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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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eine Ewigkeit – und mit der gemeinsamen Erkenntnis aller drei endete, dass das Recht zum Tragen einer Waffe manchmal die einzige Verteidigung gegen derart zersetzende Anschauungen darstelle.
    Gurney drehte die Lautstärke wieder herunter und wandte sich zu Madeleine.
    »Was ist?«, fragte sie. »Ich seh doch, wie sich in deinem Kopf die Rädchen drehen.«
    »Ich musste gerade daran denken, was der Inder vorhin gesagt hat.«
    »Dass der Killer sich diese schwachsinnige Sendung anschaut?«
    »Ja.«
    »Warum sollte er sich die Mühe machen?«
    Gurney ging nicht weiter auf diese rhetorische Frage ein.
    Erst nach mehreren weiteren peinlichen Fernsehminuten kam endlich Kims Interview mit Ruth Blum. Die Frauen saßen sich an einem Tisch auf der hinteren Veranda eines Hauses gegenüber. Es war ein sonniger Tag, und sie trugen beide leichte Jacken.
    Ruth Blum war eine mollige Frau in mittleren Jahren, deren Gesichtszüge schwer von Trauer schienen. Sie trug eine rührend komische Frisur – einen kleinen goldbraunen Lockenschopf, der aussah, als säße ein Yorkshireterrier auf ihrem Kopf.
    »Er war der beste Mann auf der ganzen Welt.« Ruth Blum machte eine Pause, damit Kim diese große Wahrheit würdigen konnte. »Warmherzig, freundlich und … immer bereit, an sich zu arbeiten, sich zu verbessern. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die besten Menschen ständig versuchen, sich noch weiter zu verbessern? Ja, so war Harold.«
    Kims Stimme zitterte. »Ihn zu verlieren war bestimmt das Schlimmste, was Ihnen je zugestoßen ist.«
    »Mein Arzt hat mir gesagt, ich soll ein Antidepressivum nehmen. Ein Antidepressivum «, wiederholte sie, wie um die Bodenlosigkeit eines derartigen Ratschlags zu betonen.
    »Hat sich im Laufe der Zeit etwas für Sie geändert?«
    »Ja und nein. Ich weine noch immer.«
    »Aber das Leben ist weitergegangen.«
    »Ja.«
    »Wissen Sie heute mehr über das Leben als vor dem Tod Ihres Mannes?«
    »Ich weiß, wie vergänglich alles ist. Früher hab ich geglaubt, dass alles bleibt, wie es ist, dass Harold immer bei mir sein wird, dass ich nie etwas Wichtiges verlieren werde. Dumm von mir, doch so hab ich gedacht. Die Wahrheit ist: Wenn wir lang genug leben, verlieren wir alles.«
    Kim zog ein Taschentuch heraus und wischte sich über die Augen. »Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Bei einem Schulball.« In den nächsten Minuten berichtete Ruth von den emotionalen Höhepunkten ihrer Beziehung zu Harold und kam schließlich noch einmal darauf zurück, dass Geschenke gegeben und wieder genommen werden. »Wir dachten, dass es ewig so weitergeht. Aber nichts ist ewig.«
    »Wie haben Sie den Schmerz überwunden?«
    »Hauptsächlich durch die anderen.«
    »Die anderen?«
    »Die Hilfe, die wir uns gegenseitig geben konnten. Wir hatten alle auf die gleiche Weise einen geliebten Menschen verloren. Das hat uns miteinander verbunden.«
    »Sie haben also eine Selbsthilfegruppe gebildet?«
    »Ein Zeit lang waren wir wie eine Familie. Trotz aller Unterschiede hatten wir diesen starken Zusammenhalt. Ich erinnere mich noch an Paul, den Steuerberater. Er war so still, hat fast nie ein Wort gesagt. Und Roberta, eine zähe Frau, zäher als jeder Mann. Dr. Sterne war die Stimme der Vernunft, er hatte so eine Art, die anderen zu beruhigen. Dann noch der junge Mann, der ein feines Restaurant eröffnen wollte. Und wer noch? Ach ja, Jimi. Wie konnte ich den bloß vergessen? Jimi Brewster, der alle und alles hasste. Was wohl aus ihm geworden ist?«
    »Ich habe ihn gefunden«, bemerkte Kim. »Er hat sich bereit erklärt, mit mir zu sprechen. Er macht auch bei dieser Reihe mit.«
    »Gut für ihn. Der arme Jimi. So viel Wut. Wissen Sie, was über Leute gesagt wird, die so wütend sind?«
    »Was?«
    »Dass sie wütend auf sich selbst sind.«
    Vor ihrer nächsten Frage ließ Kim lange Sekunden verstreichen. »Und wie ist es mit Ihnen, Ruth? Macht Sie das Geschehene nicht wütend?«
    »Manchmal schon. Aber meistens bin ich einfach traurig. Meistens …« Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Der Bildschirm wurde schwarz, dann erschien wieder das Studio, in dem nun Kim dem Moderator gegenübersaß. Gurney vermutete, dass jetzt das Interview folgte, das sie untertags in New York aufgenommen hatte.
    »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll«, ließ sich der Moderator vernehmen. »Ich bin sprachlos, Kim. Das war unglaublich bewegend.«
    Mit einem verlegenen Lächeln starrte sie auf den Tisch.
    »Unglaublich bewegend«, wiederholte er.

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