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Guten Morgen, Tel Aviv

Guten Morgen, Tel Aviv

Titel: Guten Morgen, Tel Aviv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hoeftmann
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brachte? Ja, so musste es sein. Vor mir saß das Fräulein Rottenmeier von Israel. Richterin Bibi-Maman-Rottenmeier. Die Königin der Aufmüpfigen. Das einzige Mittel gegen die regelimmunen Israelis. Was für eine Macht sie hat, und wie leicht ihr Leben sein muss … Ich sollte mir dringend so eine Robe besorgen.

Hightech-Mittelalter
    Die Israelis beeindrucken an ihrem Flughafen mit Technik und Know-how. Verdächtige Koffer zum Beispiel müssen auf eine Ablage gehoben werden und werden dort dann von einem Sicherheitsmitarbeiter mit einer Art Bürste, die man sonst vom Abwaschen kennt, durchstochert. Einmal flog ich mit zwei Gepäckstücken, wobei ich in einem ausschließlich Schuhe untergebracht hatte. Das war besonders verdächtig. Der Bürstenmann kam, und während ich noch dachte: »Was will der jetzt hier mit der Abwaschbürste?«, lagen meine Schuhe auch schon auf seinem Tisch, und er piekste drin herum wie ein Gerichtsmediziner. Ich fragte ihn, wonach er suche. Ich war naiv. Das Sicherheitspersonal am Flughafen antwortet nicht auf Fragen. Sie sind diejenigen, die Passagiere wie mich ausquetschen und nach intimen Details fahnden.
    Ein anderes Mal musste ich einem Beamten meinen Laptop zur Verfügung stellen. Er surfte ein wenig herum und tat so, als würde er meine Artikel lesen. Warum er das tat? Keine Antworten, nur Fragen. Noch mehr Fragen. Meine Lieblingsfragen sind die, mit denen sie unauffällig herausfinden wollen, ob man Jude ist oder nicht. Scheinheilig erkundigen sie sich dann, wo man Hebräisch gelernt hat und ob die Eltern auch Hebräisch können. Wenn ich versuche, das Ganze abzukürzen und mich direkt als Schickse, also Nichtjüdin, oute, schauen sie mich mit Zitronengesichtern an. Sie halten mich wohl für eine Spielverderberin. Aber ich komme vom Thema ab. Die Welt schaut auf Israel, wenn es um Sicherheitsfragen geht. Und natürlich auch auf die Technologien drum herum. Der Flughafen hat zum Beispiel Terminals, durch die man ins Land kommen kann, ohne die Passkontrolle durchqueren zu müssen. Das System funktioniert mit Handabdruck, nur für Israelis, aber immerhin. Auch Wireless LAN gibt es im gesamten Gebäude kostenlos. Als ich dagegen neulich in Berlin-Schönefeld saß und der Flieger eine Stunde Verspätung hatte, gab es kein Internet. Es gab nicht einmal eine zeitvertreibende Duty-Free-Landschaft. Israel aber hat ein ganzes Einkaufszentrum. Ja, am Flughafen zeigt sich, wie modern das Heilige Land wirklich ist.
    Und doch auch wie archaisch. Ich sitze vor einigen Wochen im Flieger gen Deutschland. Wir rollen auf dem Rollfeld am Hauptgebäude vorbei, es wehen die blauweißen Fahnen im Wind. Rechts von mir parken zwei Boeing-Maschinen, und dazwischen steht ein Israeli und – grillt. Ich sehe im Vorbeifahren noch, dass es sich wahrscheinlich um Kebab handelt. Man muss dazu sagen, dass Israelis es lieben zu grillen. Aber das tun wir Deutschen ja auch. Trotzdem. Können Sie sich vorstellen, wie auf einem deutschen Flughafen das Bodenpersonal in den gelben Leuchtanzügen zwischen den Jumbojets die Bratwurst auf die Holzkohlen schmeißt? Eben.
    Das ist aber nicht alles an Archaischem. Neulich hörte ich mal wieder eine schöne Geschichte vom Rabbanut. Das Rabbanut ist praktisch die höchste (jüdisch) religiöse Instanz in Israel und beschreibt sich als »höchste halachische und geistliche Autorität für jüdische Menschen in Israel«. Die Halacha ist die jüdische Gesetzgebung. Wer jetzt an die Scharia denkt, liegt trotzdem falsch. Zum Glück regelt das Rabbanut »nur« die ausschließlich jüdischen Fragen des Lebens. Hochzeiten, Scheidungen, Tod, Konvertierungen, Koscher-Zertifikate etc. Das Rabbanut kümmert sich auch um Geburten, und jetzt wird es interessant. Es gibt eine Gruppe von Menschen, die nennen die Rabbiner »Mamser«. Frei übersetzt Bastard. Ein Mamser ist ein Kind, das entweder aus einer Inzuchtsbeziehung hervorging oder von einer verheirateten Frau außerehelich gezeugt wurde.
    Der Titel Mamser ist nicht unerheblich. Bedeutet er doch, dass diese Menschen in Israel keine anderen Juden heiraten dürfen. Da es keine Zivilehe gibt, hat das Rabbanut das einfach mal entschieden. Sie dürfen aber immerhin andere Mamser heiraten oder (Achtung!) Konvertiten (das sind nämlich anscheinend keine richtigen Juden). Der Clou aber ist: Zeugt ein verheirateter Mann außerehelich ein Kind, gilt es nicht als Mamser. Nun ist man in Israel immerhin so modern, dass man erkannt hat, dass diese

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