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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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empfunden, ein Gefühl von Zufriedenheit. Sie bat Sven, das Haus zu behalten. Sie hatte Lust bekommen, es wirklich in ihr eigenes Haus zu verwandeln, ihm ihren persönlichen Stempel aufzudrücken. Sven empfand das Gleiche. Während einiger heiterer und enthusiastischer Wochen arbeiteten sie gemeinsam daran, planten und fantasierten.
    Sie transportierten mehrere Wagenladungen mit allem, was sie benötigen würden, hinaus. Bauholz, Putz, Spachtel und Farbe. Ein Mann auf der Insel, einer der ganzjährigen Inselbewohner, hatte versprochen, ihnen zu helfen. Sven war nun einmal, wie er war, wenn es um praktische Dinge ging.
     
    Die Februardämmerung senkte sich auf das Zimmer herab. Geruch von Fisch, der gebraten wurde. Scheppern auf dem Korridor, wieder einmal Zeit für das Abendessen.
    »Was es heute wohl gibt?«, murmelte Märta Bengtsson. Die Mahlzeiten waren für Floras Zimmergenossin der Höhepunkt des Tages. Sie schien einen fast schon grotesken Appetit zu haben. Etwas an ihrer Art erinnerte Flora an ihre Schwiegermutter.
    Sie saß in ihrem Rollstuhl, die Serviette um den Hals gebunden, und versuchte, sich das Essen mit Händen einzuverleiben, die zitterten und wackelten. Es war nicht zu überhören, wenn sie aß. Es spritzte, schmatzte und rann.
    Eine Weißhose hatte einen Stuhl an Floras Bett gezogen und begann jetzt, sie zu füttern. Sie hatte es eilig, was man an der Art erkannte, wie sie den Löffel zwischen Floras Lippen zwang und die Kartoffelpampe am Zungenrücken regelrecht abstrich. Sie war sehr jung, war Flora jemals so jung gewesen? Sie hatte einen Ring in der Nase, und auf dem Unterarm kroch ein kleines, tätowiertes Tier.
    Sie redete die ganze Zeit, als hätte sie in einem Lehrbuch gelesen, dass Patienten wie Mitmenschen behandelt werden müssen, man muss mit ihnen sprechen, nicht über sie.
    Märta Bengtsson versuchte zu antworten, aber sie hatte Probleme, gleichzeitig zu sprechen und zu essen. Immer wieder verschluckte sie sich, die Weißhose musste aufspringen und ihr helfen.
    »Heute ist doch Samstag, Schwester«, keuchte sie zwischen den Bissen. »Gehen Sie sich da verlustieren?«
    Die Weißhose war keine Krankenschwester. Jeder konnte sehen, dass sie eine Aushilfe war, ausgesprochen ungebildet.
    Sie kicherte.
    »Mich verlustieren, aber ja, das kann man wohl sagen.«
    »Schwester, haben Sie vielleicht sogar einen kleinen Freund am Bändel?«
    »Freund am Bändel? Wie meinen Sie das, Freund am Bändel?«
    Ein neuerlicher Hustenanfall, Flora drehte den Kopf zur Seite, angeekelt. Sie sah zur Decke hinauf, in das Blendende und Glänzende.
     
    Auf der Insel wurde Flora schnell klar, dass mit Justine etwas nicht stimmte. Es hatte bereits auf der Hinreise begonnen. Sie konnte nicht in der Kajüte bleiben, musste hinaus, musste sich über die Reling hängen, so dass der Schaum sie und ihre Kleider bespritzte. Es war windig, die Wellen waren von Schaumkronen bedeckt.
    Flora sah Sven an.
    »Aber sie ist doch nur seekrank«, sagte er gereizt und ging hinaus, um sich zu ihr zu setzen. »Ihr ist auf See schon immer schlecht geworden.«
    Das Haus wartete auf sie. Es war ein kühler und bewölkter Tag. Regen lag in der Luft. Auf dem Hof lag das Bauholz aufgestapelt unter Planen, auf denen sich das Regenwasser in kleinen Pfützen gesammelt hatte.
    Sven zog den Schlüssel heraus.
    »Ja, meine Mädchen«, sagte er und schlug einen betont fröhlichen Ton an. »Jetzt haben wir unser eigenes Sommerparadies.«
    Justine hatte sich ihr Zimmer aussuchen dürfen. Sie hatte ein nach Osten gehendes gewählt, ein schmales und hohes, aber nicht sonderlich großes Zimmer. Die Großmutter hatte es ihr Schreibzimmer genannt. Sie hatte Brieffreunde in allen Teilen der Welt, aber in Wirklichkeit hatte sie nie die Geduld gehabt, lange genug auf der Insel zu bleiben, um sich dazu aufzuraffen, hier einen Brief zu schreiben.
    Ihr weißer Schreibtisch stand noch immer in dem Zimmer. Flora hatte die Schubladen durchsucht, gespannt, in der Hoffnung, Aufzeichnungen zu finden, irgendetwas, das sie selbst oder Sven betraf. Aber sie fand nur das hellrosa Briefpapier ihrer Schwiegermutter, mit ihrem Monogramm in grauer Farbe.
    »Du darfst nie vergessen, Justine, deine Großmutter wollte, dass du diesen Schreibtisch bekommst«, sagte Sven. Als ob er das wüsste, als ob er jemals mit seiner Mutter über solche Dinge gesprochen hätte.
     
    Nach dem Abendessen wurde immer der Fernsehapparat angestellt. Die beiden Töchter von Märta Bengtsson

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