Gute Nacht: Thriller (German Edition)
hast: Lass den Teufel schlafen , ist es mir genauso eiskalt den Rücken runtergelaufen wie damals. Mir will bloß nicht in den Kopf, dass da unten im Keller jemand auf dich gelauert haben soll. Oder warum er dir das ins Ohr geflüstert hat. Das ist doch völlig sinnlos.«
Madeleine hatte offenbar auch eine Frage, die sie beunruhigte. Bevor sie sie allerdings stellen konnte, klopfte es an der Seitentür.
Als Gurney öffnete, stand der Brandexperte vor ihm. Der Mann war älter, untersetzter, grauer und deutlich weniger athletisch als die meisten BCI -Ermittler. Sein Blick wirkte unfreundlich, und seine Augenwinkel schienen sich nach einem Leben voller Enttäuschung über die Menschen permanent nach unten bewegt zu haben.
»Die Erstuntersuchung der Örtlichkeit ist abgeschlossen.« Die matte Stimme entsprach seinem Gesichtsausdruck. »Jetzt brauche ich noch einige Auskünfte von Ihnen.«
»Kommen Sie herein«, sagte Gurney.
Sorgfältig, fast besessen streifte sich der Mann die Schuhe an der Fußmatte ab, folgte dann Gurney in die Küche. Mit scheinbar desinteressierter Miene schaute er sich um, doch Gurney war sicher, dass ihm nicht die geringste Kleinigkeit entging. Die besondere Wachsamkeit von Brandexperten war ihm noch aus seiner Zeit beim NYPD bekannt.
»Wie ich Mr. Gurney soeben mitgeteilt habe, brauche ich ein paar Auskünfte von Ihnen allen.«
»Wie heißen Sie gleich wieder?«, fragte Kyle. »Ich hab Ihren Namen nicht mitbekommen, als Sie heute Morgen eingetroffen sind.«
Der Ermittler blieb äußerlich unbeteiligt, obwohl ihm der scharfe Unterton des jungen Mannes kaum entgangen sein durfte. »Investigator Kramden.«
»Wirklich? Wie Ralph?«
Wieder ein leerer Blick.
»Ralph? Aus den Honeymooners ?«
Ohne Kyle einer Antwort zu würdigen, schüttelte der Mann den Kopf und wandte sich an Gurney. »Ich kann die Vernehmungen in meinem Bus durchführen oder hier im Haus, wenn es dafür einen geeigneten Raum gibt.«
»Gleich hier am Tisch, wenn es Ihnen recht ist.«
»Ich muss die Gespräche einzeln führen, ohne die Anwesenheit der anderen, damit sich die Zeugen nicht mit ihren Erinnerungen gegenseitig beeinflussen.«
»Von mir aus gern. Ob meine Frau, mein Sohn und Ms. Corazon damit einverstanden sind, müssen sie selber entscheiden.«
»Für mich ist es ebenfalls in Ordnung.« Madeleines Stimme klang nicht unbedingt einladend.
»Ich habe … nichts dagegen.« Kim wirkte unsicher.
»Hört sich ja fast an, als würde uns Investigator Kramden verdächtigen.« Kyle schien in Streitlaune zu sein.
Der Brandexperte nahm ein kleines Aufnahmegerät aus der Tasche und inspizierte es, als wäre es wesentlich interessanter als Kyles Äußerung.
Gurney lächelte. »Da könnte man ihm keinen Vorwurf machen. Bei Brandstiftung sind die Besitzer meistens die Hauptverdächtigen.«
»Nicht immer«, bemerkte Kramden milde.
»Konnten Sie eine gute Bodenprobe entnehmen?«, erkundigte sich Gurney.
»Warum fragen Sie?«
»Warum ich frage? Weil letzte Nacht jemand meine Scheune in Brand gesteckt hat und weil ich wissen möchte, ob Sie in den zwei Stunden, die Sie hier sind, irgendwas in Erfahrung gebracht haben.«
»Ich denke schon.« Er machte eine Pause. »Jetzt sind erst mal die Vernehmungen wichtig.«
»In welcher Reihenfolge?«
Kramden blinzelte fast unmerklich. »Sie zuerst.«
»Dann verschwinden wir anderen vielleicht inzwischen ins Arbeitszimmer, bis wir dran sind«, schlug Madeleine mit kühler Stimme vor.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Als Kyle und Kim zusammen mit ihr das Zimmer verließen, drehte sie sich noch einmal um. »Darf ich annehmen, Investigator Kramden, dass Sie uns irgendwann mitteilen, was Sie über unsere Scheune herausgefunden haben?«
»Wir sind so mitteilsam, wie es uns möglich ist.«
Diese Antwort war so sinnfrei, dass Gurney fast laut herausgelacht hätte. Auch er hatte solche Formulierungen im Lauf der Jahre zahllose Male verwendet.
»Freut mich, das zu hören.« Madeleines Tonfall strafte ihre Worte Lügen, und sichtlich verstimmt folgte sie Kim und Kyle hinüber ins Arbeitszimmer.
Gurney setzte sich an den Frühstückstisch und winkte Kramden zu dem Stuhl gegenüber.
Der Mann stellte das Aufnahmegerät hin und drückte eine Taste. Als er sich niedergelassen hatte, begann er mit monotoner Bürokratenstimme. »Investigator Everett Kramden, BCI -Präsidium Albany … Beginn der Vernehmung 10.17 Uhr, 24. März 2010 … Befragter ist David Gurney … Ort der Vernehmung
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