Guter Sex Ohne Stress
vor fünf Jahren einen schweren Schlaganfall und liegt seitdem die meiste Zeit im Bett. Karl erlaubte seiner lebensfrohen Ingrid schon damals, einen zweiten Frühling zu erleben, wenn sie wolle. Sie gab ihm dafür das Versprechen, bei ihm zu bleiben und ihn in Würde zu Hause zu pflegen. Als Ingrid dann tatsächlich Sehnsucht nach Herberts Zärtlichkeit verspürte, stand Karl zu seinem Wort.
Alle drei arrangierten sich mit der Konstellation. Gemeinsame Übernachtungen und Ausflüge gab es für Ingrid und Herbert nie. Sie teilten Sex, aber das gemeinsame Bett war ihr und ihrem Mann Karl vorbehalten. Als ich Ingrid und Herbert das erste Mal sehe, wirken sie wie ein frisch verliebtes Paar. »Klar«, sagt er, »manchmal gibt es schon ein paar Schwierigkeiten mit der Erektion. Aber wir sind ja auch keine zwanzig mehr!« Was den beiden eigentlich zu schaffen macht, erfahre ich, sind die Ansichten von Ingrids Sohn und Herberts Tochter. Ganz im Gegensatz zu den Alten empfänden die Jungen nämlich die Situation ihrer Eltern als moralisch verwerflich. »Seitdem wir den Kindern von unserem Glück erzählt haben, liegt bei jedem Besuch Spannung in der Luft. Wir würden uns so gern gegenseitig der Tochter und dem Sohn vorstellen und ihnen erklären, wie wir empfinden. Können Sie uns dabei helfen?« Nach zwei Sitzungen haben wir alles Für und Wider ihrer Dreierbeziehung besprochen. Herbert und Ingrid fühlen sich gerüstet für das Gespräch. Mittlerweile ist es ein paar Monate her, dass die beiden nachdrücklich ihren Kindern klarmachten, dass alternative Lebensentwürfe kein Privileg der Jugend sind. Heute gibt es zwar hin und wieder noch ein paar Bedenken, aber Akzeptanz ist der Grundtenor dieser besonderen Liebe. Als Herbert zur Routinekontrolle in die internistische Praxis kommt, zeigt er mir einen Computerausdruck mit Blutdruckkurven. Hinter manchen Werten steht ein T und hinter anderen ein L. Ich frage ihn, was die Buchstaben zu bedeuten haben. »Na, Frau Doktor, was soll das schon sein?«, sagt er schmunzelnd, »Tanzen und Lieben!« Anerkennend schaue ich auf die Tabelle: viermal L in der letzten Woche!
Ü 60 und U 40
Immer häufiger suchen sich ältere Menschen einen jüngeren Partner, allen voran Prominente aus dem Showbusiness und der Politik. Prinzipiell können auch diese Partnerschaften sehr stabil und erfüllend sein. Problematisch wird es, wenn der Partner als Frischzellkur für das eigene Ego dienen soll. Besonders Männer setzen sich dann unter Druck, weil sie beim Sex das gleiche Stehvermögen wie in jungen Jahren beweisen wollen. Ältere Frauen haben zwar gegenüber den gleichaltrigen Männern den Vorteil, dass sie ihr Sexualleben im höheren Alter oft intensiver erleben. Dafür hadern sie nicht selten damit, ob sie für den jüngeren Partner noch attraktiv genug sind und mit seinem Lebensstil mithalten können. Prinzipiell gilt für beide Geschlechter: Wer sich für einen jüngeren Partner entschieden hat, sollte seine veränderten sexuellen Bedürfnisse und körperlichen Möglichkeiten ganz klar zum Ausdruck bringen. Und Gleitgel oder Potenzmittel gehören auf den Nachttisch und nicht ins Geheimfach. Ansonsten wird Versagensangst zum ständigen Begleiter.
Alles geht ein bisschen laaangsamer …
Körperliche Veränderungen im Alter treffen jeden. Auch wenn sich immer mehr Senioren fit halten, irgendwann geht alles etwas langsamer. Hier und da knirscht es in den Knochen und Gelenken. Beim Walken kommt man jetzt schneller aus der Puste. Der Stoffwechsel wird träger – die inneren Organe schalten einen Gang herunter. Und auch die Geschlechtsorgane funktionieren nicht mehr so wie in der Jugend.
In jungen Jahren sorgt das weibliche Geschlechtshormon Östrogen für eine gut durchblutete feuchte Scheide. Fehlt Östrogen, wird die Scheidenschleimhaut immer dünner und trockener. Mit zunehmendem Alter produzieren die Eierstöcke bei der Frau immer weniger das Geschlechtshormon Östrogen und die Menopause setzt ein. Neben Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen macht vielen Frauen vor allem die Veränderung der Scheidenschleimhaut zu schaffen. Schon kleinste Einrisse in der Haut können Eintrittsstellen für Bakterien und Pilze sein. Und da die saure Abwehrtruppe in der Scheide – die Döderlein-Bakterien – auch altersmüde geworden ist, kommt es häufiger zu Entzündungen. Aber nicht nur die Organe arbeiten langsamer. Der Körper der Frau lässt sich im Alter auch bei den sexuellen Reaktionen Zeit.
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