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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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vernachlässigt und nur kurz mal vorbeigeschaut. Also rief ich meine Mom an und fragte sie, ob ich zum Abendessen kommen könnte. Wie die meisten Mütter auf dieser Welt freute sie sich, wenn sie ihr Kind bekochen durfte.
    „Selbstverständlich kannst du kommen!“, versicherte sie mir. „Was soll ich machen?“
    „Ganz egal, Mom. Bei dir schmeckt alles super“, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
    „Ach, du bist lieb. Wie wäre es mit Brathähnchen?“
    Plötzlich bekam ich Schuldgefühle. Mom war einsam, schließlich hatten sie und Trish viel zusammen unternommen. Die beiden zierlichen, schmalen Frauen hatten es geliebt, gemeinsam bei Talbots oder in den Outlets zu shoppen, zum Lunch zu gehen und sich einen Film oder ein Theaterstück anzusehen. Ich hatte nicht viel dazu beigetragen, Trishs Lücke zu füllen.
    „Warum lädst du nicht auch Sam und Danny ein?“, schlug ich vor, weil ich wusste, dass es ihr umso mehr Freude machen würde, je mehr Leute kämen.
    „Gute Idee! Also, dann bis morgen Abend.“ Irgendwie verstärkte ihre Freude meine Schuldgefühle noch.
    Am verabredeten Abend brachte ich meiner Mutter einen Strauß gelber Tulpen mit und gab ihr einen dicken Kuss. Danny und Sam waren schon da; Dad hatte Sam in den Keller geschleppt, wo sie über Männerthemen wie Zement und elektrische Leitungen redeten, während Danny auf dem Computer meiner Mutter einen Mail-Account für sie einrichtete. Es war fast wie ein Festessen, besonders dank der Abwesenheit meiner ständig unzufriedenen Schwester. Mom wuselte herum und hörte mit einem Ohr zu, als Danny ihr Google erklärte, und ich schenkte mir ein Glas Wein ein. Der Duft von gebratenem Huhn und Rosmarin erfüllte die Küche, und plötzlich kam ich fast um vor Hunger. In den vergangenen Monaten hatte ich nicht viele warme Mahlzeiten bekommen.
    „Dein Outfit gefällt mir, Millie“, bemerkte meine Mom und begutachtete mich.
    „Danke.“ Ich trug eine schwarze Hose und eine blaue Bluse, dazu ein dünnes blauweiß geblümtes Tuch um den Hals, zu dem zwei gewisse Herren mir dringend geraten hatten, außerdem goldene Ohrringe, einen gold-blauen Armreif und schwarze Wildlederschuhe. „Curtis und Mitch sind mit mir einkaufen gewesen. Die sind besser als Garanimals.“
    „Was sind Garanimals?“, wollte Danny wissen.
    Meine Mom grinste bei der Erinnerung daran. „Das war eine Kleidermarke mit einem Schild, dem man entnehmen konnte, was womit zusammenpasste.“
    „Wenn dein Hemd ein Gazellenschild hatte und deine Hose auch, passten die Sachen zusammen“, erklärte ich. „Ein Löwenschild passte zum Beispiel nicht zu einem Schild mit einer Gazelle drauf, weil Löwen Gazellen fressen. Kannst du mir folgen, Danny?“
    Mom und ich lachten, während Danny die Augen verdrehte. „Wir können nur hoffen, dass die wieder auf den Markt kommen“, meinte meine Mutter.
    „Hallo Daddy!“, begrüßte ich meinen Vater, als er und Sam aus dem Keller heraufkamen, und gab ihm einen Kuss auf die stoppelige Wange. „Wie geht es dir?“
    „Bestens, Schatz. Und wie geht es meinem kleinen Mädchen?“ Er musterte mich skeptisch. „Nancy, sie sieht dünn aus. Geben wir ihr nicht mehr genug zu essen?“
    „Sie wohnt nicht mehr bei uns, Howard“, erwiderte Mom. „Du siehst wirklich dünn aus, Millie. Isst du auch genug?“
    Meine Eltern fanden mich dünn. Wie ich sie dafür liebte! Ich lächelte selig. „Ich habe angefangen zu joggen“, eröffnete ich ihnen stolz, denn ich würde meiner Mutter bestimmt nicht erzählen, was ich in letzter Zeit gegessen hatte – oder besser nicht gegessen hatte.
    „Du joggst? Das ist gefährlich, Liebes. Howard, sag ihr bitte, dass das gefährlich ist“, wandte meine Mom sich an meinen Dad.
    „Millie, das ist gefährlich“, sagte mein Vater gehorsam. „Lasst uns essen.“
    Wir widmeten uns dem köstlichen Dinner. Zum Rosmarin-Huhn schlemmten wir Kartoffelbrei (auf den ich verzichten musste, weil meine Mutter Kaffeesahne dafür verwendete), glasierte Karotten und heimische Rübchen, die ich am liebsten mochte. Zum Dessert gab es Apfelkuchen. Ich versuchte stark zu bleiben.
    Während wir aßen, berichtete Danny uns von seinen Plänen für diesen Sommer. Er wollte mit ein paar Klassenkameraden für eine Hilfsorganisation eine Woche Häuser bauen. Nach seiner Rückkehr würde er als Betreuer für sozial benachteiligte Stadtkinder arbeiten. Sam lauschte lächelnd, man sah ihm an, wie stolz er war. Mit der für Red-Sox-Fans typischen Mischung

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