Guten Abend, Gute Nacht
danke.«
Er legte die Ellbogen auf den Schreibtisch und die Fingerspitzen vor seinem Kinn zusammen. »So, und warum möchten Sie nun mit mir über Ms. Zerle sprechen?«
»Das wissen Sie vermutlich schon.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Wegen dem, was sie mir erzählt hat.«
»Ach, Mr. Cuddy, erwarten Sie jetzt von mir eine Art Ausrutscher, den Sie anschließend verwenden können, um mich entsprechend einer wie auch immer gearteten absurden Theorie ihrerseits zu erwischen?«
»Sie bei oder wegen was zu erwischen?«
»Sir, Sie wedeln weiter mit dem Wurm, und ich ignoriere den Köder weiterhin. Wieso sagen Sie mir nicht einfach, was Sie wollen, damit wir uns beide wieder fruchtbareren Dingen zuwenden können?«
»Schön, Doktor. Sie haben Jennifer Creasy ermordet. Außerdem haben Sie Lainie Bishop umgebracht, um den ersten Mord zu vertuschen.«
Marek lachte und ließ sich in seinem Stuhl zurückfallen. »Das klingt nach einer ausgeprägten Wahnvorstellung Ihrerseits, Mr. Cuddy. Vielleicht sollte ich mir wirklich die Zeit nehmen, Ihre Geschichte zu Ende anzuhören. Aus rein beruflicher Neugier, meine ich.«
»Eins muß ich Ihnen lassen, Doktor. Wenigstens, soweit es Jennifer betrifft. So wie ich die Sache sehe, mußten Sie schnell und unter beträchtlichem Druck handeln.«
»Bitte, fahren Sie doch fort.«
»Sie haben sich hier in Calem behaglich eingenistet. Sie kanalisieren eine dunkle Facette Ihrer Persönlichkeit so, daß man hier die Wahrheit nicht erkennt. Sie leisten kompetente, vielleicht sogar brillante Arbeit...«
»Oh, vielen Dank.«
»...aber dann werden Sie ein wenig nachlässig. Sie möchten diese Gruppe gern erweitern. Sie waren froh, als Jennifer zu Ihnen kam. Die Beziehung zu ihrer Familie mochte zu neuen, wohlhabenden Patienten führen. Ganz offensichtlich fühlte sie sich von Ihnen angezogen, aber Sie müssen schon vor langer Zeit gelernt haben, wie man mit koketten weiblichen Patienten fertig wird. Sie haben ihr gegenüber einfach Ihre professionelle Haltung bewahrt, blieben eine Vertrauensperson, die nicht daran dachte, diese Beziehung zwecks Befriedigung eigener sexueller Gelüste auszunutzen. Allerdings wollten Sie immer noch eine gemischtere Gruppe für Ihr Experiment, und siehe da, Jennifer präsentiert Ihnen ein Dilemma. William Daniels. Vom Ghetto zum Ruhm. Jung, intelligent und obendrein auch noch gutaussehend. Schlank, stramm, muskulös, ein Gesicht wie ein Dressman.«
»Wenn Sie jetzt vielleicht«, Marek räusperte sich, »auf den Punkt kommen könnten?«
»Liebend gern, Doktor, aber es ist eine etwas kompliziertere Geschichte, und ich möchte nicht, daß Sie das Gefühl haben, ich hätte etwas ausgelassen. Wie dem auch sei, Jennifer bietet Ihnen William an — für Ihre Gruppe, versteht sich — , und Sie finden nicht einmal ein Argument, das gegen ihn spricht. Er ist exakt die richtige Person, die das Experiment abrunden würde. Also akzeptieren Sie ihn, gehen wahrscheinlich davon aus, daß Sie die Sache unter Kontrolle halten könnten. Verhindern könnten, daß aus dem Patienten ein Objekt wird, meine ich.«
Marek sah mich einfach nur an.
»Ich vermute, beim ersten Mal haben Sie wirklich nicht versucht, es zu arrangieren. Wahrscheinlich ist William von allein zu Ihnen gekommen, war vielleicht an einem der Gruppen-Donnerstage nur ein wenig zu früh. Er hat Ihnen sein Herz ausgeschüttet, hat Ihnen von all den Problemen erzählt, mit denen er fertigwerden mußte: Mit Jennifer, den Noten, den Mistkerlen, die ihm auf dem College das Leben schwer machten. Was war es? Seine Körpersprache vielleicht? Egal, was, irgend etwas hat das Faß zum Überlaufen gebracht. Zuerst haben Sie ihm gesagt, Sie würden ihn mit einer Injektion Flurazepam lockerer machen. Dann haben Sie ihn hypnotisiert, ihm gesagt, er sollte sämtliche Beschwerden einfach ignorieren, die er möglicherweise anschließend haben könnte. Und dann haben Sie ihn mißbraucht.«
Mareks Augen loderten, seine Lippen waren angespannt. »Alles Unsinn.«
»Und er war gut, vielleicht sogar sagenhaft. Die Angst, die Qualen, all die Energie, die aus solchen Emotionen entsteht, das alles stürzte heraus, und Sie wußten, daß dies zu gut war, um es in Zukunft nicht auszunutzen. Also haben Sie den Übergang aus der Trance auf eine Weise manipuliert, daß er sich bewußt an nichts mehr erinnerte. Und beim nächsten Mal kommt William wieder einfach ein bißchen zu früh. Zu Anfang wahrscheinlich nur an seinen Donnerstagen, an den
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