Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Flasche auf dem Bartisch, ehe er schließlich hereinkommt und sich ans Kopfende des Tischs setzt.
Waldorfsalat wird serviert. Stuart schaut alle paar Minuten zu mir herüber und lächelt mich an. Senator Whitworth beugt sich zu Daddy und sagt: »Ich habe mit nichts angefangen, wissen Sie. Ich komme aus Jefferson County, Mississippi. Mein Dad hat Erdnüsse getrocknet, für elf Cent das Pfund.«
Daddy schüttelt den Kopf. »Viel ärmer als Jefferson County geht es kaum.«
Ich beobachte, wie Mutter sich ein winziges Apfelstückchen abschneidet und in den Mund steckt. Sie zögert, kaut ewig, zuckt zusammen, als sie schließlich schluckt. Sie wollte partout nicht, dass ich Stuarts Eltern von ihren Magenproblemen erzähle. Vielmehr umgarnt sie jetzt Missus Whitworth mit Komplimenten über den Salat. Mutter betrachtet dieses Essen als wichtigen Zug in dem Spiel namens »Angelt sich meine Tochter Ihren Sohn?«.
»Die jungen Leute fühlen sich ja so wohl miteinander.« Mutter lächelt. »Stuart kommt uns ja meistens zweimal die Woche besuchen.«
»Ach ja?«, sagt Missus Whitworth.
»Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie und der Senator irgendwann
auch einmal zu uns auf die Plantage hinauskämen, zum Abendessen und vielleicht zu einem kleinen Spaziergang durch den Obstgarten?«
Ich schaue Mutter an. Plantage ist ein veraltetes Wort, das sie gern benutzt, um der Farm mehr Glanz zu verleihen, und der »Obstgarten« besteht aus einem Apfelbaum, der nicht mehr trägt, und einem Birnbaum mit wurmstichigen Birnen.
Aber Missus Whitworths Mundpartie hat sich verhärtet. »Zweimal die Woche? Stuart, ich wusste ja gar nicht, dass du so oft in der Stadt bist.«
Stuarts Gabel verharrt in der Luft. Er sieht seine Mutter verlegen an.
»Ach, ihr seid doch noch so jung.« Missus Whitworth lächelt. »Genießt eure Jugend. Man sollte es mit der Ernsthaftigkeit nicht übereilen.«
Der Senator stützt die Ellbogen auf den Tisch. »Und das von der Frau, die diesem anderen Mädel den Heiratsantrag praktisch selbst gemacht hat, so eilig hatte sie’s.«
»Dad«, sagt Stuart durch die zusammengebissenen Zähne und haut mit seiner Gabel auf den Teller.
Es herrscht Schweigen am Tisch, bis auf Mutters gründliches, systematisches Kauen, mit dem sie feste Nahrung in Brei zu verwandeln sucht. Ich berühre den immer noch roten Kratzer an meinem Arm.
Das Dienstmädchen legt uns Presshuhn auf, krönt es mit einem Tupfer Mayonnaise-Dressing, und wir lächeln alle, froh, dass die peinliche Situation durchbrochen wurde. Während wir weiteressen, reden Daddy und der Senator über Baumwollpreise und Baumwollkäfer. Auf Stuarts Gesicht sehe ich immer noch den Zorn von vorhin, als sein Vater Patricia erwähnte. Ich schaue ihn alle paar Minuten an, aber der Zorn scheint nicht zu verfliegen. Ich frage mich, ob es das war, worüber sie gestritten haben, während ich im Flur stand.
Der Senator lehnt sich zurück. »Haben Sie diesen Artikel in
Life gesehen? In dem vor dem Bericht über Medgar Evers, über diesen Wie-hieß-er-noch? Carl … Roberts?«
Ich blicke auf und stelle überrascht fest, dass der Senator diese Frage mir gestellt hat. Ich sehe ihn verwirrt an, hoffe, es ist wegen meines Jobs bei der Zeitung. »Er … er wurde gelyncht. Weil er gesagt hatte, der Gouverneur sei …« Ich verstumme, nicht weil ich vergessen habe, was er gesagt hat, sondern weil ich mich nur zu genau daran erinnere.
»Ein erbärmlicher Mensch«, sagt der Senator, jetzt an meinen Vater gewandt. »Mit der Moral einer Straßendirne.«
Ich atme aus, erleichtert, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr auf mich gerichtet ist. Ich schaue zu Stuart hinüber, will seine Reaktion sehen. Ich habe ihn nie gefragt, wie er zur Bürgerrechtsbewegung steht. Aber er scheint dem Gespräch gar nicht zu folgen. Der Zorn um seinen Mund ist jetzt starr und kalt.
Mein Vater räuspert sich. »Um ehrlich zu sein«, sagt er langsam. »Es macht mich ganz krank, wenn ich von solchen Brutalitäten höre.« Daddy legt leise seine Gabel hin. Er sieht Senator Whitworth in die Augen. »Ich habe fünfundzwanzig Neger, die auf meinen Feldern arbeiten, und wenn jemand denen auch nur ein Haar krümmen würde oder ihren Frauen und Kindern …« Daddys Blick ist fest. Dann schaut er auf seinen Teller. »Ich schäme mich manchmal, Senator. Für das, was in Mississippi passiert.«
Mutter starrt Dad mit geweiteten Augen an. Für mich ist es ein Schock zu erfahren, dass Dad so denkt, und erst recht, ihn es hier
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