Guter Sex Trotz Liebe
erweitern und ergänzen. Die Stärke dieser Ãbung entfaltet sich durch den Wechsel der Perspektive (was denke ich, was sich mein Partner wünscht?) und das gemeinsame Gespräch darüber. Besprechen Sie:
welche Ihrer Wünsche Ihr Partner kennt;
wie Ihr Partner Ihre Bereitschaft einschätzt, auf seine Wünsche einzugehen;
wie gut Sie die Wünsche Ihres Partners kennen;
wie Ihr Partner Ihre Bereitschaft findet, auf seine vermutlichen Wünsche einzugehen.
Die Ãbung hat etwas von einem Ratespiel (wie gut kenne ich eigentlich meinen Partner?) â aber sie ist viel mehr. Sie ist auch eine Neuerkundung, wo Sie beide mit Ihren Wünschen jeweils stehen. Versuchen Sie nicht, dabei eine Haltung einzunehmen, einen Wunsch, der Ihnen bisher nicht bekannt war und der Ihnen vielleicht nicht gleich in den Kram passt, als persönlichen Angriff oder als Bedrohung für Ihre Liebe zu interpretieren. Sondern hören Sie lieber erst einmal zu und teilen Sie sich mit. Das Gleiche gilt, wennSie erfahren, dass Ihr Partner nur wenig bereit ist, auf bestimmte Wünsche einzugehen. Hören Sie erst einmal zu und teilen Sie sich mit.
Nachdem wir so viel Wert auf die Unterschiede gelegt haben, können Sie in dieser Ãbung auch das Gegenteil überprüfen: wie gut Ihre Wünsche anschlussfähig sind. Beides liegt drin: die Unterschiede und die Ãhnlichkeiten, das Fremde und das Vertraute. Und was freudig erfüllt werden kann â und was auch unerfüllt stehen bleibt. Wie im richtigen Leben.
Fantasien
Wünsche zielen darauf ab, verwirklicht zu werden. Fantasien bleiben dagegen â bis auf weiteres â im Kopf. In Fantasien sind die Gesetze von Raum und Zeit aufgehoben. In dieser Vorstellungswelt lässt sich Unvereinbares zusammenbringen. Wir handeln in unserer Fantasie losgelöst von Schwerkraft und Schmerzen, von körperlichen Notwendigkeiten, körperlichen Fähigkeiten und gesellschaftlichen Rücksichten. In dieser Welt führen nur wir selbst Regie. Alles ist ausschlieÃlich unter unserer eigenen Kontrolle: Wir bestimmen, wer darin vorkommt, wer was tut und was wir empfinden. Wir fangen an, wann wir wollen. Wir hören auf, wann wir wollen. Die einzige Grenze liegt in der Begrenztheit der Fantasie selbst. Alles andere ist sowohl möglich als auch erlaubt â wenn wir es uns gestatten.
Zu den Fantasien gehören auch all jene Praktiken, Techniken, Verhaltensweisen, die wir nie in die Tat umsetzen wollen, die wir ablehnen, die uns unangenehm sind, denen wir aus dem Weg gehen. So kann ich mir Sex mit Personen fantasieren, auf die ich mich im echten Leben nie und nimmer einlassen würde. Und Dinge treiben, die mir den Atem rauben.
Ist das mein sexuelles Wesen?
Bei solchen heiklen und zwiespältigen Fantasien kann einem die besorgte Frage kommen: »Drückt das, was ich mir da vorstelle, mein eigentliches sexuelles Wesen aus? Bin ich wirklich so aggressiv, so egoistisch, so masochistisch oder was noch alles?« Ja und nein. Ja, die Fantasien gehören zu mir, sind Teil meines sexuellen Profils. Ich habe diese Fantasie, nicht jemand anderes. Ich bin der Autor meiner Fantasien. Und nein: Die Fantasien sind auch nicht wichtiger oder wahrer als alles andere, das meine Sexualität ausmacht.
Es ist ein interessantes Phänomen, das mir in Therapien häufig begegnet. Eine Klientin oder ein Klient (häufiger sind es allerdings Frauen) klagt über sexuelle Unzufriedenheit. Auf meine Frage, was sie sich denn vorstelle, was sie sich denn wünsche, kommt dann oft die Antwort: »Ich weià nicht.« Und auch die Frage danach, was in ihrer Fantasie lebendig sei, bleibt oft unbeantwortet: »Ich habe keinen Zugang dazu.« Oder: »Das ist so weit weg.« Wenn ich mir bei den Klienten die Erlaubnis dafür geholt habe, ist es meine Aufgabe als Therapeut, mit Geduld und Vorsicht diesen Zugang zu erleichtern.
Wenn Sie wollen, können Sie sich in diese Position versetzen und Ihren Partner/Ihre Partnerin interviewen. Das ist die nächste Ãbung. Stellen Sie sich vor, Sie sind Sexualforscher oder Sexualtherapeut und Ihr Partner ist Ihr Interviewpartner. Diese Ãbung hat es allerdings in sich! Es ist schwer, in der neutralen Interviewerrolle zu bleiben, wenn einen die Fantasien des eigenen Partners aufwühlen, anziehen oder auch erschrecken: Und es ist schwer, dem Partner alles zu erzählen, wonach er fragt.
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