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Gut gebrüllt Löwe

Gut gebrüllt Löwe

Titel: Gut gebrüllt Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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besitzt!«
    Der Flamingo stelzte auf der Brüstung entlang wie auf einer Startbahn und flatterte mit den Flügeln. Schwerfällig erhob er sich in die Luft, dann aber stieg er mit Leichtigkeit empor. Er zog größere und immer weitere Kreise um das Schloß und schaute scharf nach unten. Plötzlich segelte er im Sturzflug zur Terrasse zurück und rief, während er darüber hinwegstrich: »Die Soldaten kommen nicht hierher. Sie schlagen den Weg zum Berg Dadapoetel ein.«

    »Sieh nach, was sie dort suchen!« bat der Sultan.
    Und der Flamingo verschwand wie ein rosa Hauch über den Wipfeln des Urwaldes.
    »Teppich hin — Teppich her«, ließ sich Löwe knurrend vernehmen. Wir müssen uns überlegen, wie wir Prinz Panja befreien können.«
    »Alles schön und gut«, meinte das Kamel, »aber mit Teppich ginge es bestimmt besser als ohne. Sollten wir nicht diese wahrsagende Hexe Zukuruku um Rat fragen?«
    »Unsinn!« zischte die Kobra. »Ich halte nichts von Wahrsagerei!«
    »Löwe hat recht!« sagte der weiße Elefant. »Die Zeit verstreicht, und ich werde immer unruhiger!«
    »Ich käme schon ins Schloß hinein«, meinte die Kobra. »Aber was dann?«
    »Wenn du die Türen von innen öffnen könntest...?« überlegte Löwe.
    »Oder ich versuche, die Tore zu sprengen, indem ich Baumstämme dagegen schmettere«, trompetete der weiße Elefant.
    Der Sultan wippte nachdenklich auf den Zehenspitzen. »Das sind alles ganz gute Gedanken!« meinte er. »Aber der Feind ist in der Übermacht. Keiner von uns darf gefangen werden. Wir sind zu wenige. Wir brauchen jeden. Ich schlage vor, zunächst noch einmal mit Rao zu verhandeln. Ich werde ihm Gold und Edelsteine versprechen. Die ganzen Reichtümer Sultaniens. Und seinen General Blech kann er auch wiederhaben, wenn er den Prinzen freiläßt.«
    »Ich glaube nicht, daß wir Erfolg haben werden«, zischte die Kobra. »Aber vielleicht erfahren wir etwas darüber, was er mit dem Prinzen vorhat, wie es ihm geht, wo er sich befindet, oder sonst irgend etwas Nützliches.«
    Da rauschte es über dem Wald. Der Flamingo kehrte zurück.
    »Das ist merkwürdig, mehr als seltsam!« klapperte er.
    »Hast du den Teppich gesehen?« fragte das Kamel und drehte ihm die Ohren zu.
    »Nein!« antwortete der Flamingo. »Ich weiß wirklich nicht, was das für ein Ding war. Hat mal jemand etwas davon gehört, daß die Hexe Zukuruku im Berg Dada-poetel zu stricken begonnen hat?«
    Das hatte keiner. Neugierig rückten sie zusammen.
    »Also ich würde mich nicht wundern, wenn sie es täte, denn das, was ich da gesehen habe, war nämlich ganz bestimmt ein Riesen-Strick-Wollknäuel.«
    »Hast du die Zauberin auch gesehen?« fragte das Kamel.
    »Nein!«
    »Und die Stricknadeln?«
    »Auch nicht. Außer ihr nennt Raos Lanzen so. Seine Soldaten kamen nämlich anmarschiert, und vier von ihnen steckten ihre Speere in das Knäuel. Dann wuchteten sie es hoch über ihre Köpfe und trugen es so aufgespießt davon. Wenn ihr mal leise seid und genau hinhört, könnt ihr die Trommel vernehmen.«
    »Ram-tata-tam! Taram-tata-tatamm!« machte es in der Ferne.

Nur eine Unterschrift

    Auf Raos Befehl begab sich der gespenstische Gibbon hinab ins Burgverlies. Dazu hatte er sich sein Staatsgewand übergeworfen, um möglichst würdevoll zu wirken.
    Lang schleifte der rote Umhang hinter ihm her, als er die gewundene Treppe hinunterstieg. Es war dunkel, denn nur wenig Licht fiel durch winzige Lichtschächte. Die Treppe hatte mehr als hundert Stufen, und nach je zehn Stufen versperrte ein eisernes Gitter den Weg.
    An Flucht war nicht einmal im Traum zu denken.
    Der Gibbon öffnete ein Gitter nach dem anderen und verschloß es sorgfältig wieder hinter sich. Endlich gelangte er in das tiefste Verlies. Hier saß Prinz Panja auf einem Strohlager.
    »Nun, wie befinden sich Eure Erhabene Majestät«, fragte der Gibbon. Hohn lag in seiner Stimme.
    »Auf die Knie! Unverschämter!« herrschte ihn der Prinz an.
    »Oh, du scheinst zu vergessen, wo du dich befindest«, schnarrte der Gibbon. Er verzichtete auf die einfachste Form der Höflichkeit. »Es tut mir leid, daß ich dich daran erinnern muß. Deine Macht ist zu Ende. Und es wäre besser, du würdest das einsehen. Ich will dir einen Vorschlag machen, der dir die Freiheit wiedergibt.«
    »Behalte ihn für dich!« antwortete der Prinz. »Meine Freunde werden mich retten.«
    »Deine Freunde sind genauso machtlos wie du. Sobald es uns gefällt, werden wir sie gefangennehmen. Unsere Armee steht

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