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Gut zu wissen (German Edition)

Gut zu wissen (German Edition)

Titel: Gut zu wissen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.W. Marchwell
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Bewegung zur Seite gleiten. Dann hielt er William die Dose hin, damit er den Inhalt inspizieren konnte. Williams Augen wurden noch größer, als er erkannte, was darin war. „Sachertorte?”
    „Ich dachte, ich bringe dir etwas mit, was dich an Europa erinnert.“ David lächelte. „Magst du Sachertorte?“
    „Sehr.“ William ging zu David hinüber, stellte die Tupperdose auf den Tisch und legte seine kleinen Arme um Davids Nacken. „Vielen Dank, Sir.“
    „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Das war Jerrys Stimme. David sah auf und bemerkte den verblüfften Ausdruck auf Jerrys Gesicht.
    „Das war meine Lieblingsnachspeise, als ich in deinem Alter war.“ David strich verlegen mit einer Hand über Williams Rücken und lächelte Jerry schüchtern an. „Eigentlich ist sie das immer noch.“
    William ging zu seinem Stuhl zurück und achtete darauf, die Torte auf dem Plastiktablett gerade zu halten. Jerry sah immer noch David an, aber der verblüffte Ausdruck war einem Lächeln gewichen. Jerry stand von seinem Stuhl auf und wühlte in einer Schublade. Schließlich kam er mit einem Kuchenmesser zum Tisch zurück. „Wollen Sie die Torte anschneiden?“
    „Wenn William mir hilft.“ David ging um den Tisch herum, gab William das Messer in die Hand und legte seine eigene Hand sanft auf die des Jungen. „Wie wäre es, wenn du deinen Onkel fragst, ob er lieber ein großes oder ein kleines Stück möchte?“
    William strahlte seinen Onkel an. „Onkel Jerry, möchtest du ein großes oder ein kleines Stück?“
    „Ähm, groß, bitte.“ Jerry setzte sich wieder auf seinen Stuhl – ein bisschen unsanft, so fühlte es sich jedenfalls an.
    „Und Sie, Mr. Loewenberger?“
    Die perfekte Aussprache seines Namens brachte David zum Lächeln. „Ich denke, ich nehme ein kleines Stück. Dann bleibt mehr für dich und deinen Onkel für später übrig.“
    „Und das haben Sie selbst gebacken?“ Jerrys Mund war voll mit Sachertorte. „Das ist unglaublich.“ Jerry nahm einen weiteren Bissen. „Ich erinnere mich nicht daran, jemals so etwas gegessen zu haben, als ich noch im Internat war.“
    „Ich mich auch nicht.“ Williams Kommentar brachte die beiden erwachsenen Männer zum Lachen. Als ob Williams Erinnerungen an das Internat genauso lange zurückliegen würden wie die von Jerry. „Frau Zimmermann hat mir immer eine Sachertorte zum Geburtstag gebacken!”, sagte William auf Deutsch.
    Jerry bat David mit einem Blick um eine Übersetzung. „Er hat gesagt, dass Mrs. Zimmermann ihm immer eine Sachertorte zum Geburtstag gebacken hat.“ David zuckte mit den Schultern.
    „Hey, Cowboy“, wandte Jerry sich an William. „Das war aber nett von ihr.“
    William kicherte, als Jerry an seinem Ohr zog. „Ja, sie war immer sehr nett zu mir.“ William hörte auf zu kauen.
    „He, Cowboy, alles in Ordnung?“
    William nickte und begann wieder zu essen. Allerdings, wie David bemerkte, mit wesentlich weniger Enthusiasmus.
    „Du musst nicht aufessen, wenn du nicht willst, William.“ David sah zu Jerry hinüber und formte mit dem Mund eine Entschuldigung, aber Jerry winkte ab.
    „Ich vermisse sie.“
    Endlich erkannte David, was den kleinen Jungen, der ihm gegenübersaß, so nachdenklich machte. Die Torte war für William nicht nur irgendeine Nachspeise. Sie war eine Verbindung zu einem Leben, das er hatte zurücklassen müssen, um in ein anderes Land zu ziehen, zu einem Verwandten, der für ihn ein Fremder war. Klein, zu klein für sein Alter, sensibel, freundlich, mutig, hilflos, verwirrt, verloren ... David hätte fast über die Ironie des Lebens gelacht. Hier saß ein kleiner Junge, der ihn umarmt hatte, nur weil er ihm eine Torte gebracht hatte, die er schon hundertmal gebacken hatte. Gleichzeitig lebten irgendwo in dieser Stadt einige Männer, denen David alles gegeben hatte, sogar sein Herz. Und zurückbekommen hatte er nichts außer Herzschmerz und Untreue.
    „Hey.“ Jerrys Hand lag auf seiner Schulter.
    „Entschuldigung, ich, ähm, muss mal kurz zur Toilette.“
    David folgte Jerry in den Flur, wo dieser auf ein kleines Zimmer unter der Treppe zeigte. „Ist es wegen –“
    „Nein“, lachte David schwach. „Es ist nichts. Ich mache nur zur Zeit eine schwere Phase durch, das ist alles.“ David drehte sich noch einmal um, als er die Badezimmertür erreicht hatte. „Es tut mir leid. Ich verspreche, William nicht aufzuregen.“ Er schloss die Badezimmertür und ließ Jerry mit einem verwirrten Ausdruck auf

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