Gute Nacht, mein Geliebter
außer ihr, Flora.
Haferschleim. Was sollte sie sonst auch hinunterbekommen. Wer sollte die Zeit haben, bei ihr zu sitzen und zu warten, bis sie etwas hinuntergeschluckt hatte, das erst gekaut werden musste. Der schleimige, salzige Geschmack verursachte ihr Übelkeit. Ihr war schlecht, aber sie riss sich zusammen und schluckte.
Die Weißhose redete mit einer älteren Kollegin.
»Stell dir vor, wir würden ihnen wasserdichtes Zeug anziehen und sie dann hier draußen auf Snowboardbretter setzen oder auf Schlitten. Wir könnten sie durch ganz Råcksta ziehen, es würde ihnen gefallen, meinst du nicht?«
»Uns würde es aber nicht gefallen.«
»Ach, Ing-Marie, sei nicht so streng. Man muss sich ein Stück Kindlichkeit bewahren.«
»Ja, ganz genau. Bewahr du nur ein Stück in dir! Zeig es bloß nicht uns anderen!«
Die Jüngere wischte Flora den Mund ab.
»Flora, würde dir das keinen Spaß machen? Du bist doch bestimmt auch Schlitten gefahren, als du noch klein warst? Das hat doch bestimmt Spaß gemacht, das hast du doch nicht vergessen, oder? Du, Ing-Marie, man kann sie tatsächlich wieder dazu bringen, aufzuleben, indem man ihnen hilft, sich an Dinge aus der Vergangenheit zu erinnern. Ich habe was darüber gelesen, es stimmt.«
Jetzt hätte sie gerne gehustet, jetzt hätte sie gewollt, dass ihr der Brei in die falsche Röhre geriet und der Husten und der Schleim dieses Frühstück im Grünen beendeten. Aber daraus wurde nichts. Sie schluckte ganz artig und tüchtig.
Einen Tag vor Mittsommer fragte Sven, ob sie sich vorstellen könne, wieder nach Hässelby zu ziehen, aber diesmal in sein Haus, um die Mutter seiner Tochter und seine Frau zu werden. In dieser Reihenfolge sagte er es. Mutter seiner Tochter und seine Frau.
Es war ein lauer und schöner Abend gewesen. Sie hatten in einem Restaurant gegessen. Jetzt gingen sie die St.-Eriksgata entlang, und der Wind fuhr ihr warm über Hals und Arme. Sie empfand eine solche Freude, sie blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen und schloss ihn in ihre Arme.
Dann dachte sie an das Kind.
»Sie wird sich daran gewöhnen«, sagte Sven. »Jetzt kommt endlich Kontinuität in ihr Leben. Lass ihr nur etwas Zeit, sie wird dich ebenso sehr lieben wie ich.«
Kurz darauf heirateten sie. Flora hatte immer von einer großen kirchlichen Hochzeit geträumt, sah aber ein, dass dies anstößig wirken konnte, so kurz nach dem Tod seiner französischen Frau. Also heirateten sie ganz schlicht. Dafür gelang es ihr, durchzusetzen, dass sie eine Hochzeitsreise nach London machten, wo sie immer schon hingewollt hatte.
Das Hotel lag in einer kleinen Straße in der Nähe der Oxford Street, sie hatte vergessen, wie es hieß. Er führte sie ins Theater aus, er war viele Male in London gewesen, und eine der Filialen des Sandy-Konzerns hatte ihren Sitz in der Stadt. Sie besuchten die Filiale gemeinsam und wurden durch die ganze hypermoderne Anlage geführt. Flora durfte ihr Englisch erproben, alles war noch da, hatte nur dagelegen und darauf gewartet, Verwendung zu finden. Sie merkte, dass sie Eindruck auf ihn machte.
Sie war gerade dabei, sich umzuziehen, sie wollten in die Royal Albert Hall, alles wollte sie sehen und erleben, alles, was sie gehört und wovon sie gelesen hatte.
Es war später Nachmittag, ihr dritter Tag. Da klopfte es an der Tür.
Ein Mann stand davor. Ein Telegramm war von Svens Eltern gekommen. Es war dringend. Es ging um das Mädchen. Es war krank.
Frühmorgens fuhren sie nach Hause. Sven wollte schon am Abend fahren, aber sie konnten keinen Flug mehr bekommen. Während der ganzen Heimreise war er schweigsam und zerstreut, sie sah ihm an, dass er litt, sich Vorwürfe machte, das Mädchen allein gelassen zu haben, dass er den Verlust ihrer Mutter aufs Neue durchlitt.
Justine ging es natürlich gut. Sie hatte nur einen fiebrigen Infekt gehabt. Aber die Temperatur war auf über vierzig Grad gestiegen, so dass Svens Mutter es für angebracht gehalten hatte, ihn zu rufen.
Aber war es bei Kindern nicht oft so, dass sie hohes Fieber bekamen? War das nicht ganz normal?
Sie hörte auf, in der Firma zu arbeiten. Nachts lag sie neben Sven im Bett, lag da und lauschte seinem leisen Schnarchen und versuchte zu vergessen, dass das Kind auf der anderen Seite der Wand lag. Sie würde ein eigenes Kind bekommen, es würde in ihr wachsen und sie zur Mutter machen, zu einer richtigen.
Er sollte nie bereuen, dass er sie zu sich genommen hatte. Sie würde seine schöne,
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