Gute Nacht, mein Geliebter
wahrscheinlich daran, dass ihr Norweger seid«, sagte sie.
»Dann findest du also, dass alle Norweger gleich aussehen? Ich finde nicht, dass alle Schweden gleich aussehen.«
Er zeigte auf Martina.
»Sie da, zum Beispiel, ist dunkelhaarig. Und du bist blond.«
Ben kam mit einem Teller Essen und einer eiskalten Coca-Cola zurück. Sie trank gierig davon.
Ben sagte:
»Wir haben über das Gepäck für morgen gesprochen. Nathan wird es dir zeigen. Nimm nur das Notwendigste mit. Denk daran, dass du alles, was du mitnimmst, auch ein paar Tage auf deinem Rücken tragen musst. Kleidungsstücke, die nass werden, wiegen zudem mehr als trockene Kleider. Was du nicht mitnimmst, wird hier im Haus verwahrt, bis wir wieder zurückkommen.«
»Okay.«
»Du bekommst noch eine Tablette von mir. Morgen wirst du dich stärker fühlen als je zuvor.«
Sie konnte nicht einschlafen. Nathan lag neben ihr, er schnarchte ein wenig. Trotz der Hitze sehnte sie sich nach etwas, mit dem sie sich zudecken könnte. Außerdem musste sie mal, mochte aber nicht hinaus auf die Toilette gehen. Dazu hätte sie sich wieder komplett anziehen müssen, das war ihr zu viel.
Martina hatte gesagt:
»Gute Nacht zusammen. Und denkt daran, dass es für lange Zeit das letzte Mal sein wird, dass wir in einem Bett liegen.«
Wahrscheinlich würde sie sich bald sogar nach einem wie diesem hier sehnen, dachte Justine.
Trotz allem musste sie eingeschlummert sein, denn als sie aufwachte, war Nathan bereits aufgestanden und dabei, seine Sachen zusammenzulegen. Essensgeruch zog zum Fenster herein. Der Chor der Frösche war ohrenbetäubend.
»Guten Morgen, Sweetheart«, sagte Nathan. »Wie geht es uns heute?«
Sie streckte sich.
»Besser.«
Er ging in die Hocke und stopfte seine Sachen in den Rucksack.
»Nathan …«
»Ja.«
»Nein, schon gut.«
»Raus aus den Federn. Ich habe gehört, wie die Dusche draußen gerade frei geworden ist.«
»Kannst du mir nicht beim Packen helfen?«
»Ach was, das schaffst du schon allein. Ich muss ein paar Sachen mit Ben besprechen. Nimm Wechselsachen, in denen du gehen kannst, und etwas, das du anziehen kannst, wenn wir das Lager aufschlagen. Vergiss die Malariatabletten nicht! Ich gehe schon mal runter. Komm nach, wenn du fertig bist.«
4. KAPITEL
Ein Lastwagen, der mit einer Plane bedeckt war, brachte sie aus der Stadt heraus. Aus Rücksicht auf sie, vielleicht auch, weil sie die älteste Frau in der Gruppe oder weil sie krank gewesen war, durfte Justine vorne beim Fahrer sitzen. Die anderen quetschten sich zusammen mit der Ausrüstung auf die Ladefläche.
Einmal drehte sie sich um. Nathan saß mit angezogenen Beinen. Martina hatte sich an sie gelehnt.
Sie trank von dem lauwarmen Wasser aus der Flasche. Der Mann neben ihr fuhr ruckhaft, schien das Fahrzeug nicht gut zu kennen. Bei jedem Schaltmanöver zerrte er so am Schaltknüppel, dass die Zahnräder kreischten und knirschten. Das schien ihn nervös zu machen. Die Fenster waren heruntergedreht, Staub wurde in die Fahrerkabine gesogen. Er schielte ab und an zu ihr hinüber, sprach aber kein Englisch. Seine Haut war sehr dunkel. Zu beiden Seiten der Straße erhob sich dichter Dschungel.
Einmal rief er etwas und zeigte auf die Straße. Eine mehrere Meter lange Pythonschlange lag am Straßenrand. Sie war tot, war überfahren worden. Sie hörte, wie die anderen fragten, hörte nicht die Worte, nur ihre erregten Stimmen. Sie dachte an die kommende Nacht. Ihr schauderte.
Nach mehreren Stunden bog das Auto auf eine Sandpiste ab, die direkt in den Wald führte. Die Reifen schlingerten etwas, hätten sich fast festgefahren. Dann schaltete der Mann den Motor aus. Im ersten Moment wurde es ohrenbetäubend still, dann drangen die Dschungelgeräusche zu ihnen wie ein mächtiges und anschwellendes Orchester.
Justine tat alles weh. Sie sprang in den roten Sand hinab, massierte ihre Beine.
Nathan stand neben ihr.
»Hier hast du deinen Rucksack! Und dann habe ich dir noch das hier gekauft.«
Er reichte ihr ein Messer in einem Futteral, es war breit und schwarz und einen halben Meter lang.
»Ein Messer?«
»Ein Parang«, sagte er.
»Es bringt Unglück, jemand etwas Scharfes zu schenken.«
»Mag sein. Aber du wirst es vermutlich brauchen.«
Justine hievte sich den Rucksack auf den Rücken. Sie ließ die Wasserflasche an einem der Haken an der Seite herabhängen. Vorne trug sie ihre Hüfttasche, dort befestigte sie auch das Messer. Die Hitze war mörderisch, ließ
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