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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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zerbröselte sie über dem Haufen. Schnitt die Leinentüte in kleine Stücke, machte sich dann an die Handtasche, aber hier musste sie aufgeben, die Schere schnitt nicht mehr, war stumpf geworden.
    Was sollte sie mit der Tasche machen? Sie saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden, ein abgeschnittenes Auge Berits starrte ihr direkt ins Gesicht. Sie hob es mit den Fingerspitzen auf und steckte es ganz unten in den Haufen.
    Das Telefon klingelte, sie wagte nicht, es auszustecken, sie dachte an Tor Assarsson und Berits Kinder. Sie musste verfügbar sein, die fröhliche und feinfühlige Freundin.
    Gereizt meldete sie sich mit ihrem vollen Namen.
    »Mein Liebling!«
    Es war Hans Peter.
    »Ich hatte schon Angst, du hättest das Telefon wieder einmal ausgesteckt.«
    »Nein …«
    »Ich sehne mich so nach dir, mein ganzer Körper sehnt sich nach dir, meine Handflächen vermissen die Wärme deiner Haut, ich will deine Stimme hören und dich umarmen.«
    »Oh, Hans Peter …«
    »Was ist mit dir? Du klingst so anders, ist etwas passiert?«
    »Nein, es ist nichts.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, ja. Musst du heute arbeiten?«
    »Sicher. Aber nicht vor heute Abend. Wenn ich jetzt zu dir kommen darf, dann komme ich!«
    Ihre eigene Stimme machte sie frösteln.
    »Ich habe leider keine Zeit. Ich habe zu tun.«
    »Und wann hast du Zeit?« Sie hörte, dass er den Faden verloren hatte.
    »Ich rufe dich an.«
    »Aha?«
    »Lieber Hans Peter, es gibt da ein paar Dinge, die ich zuerst erledigen muss, ich kann jetzt nicht darüber sprechen. Aber ich rufe dich an.«
    »Es kann aber sein, dass ich nicht zu Hause bin.«
    »In Ordnung. Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen, ich muss jetzt Schluss machen, entschuldige bitte!«
    Sie legte auf. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Sie presste ihre Hände gegen die Augen und wimmerte.
    Ob es möglich war, die Tasche zu verbrennen? Nein. Das wäre zu riskant. Sie murmelte vor sich hin und ging umher, was sollte sie tun, was sollte sie bloß tun? Dann erinnerte sie sich an Lövsta, an die Müllkippe hinter Riddarsvik. Natürlich. Dass sie daran nicht schon früher gedacht hatte. Sie war sehr müde, ihr drehte sich alles vor Augen, als sie in den Keller hinunterging. Dort unten fand sie die Rolle mit den schwarzen Müllsäcken, stopfte die Taschen und den Haufen aus zerschnibbelten Sachen in einen von ihnen und verschloss ihn. Drehte eine Runde und suchte in allen Zimmern, nein, keine weiteren Spuren. Zog sich an und fuhr los.
     
    Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass jemand fragen könnte, was sich in dem Müllsack befand. Ein Mann in einem Overall sah sie desinteressiert an, sie sagte dennoch:
    »Brennbare Sachen, wo kommen die hin?«
    Er zeigte auf einen der Container.
    »Danke«, sagte sie.
    Und als sie zurück zum Auto ging:
    »Einen schönen Tag noch.«
    Er murmelte etwas Unverständliches.
     
    Sobald sie wieder zu Hause war, wählte sie Hans Peters Nummer. Er ging natürlich nicht an den Apparat. Sie wurde von Angst ergriffen, die zu Verzweiflung wurde. Sie ging ins Badezimmer und schminkte sich stark, dicke Kajalstriche und Lidschatten. Zog einen Rock, eine Strickjacke und eine dicke Wollstrumpfhose an. Ihrem Fuß war die Nachtruhe gut bekommen, aber er war immer noch ein wenig geschwollen.
    Sie musste es noch einmal versuchen, nein, jetzt war er traurig und verletzt, er würde nicht abheben, selbst wenn sie es den ganzen Tag über versuchen würde. Er war der nachtragende Typ, da war sie sich sicher.
    Jemand war an der Tür, war er es? Draußen stand ein Mann, das konnte sie durch das Milchglas erkennen, er sah aus wie Hans Peter, war er es?
    Aber er war es nicht.
    Sie wusste sofort, wer es war.
    Es war Tor, Berits Mann.
     
    »Du bist Justine, nicht wahr?«
    Er sah furchtbar aus, Bartstoppel lagen wie eine graue Wolke auf Kinn und Wangen, die Augen waren klein und trüb.
    »Komm herein!«, sagte sie leise.
    Er stand im Flur, sah sich um.
    »Hier ist sie also noch letzten Samstag gewesen. Ich versuche, mich in sie hineinzuversetzen, mich in ihre Gedankengänge und Handlungen hineinzuversetzen.«
    »Ja …«
    »Wohin seid ihr dann gegangen?«
    »Wir sind hochgegangen, denke ich. Wir haben da oben eine Weile zusammengesessen und uns unterhalten.«
    »Lass uns das Gleiche tun.«
    Sie zog sich mit Hilfe des Treppengeländers hoch, die Schmerzen in ihrem Fuß waren inzwischen stärker geworden, er sah es, sagte aber nichts dazu.
    »Ich sollte dir vielleicht einen Kaffee

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