Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
Vom Netzwerk:
repräsentative Ehefrau sein, die feine Essen für seine Geschäftsfreunde gab. Sie würde mit ihnen auf Englisch Konversation betreiben, und sie würden staunen: What a beautiful and talented young wife you have got, Mr Dalvik.
     
    Das Mädchen und sie. Sie waren allein im Haus. Sven war zur Arbeit gefahren. Justine hatte den Frühstückstisch verlassen, ohne einen einzigen Bissen gegessen zu haben.
    »Sie muss doch was essen«, flüsterte Flora. »Du siehst doch, wie mager und unterernährt sie ist. Kinder müssen gut essen, damit sie wachsen.«
    »Das kommt schon noch. Lass ihr etwas Zeit, hab ein wenig Geduld.«
    Sie stand am Küchenfenster und sah, wie er in sein Auto stieg. Er hob die Hand und winkte, warf ihr eine Kusshand zu. Das immer währende, klassische Bild.
    Sie bekam Lust, ihn zurückzurufen, nimm mich mit, ich will mitkommen, will mit dir zusammen sein, nicht mit dem Kind. Sie war im Haus. Sie spülte das Frühstücksgeschirr und ging dann in die obere Etage, um die Betten zu machen. Das Mädchen lag in Svens Bett. Sie hatte sich in seine Decke eingerollt, den Kopf ins Kissen gedrückt.
    Flora setzte sich neben sie.
    »Justine«, sagte sie langsam. »Du und ich, wir müssen Freunde werden. Ich will deine Freundin sein, willst du nicht auch meine sein?«
    Das Kind antwortete nicht. Ihr fiel ein, dass sie das Mädchen nur äußerst selten sprechen hörte.
    Sie legte ihre Hand auf die Decke. Der dünne Körper fuhr zusammen.
    »Ich bin hergekommen, um deine Mama zu sein«, sagte Flora, und jetzt erhob sie die Stimme. »Du wirst jetzt damit aufhören, mich zu ignorieren. Ich bitte dich lieb, dass du und ich Freunde werden. Dann sollst du mich ansehen und mir antworten.«
    Das Mädchen fuhr aus dem Bettzeug, glitt an Flora vorbei auf den Fußboden wie ein schlüpfriges und giftiges Tier. Sie stand im Türrahmen und machte ein schnippisches Gesicht.
    »Du bist nicht meine Mama, du bist eine verdammte Hure.«
     
    Sie war nicht wütend geworden. Sie war ins Badezimmer gegangen und hatte sich eingeschlossen, hatte vor dem Spiegel gestanden und geweint. Das Kind hatte sie zum Weinen gebracht, Svens Kind. Aber das würde er nie erfahren.
     
    »Wach auf, es ist Tag, jetzt wird nicht mehr geschlafen. Du wirst zur Abwechslung einmal im Sessel sitzen, ist das nicht eine gute Idee?«
    Die Weißhosen. Auf dem orangegelben Stuhl sitzend sah sie, wie sie ihr Bett machten und darunter den Boden mit dem Aufnehmer putzten. Dort sammelte sich der Staub immer in kleinen Bäuschen.
    Dann sah sie das andere Bett und entdeckte, dass es leer war. Ja. Die Frau war gestorben. Aber war es diese Nacht passiert oder in einer anderen Nacht, die Menschen starben immer nachts.
    Sie hatten ihr einen rosa Kittel mit großen, weißen Knöpfen angezogen. Rosa hatte ihr früher einmal gestanden. Sie hatte sich die langen Wimpern geschminkt, und das rosa Abendkleid hatte geknistert, als sie es sich über den Kopf zog. Das Knistern von Blumen, das Knistern von Tönen, er tanzt wie ein junger Gott, mein Mann. Und sie schreitet durch die Spiegelsäle, Treppen hinab, die so breit sind wie Avenuen.
    »Das hier ist Märta, deine neue Zimmergenossin.«
    Ein faltiges Altfrauengesicht, misstrauisch.
    »Ich hoffe, ihr werdet euch verstehen.«
    »Wenn nur eine von beiden sprechen kann, wird es hoffentlich auch keinen Streit geben!«
    Jetzt saßen sie sich am Tisch gegenüber.
    Wie viele Zimmergenossinnen hatte man ihr schon vorgestellt? Sollte sie etwa alle überleben, das war nicht richtig!
     
    Sie kaufte dem Mädchen eine Puppe. Es war eine schöne Puppe, so eine, wie Flora sie sich gewünscht hatte, als sie noch klein war. Sie hatte richtiges Haar mit einer Schleife darin und konnte die Augen schließen. Man verpackte sie ihr in einem Karton.
    Als Sven am nächsten Tag gefahren war, ging sie in das Zimmer des Mädchens hinauf und legte das Paket auf ihr Bett. Justine saß zusammengekauert in der Fensternische, ihre Haare waren ungewaschen, ihr Mund schmal geworden.
    »Du sollst doch nicht so am Fenster sitzen, du könntest runterfallen!«
    Justine schaute weg.
    »Geh dich jetzt waschen, dann wollen wir sehen, was du anziehen kannst. Wenn du dann fertig bist, darfst du das Paket aufmachen.«
    Das Mädchen ging mit steifen Schritten davon. Als sie ins Badezimmer gekommen war, schloss sie ab und weigerte sich, die Tür zu öffnen.
    Flora tat, als verließe sie das Haus. Sie kauerte sich hinter eine Kommode und muckste sich nicht.
    Es war ein

Weitere Kostenlose Bücher