Gute liegt so nah...
zwei ließen sich selbst dort die Haare machen, und sie hatten wirklich super Frisuren, gepflegte Nagelhaut und keinerlei sichtbare Poren.
Die Wände im Salon waren apricotfarben gestrichen, und aus diskret verborgenen Lautsprechern plätscherte beruhigende Klaviermusik. Die Jungs erwarteten mich. Ihr Freund Lucien war der Besitzer und hatte sich einverstanden erklärt, sich persönlich um mich zu kümmern, ein Angebot, das für Curtis und Mitch einem Wunder gleichkam. Kaum war ich eingetreten, stürzten sich die drei Männer empört auf mich, was ich ihnen nicht verdenken konnte. Ein Sweatshirt der Boston University und Jeans, die so alt waren, dass sie fast weiß aussahen, entsprachen schwulen Modevorstellungen überhaupt nicht.
Lucien ähnelte mit seiner ebenholzdunklen Haut, den hohen Wangenknochen und der schmalen Statur Grace Jones. Er sprach mit einem lustigen britischen Akzent. Ich vermutete allerdings, dass der nicht echt war. „Schön, dich kennenzulernen“, sagte er mit versteinerter Miene und verzog erst das Gesicht, als er mir das Band aus dem Pferdeschwanz zog und mir mit seiner eleganten Hand durch das volle Haar fuhr. „Ich hoffe, du hast Zeit mitgebracht, Teuerste. Wir werden nämlich den ganzen Tag hier zu tun haben.“
Gut, deshalb war ich schließlich hergekommen. Schneiden und färben, Make-up und Maniküre. Die Pediküre lehnte ich ab, weil mir die Vorstellung, wie jemand meine Zehennägel schnitt, peinlich war. Während ich den schicken schwarzen Bademantel anzog, hörte ich meine Freunde mit Lucien über meine Situation diskutieren.
„Sie ist hinter einem Kerl her“, erklärte Mitchell auf seine typische Art.
„Wer ist das nicht?“, meinte Lucien seufzend. „Abgesehen von euch beiden natürlich.“
„Sie will einen ganz neuen Look“, sagte Curtis. „Seriös, aber interessant und jugendlich. Sie ist Ärztin.“ An dieser Stelle strahlte ich, weil er so stolz klang. Es geht doch nichts über alte Freunde.
„Na schön, Aschenputtel“, rief Lucien. „Fangen wir mit dem Gesicht an. Mal sehen, ob wir aus dieser schrecklichen Winterhaut noch etwas zaubern können.“
Drei Stunden später war ich frisiert, toupiert, geschoren, mit Bimsstein und Wachs behandelt, entgiftet und mit Feuchtigkeitscreme eingerieben. Meine Nagelhäute pochten von der Attacke der Manikürestäbchen, meine Gesichtshaut brannte von der mörderischen Tönungscreme, die Kopfhaut prickelte und juckte vom Haarefärben, und die Augenbrauen taten höllisch weh nach der Wachsbehandlung. Bluteten die vielleicht? Unterzogen Menschen sich tatsächlich freiwillig dieser Tortur? Die Jungs wollten mich nicht in den Spiegel schauen lassen und verhängten ihn mit einem Handtuch, damit wir die „Enthüllung“ feierlich gemeinsam erleben konnten. Ich erinnerte mich daran, dass das alles einem guten Zweck diente, aber selbst der Gedanke an Joes vollkommenes Gesicht machte es nicht besser.
Nachdem die Strähnchenfolie in meinem Haar befestigt war, führte Lucien mich in den Make-up-Bereich. „Wir müssen uns um dieses Gesicht kümmern!“, verkündete er, drückte mich auf einen Stuhl und fing an, mit Wattebällchen kleisterartige Grundierung auf meine noch immer leidende Haut aufzutragen.
„Die Farbe kommt mir ein bisschen zu hell vor“, sagte ich, als er eine weitere Flasche öffnete.
„Lehn dich einfach zurück, Schätzchen, wir regeln das.“ Offenbar zählte meine Meinung nicht. Ich ließ Lucien mit einem rauen Schwamm mein Gesicht bearbeiten und bekam einen Hustenanfall, als er mir die Wangen puderte. „Praktisch keine sichtbaren Wangenknochen“, stellte er seufzend fest. „Na ja, dann müssen wir eben eine Illusion davon erzeugen.“
„Ich habe immer versucht …“, begann ich.
„Nicht sprechen, Schätzchen. Entspann dich und lass mich arbeiten. Mitch, mein Bester, könntest du die Lampe ein bisschen mehr hierher drehen? Ausgezeichnet. So, Millie, du wirst mich hinterher lieben.“
Während Lucien jedes nur erdenkliche Schminkmittel auftrug, wirkten Curtis und Mitch auf einmal besorgt.
„Wie sehe sich aus?“, fragte ich die beiden, ohne die Lippen zu bewegen, da Lucien gerade Produkt Nummer vier dort auf trug.
„Also …“, begann Mitch, doch Lucien warf ihnen einen tadelnden Blick zu.
„Bemerkenswert“, probierte Curtis es vorsichtig.
„Was denn sonst? Soll es etwa langweilig aussehen?“, konterte Lucien. „Ich dachte, mit langweilig wäre sie durch.“
„Es ist bestimmt
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