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Guter Sex Ohne Stress

Guter Sex Ohne Stress

Titel: Guter Sex Ohne Stress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Thiele
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Bewohner der nordostbrasilianischen Kleinstadt Esperantina verlangen sogar so heftig nach dem Orgasmus, dass sie ihm zu Ehren jeden 9. Mai eines Jahres zum Feiertag ausrufen. Nicht, dass die Bürger dort von eh und je her besonders lüsterne Zeitgenossen wären. Nein, ganz im Gegenteil: Bei einer Umfrage im Jahr 2002 gaben 73 Prozent der Esperantinerinnen an, beim Sex nie einen Orgasmus zu erleben. Dieses Ergebnis konnte der Bürgermeister als gewissenhaftes Stadtoberhaupt nicht ohne Konsequenzen auf sich beruhen lassen. Für fortan rundum zufriedene Bürgerinnen und Bürger beschloss er kurzerhand das Ende der desaströsen Zustände. Seit dem 9. Mai 2002 verordnete er den »Tag des Orgasmus«, an dem vor allem ernsthaft über Sexualität bis zum Höhepunkt informiert wird. Den Esperantinerinnen und ihren Männern gefällt diese Politik der Liebe! Make love not war  – Liebemachen statt Kriegemachen! Da bediente sich der Bürgermeister doch der Hippie-Ideale, oder?
    Vielleicht hat er aber auch beim Gelehrten Wilhelm Reich nachgelesen. Der friedliche Gedanke des Zusammenhangs von Sex und Politik entstand nämlich keineswegs beim Liebemachen auf der grünen Wiese, sondern bereits zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert. Zu dieser Zeit galt der Orgasmus für die einen schlicht als »Aufwallung des Samens bei Mensch und Tier, die den Wunsch diesen auszuführen hervorruft – also Geilheit oder Brunst«. Demgegenüber standen Pioniere des Fortschritts wie Wilhelm Reich, die ein gesellschaftspolitisches Anliegen an die Lust der Menschen knüpften. Die orgastische Potenz und die genitale Lust bedeuteten für ihn nichts Geringeres als die Voraussetzungen zur Befreiung der Gesellschaft von kapitalistischen Herrschaftszwängen. Reich forderte deshalb aus seiner Sicht folgerichtig, dass jeder normale Sexualakt mit einem Orgasmus enden müsse. Zack, da war der Druck da, der seitdem nie wieder aus den Köpfen der Menschen rausgeht. Und Reichs Zeitgenosse, Sigmund Freud, spitzte mit seinen Ansichten über den unreifen klitoralen und reifen vaginalen Orgasmus das Thema weiter zu. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg säten die bekannten amerikanischen Sexualwissenschaftler Masters und Johnson mit ihren Beobachtungen zum Orgasmus der Frau den Keim der Unzufriedenheit, der sich spätestens nach der sexuellen Revolution voll entfaltete. Wer keine Lust auf Sex hatte oder nicht den Höhepunkt der Lüste erklomm, galt nunmehr als nicht normal. Seitdem sprossen deshalb die Kurse zur Steigerung der sexuellen Glückseligkeit wie Pilze aus dem Boden. Überall tauscht man sich über todsichere Strategien zum ultimativen Höhepunkt aus – egal, ob in den Medien, unter der Dusche im Fitness-Studio oder beim Kochkurs hinter vorgehaltener Hand.
    Und da sich die aufgeklärten Menschen gern an naturwissenschaftlichen Erklärungen orientieren, ergründeten sie mittlerweile das schöne Gefühl bis in die kleinste Gehirnzelle. Niederländische Wissenschaftler beobachteten Frauen und Männer beim Masturbieren in einer Magnetröhre. Der Apparat lieferte anschließend erstaunliche Bilder von den erregten Gehirnen der Versuchspersonen. Während einige Wissenschaftler vor lauter Entzücken Ah und Oh ausrufen, unken andere, das hätten sie auch schon vorher gewusst. Der Orgasmus raubt den Frauen wortwörtlich die Sinne – für einige Sekunden schalten während des Höhepunkts ganze Teile des Gehirns auf Sparflamme. Und man getraut es sich kaum der emanzipierten Frau zu sagen, es sind vor allem die Denkzentren. Kopflos im Liebesrausch: Soll die Evolution dem weiblichen Geschlecht einen Streich gespielt haben? Die Wissenschaftler vermuten jedenfalls, dass sich die Frauen in der Phase der maximalen Entspannung so uneingeschränkt der Empfängnis hingeben könnten. Für Männer hat die Natur andere Anreize auf Lager. Während des Orgasmus erzeugt ihr Gehirn einen nahezu psychedelischen Rausch. Die Hirnbezirke zur Wahrnehmung von Farben, Bildern, Formen und Bewegung laufen auf Hochtouren – eine attraktive Belohnung, die Männer zum Wiederholen animiert.
    Schlau, schlau, die Natur, denn der Höhepunkt ist meist mit dem Samenerguss verknüpft – wer bunte Bilder haben will, soll Nachkommen zeugen. Und welchem Zweck dient der weibliche Orgasmus? Früher dachte man, die Gebärmutter saugt mit ihren Muskelzuckungen die Spermien an. Aber diese mechanistische Theorie ist mittlerweile überholt. Was sollte das Saugen auch, wenn die Frau nur selten beim

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