Guten Abend, Gute Nacht
ich.«
Ich bedankte mich bei ihr, und wir schüttelten uns die Hand. Sie ging zu dem Wohnhaus zurück, wobei der Bademantel um ihre Beine flatterte und von ihrem entschlossenen Schritt nichts mehr zu bemerken war.
Gegen halb fünf erreichte ich wieder die Port Authority. Nachdem ich auf einen Happen in eine Arbeiterkneipe an der Eighth Avenue gegangen war, ging ich den restlichen Weg zur Penn Station zu Fuß. Ich holte meine Tasche aus dem Schließfach und schaffte es gerade noch rechtzeitig zum nächsten Zug nach Boston.
Es war eine lange Fahrt, beinahe fünf Stunden. Aber ich brauchte die Zeit, um nachzudenken. Genaugenommen, um alles noch mal zu überdenken. Wir ratterten die Küste Connecticuts hinauf, vorbei am exklusiven Stamford und dem schmuddeligen Bridgeport, während die letzten Segelboote des Abends anmutig in den Old Saybrook-Hafen glitten. Ich nahm alles, was ich wußte, auseinander und setzte es wieder zusammen, dieses Mal mit William, nicht mit Jennifer, im Zentrum. Versuchte mir zusammenzureimen, was geschehen war. Und was ich unternehmen konnte.
ACHTUNDZWANZIG
Eine Nacht im eigenen Bett tat mir unglaublich gut. Rückblickend auf die Ereignisse der nächsten vierundzwanzig Stunden allerdings habe ich drei schwere Fehler gemacht. Einer davon war, Steve Rothenberg anzurufen, zu erfahren, daß er den ganzen Tag vor Gericht sein würde, und daraufhin zu beschließen, daß es nicht unbedingt notwendig war, mit ihm zu sprechen. Der zweite Fehler war, Lieutenant Murphy anzurufen, der auch nicht erreichbar war, und wieder zu beschließen, auch ihn eigentlich nicht zu brauchen. Der dritte Fehler ist ziemlich offensichtlich.
Das Telefongespräch, das ich dann führte, schien zum damaligen Zeitpunkt recht erfolgreich. O’Boy arrangierte das von mir gewünschte Treffen in Calem, und der junge stellvertretende Staatsanwalt wirkte sehr kooperativ. Außerdem schien er einen ziemlich guten Draht zu Chief Wooten zu haben, aber ich nahm einfach an, daß sie auch früher schon zusammengearbeitet hatten.
Noch vor fünf Uhr nachmittags stand ich vor Mareks Bürohaus. Ich benutzte die Treppe und betrat den Empfangsbereich genau in dem Augenblick, als Mrs. Porter ihren Kram packte und Feierabend machen wollte. Sie schaute auf, erkannte mich diesmal und machte sofort ein finsteres Gesicht.
»Ist er da?« sagte ich.
»Dr. Marek ist im Moment sehr beschäftigt. Er arbeitet gerade an einem Bericht und kann nicht...«
Ich marschierte schnurstracks auf die Tür seines Büros zu.
Sie sagte: »Warten Sie, Sie können nicht einfach... Dr. Marek, Dr. Marek!«
Ich erreichte die Tür und öffnete sie, als Marek sich hinter seinem Schreibtisch aufrichtete. Er war in Hemdsärmeln, vor ihm summte leise ein tragbarer Computer.
»Was wollen Sie?« fragte er, wobei er jedes Wort einzeln und scharf ausstieß.
Die Empfangsdame hinter mir sagte: »Er ist einfach an mir vorbeigegangen, Doktor. Ich...«
Marek sagte: »Es ist schon in Ordnung, Mrs. Porter. Ich weiß, es ist nicht Ihre Schuld.« Dann, zu mir: »Mr. Cuddy, wir haben uns nichts mehr zu sagen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie jetzt gehen würden. Sofort.«
»Ich denke, Sie sollten mich anhören, Doc.«
»Sofort.«
»Ich halte es wirklich für wichtig.«
»Mrs. Porter, rufen Sie bitte die Polizei und sagen Sie...«
»Wissen Sie, es geht um Agnes Zerle und Jerome Gemelman und...«
Ich sprach nicht weiter, da Mareks Gesichtsfarbe von Rot auf Kreidebleich gewechselt hatte. Er sagte: »Mrs. Porter, es tut mir leid. Ich muß doch mit Mr. Cuddy sprechen. Sie können für heute Schluß machen.«
»Aber, Dr. Marek...«
»Nein, nein«, sagte er, hatte seinen beruhigenden Ton wiedergefunden. »Es ist schon in Ordnung. Ich weiß, worüber Mr. Cuddy mit mir sprechen will, und die Polizei braucht nicht zu kommen. Trotzdem vielen Dank.«
Sie schaute zuerst Marek besorgt, dann mich kampflustig an, verließ schließlich den Raum und schloß die Tür hinter sich.
»Nehmen Sie doch Platz«, sagte er, während er ein paar Tasten auf dem Computer drückte und danach verschiedene Knöpfe an seinem anderen Schaltpult betätigte. Als das Summen des Computers verklang, runzelte Marek die Stirn, nahm noch einige Einstellungen an seinen Schaltern und Knöpfen vor und setzte sich wieder.
Er sagte: »Es ist ziemlich warm hier. Ich finde es angenehm, wenn ich schreibe. Wenn Sie also ablegen wollen?«
Was die Temperatur betraf, hatte Marek recht. »Nein,
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