflöten. Man steckt sie der Taube ins Schwanzgefieder. Wenn sie fliegt, erzeugt der Luftstrom Töne. Der Wind spielt dabei auf dem winzigen Instrument.«
    Mit sicherer Hand griff er nach einem der grauen Vögel. »Sehen Sie, das ist Gertrud. Sie ist eine meiner Flötentauben.«
    Er nahm eine grüne Flöte aus dem Koffer und schob sie mit geübtem Griff zwischen Gertruds Schwanzfedern, ruckelte ein paarmal, bis er sicher war, das Instrument gut fixiert zu haben. Dann öffnete er eine der Luken und setzte die Taubendame davor ab. Sie ließ sich nicht lange bitten. Mit elegantem Schwung stürzte sie sich ins Freie und einige Artgenossen folgten. Gertrud zog ihre Bahnen immer höher am Himmel und eine Folge lang gezogener, schwermütiger Töne entstand.
    Felix Andermatt fing einen zweiten Vogel und schob ihm eine naturfarbene Flöte ins Gefieder. »Das ist Reinhard«, erklärte er, als er den Tauber fliegen ließ.
    Er trat mit seinem Besucher in den Garten hinaus. »Diese Methode stammt aus Asien. Auch bei uns war sie gebräuchlich, ist aber in Vergessenheit geraten. Es ist so, als wüssten die anderen, dass es in Begleitung einer Flötentaube sicherer ist. Sie suchen direkt die Nähe des ›Musikvogels‹. Habichte, Bussarde und andere Raubvögel sind irritiert und halten Abstand.«
    Stolz sah der Züchter seinen Tieren nach. Auch Nachtigall folgte dem kleinen Schwarm mit den Augen. »Und wie kommen die nun wieder zu Ihnen zurück?«
    »Ach, die fliegen nur ein paar Runden und drehen anschließend von allein um. Wenn nicht, rufe ich nach ihnen. Das funktioniert immer.«
    Nachtigall lauschte fasziniert. Er verstand nun, was Walter meinte. Dieses Heulen klang tatsächlich wie aus einer anderen Welt. Sphärisch.
     
    »Hi, Mandy, ich habe für kommende Nacht alles klargemacht.«
    »Aha. Also hast du den Artikel in der Lausitzer Rundschau auch gelesen. Du liebe Zeit, da durchstreift dieser jungsche Wolf so ein riesiges Gebiet!«
    »Mehr als 50 Kilometer! Wow! Und an Cottbus ist er auch vorbeigekommen. Es ist nur dumm, dass die Leute darüber jetzt Bescheid wissen. Da steigt der Hysteriepegel wieder. Auch bei Korbinian Nagel. Aber er findet die Idee immerhin gut und meint, ich solle es eben probieren.«
    »Ach, Wolfi. Wenn das klappt. Stell dir nur vor, wir könnten eine einfache und naturverträgliche Präventionsmethode zum Schutz der Schafherden präsentieren, die die Wölfe nicht in Gefahr bringt! Ausgerechnet wir, der kleine Verein.« Ihre Stimme bekam eine schwärmerische Note.
    »Da ist nur ein Problem«, eröffnete ihr Wolfi unerwartet.
    »Und zwar?«
    »Ich kann ja wohl kaum meiner Mutter so kurzfristig erklären, ich käme nicht nach Hause. Du weißt doch, wie sie ist.«
    Oh ja, das wusste Mandy allerdings nur zu genau. Wolfis Schritte wurden engmaschig überwacht. Seine Mutter war wie eine Glucke, die nicht über das Stadium der Brutpflege hinausgekommen war. Sicher war ihr Verhalten verständlich, aber eben auch lästig. Wolfi, ihr einziges Kind, sollte nicht in Gefahr geraten. Aber der Junge war inzwischen kein Küken mehr, sondern fast 30 und nur zu gutmütig, sich gegen diese ständige Bevormundung zu wehren.
    »Dann bringe ich dir eine Tasche mit Proviant und allem, was du sonst noch brauchst, vorbei«, seufzte Mandy.
    »Lieb von dir! Denkst du bitte auch an eine Taschenlampe? Und ein Buch? Was Spannendes, damit ich nicht einschlafe.« Er lachte warm und sie war versöhnt. Wie immer.
    »Ich weiß, dass ich dir dadurch zusätzliche Arbeit mache. Aber stell dir vor, ich erzähle ihr davon und sie taucht mitten in den Nacht dort auf, veranstaltet einen riesen

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