Guter Sex Trotz Liebe
haben,
vielleicht in abgewandelter Form so einmal stattfinden könnten.
Wir haben den Unterschied zwischen Wünschen und Fantasien betont. Aber das eine kann ins andere übergehen. Aus Fantasien können sich Wünsche entwickeln, die zur Tat drängen. Und Wünsche können sich wieder in das geschlossene Haus der Fantasie zurückziehen. Das Wünschen und Fantasieren hört nie auf.
Das sexuelle Profil 3: Fähigkeiten und Fertigkeiten
Mit den erotischen Fähigkeiten und Fertigkeiten ist es so ähnlich wie in der Schule: Der eine ist in Mathe besonders gut, dafür liegt ihm der Kunstunterricht nicht so. Ein anderer zeigt im fremdsprachlichen Unterricht sein Bestes, bleibt aber in den Naturwissenschaften eher mittelmäÃig. Bei erotischen Handlungen verhält es sich genauso. Der eine ist beim Küssen gut, aber das Massieren liegt ihm nicht so. Es gibt erotische Naturtalente. Und Lernwillige. Manches konnte man immer schon, manches kann man lernen. Anderes muss man sogar lernen, ob man will oder nicht. Weil es sonst mit dem Partner nicht weitergeht. Egal, ob talentiert, gelernt oder keines von beiden, Fähigkeiten und Fertigkeiten gehören zum erotischen Profil.
Zwar meldet der Körper von ganz allein, dass er sexuell erregt ist. Was wir dann aber daraus machen, hängt ganz davon ab, was wir uns zutrauen, was wir uns zumuten wollen und was wir in der Lage sind, zum Ausdruck zu bringen. Unser Partner tut das seine, um unser erotisches Potenzial abzurufen, um mit uns erotisch zu kommunizieren.
Freiheit verpflichtet
Früher, als der Sex noch von Zwängen befreit werden musste und noch nicht so frei zur Verfügung stand wie heute, war der Gedanke an ein erotisches Potenzial kein wichtiges Thema. Man lebte in der Vorstellung, dass der Sex sich schon von selbst entfalten würde, wenn die Unterdrückung durch die sexualfeindliche Moral erst einmal abgeschüttelt sei. Und wenn man sich dann entspannt dem sexuellen Geschehen zuwenden würde, könne eigentlich nichts mehr schief gehen. In der Tat: Ohne eine gewisse Gelassenheit wird der Sex zu einer anstrengenden Ãbung. Aber mit der Befreiung von der sexualfeindlichen Moral fängt die nächste Herausforderung an: Was machen wir mit dieser Freiheit? Freiheit verpflichtet â so könnte man etwas anspruchsvoll sagen. Oder nicht ganz so streng: Freiheit liefert das leere Blatt und den Stift â schreiben muss jeder selbst.
Die Grenzen des eigenen erotischen Potenzials kennen
Wir hatten im Kapitel »Vom Können und Wollen« den Unterschied zwischen sexuellem Können und sexuellem Wollen besprochen. Wenn wir über unser erotisches Potenzial sprechen, beinhaltet das beides: Wollen und Können. Aber Können nicht in dem engen Sinn von sexuellem Funktionieren, eher im Sinne von Kunst. Und in diesem Sinn sind wir auch erotische Künstler, mit unterschiedlichen Stilen und Schwerpunkten, mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Tricks sowie mit speziellen Grenzen und Unfähigkeiten.
Wie jede Kunst beruht auch erotische Kunst auf ausgefeiltem und erprobtem Können und der Bereitschaft, es weiterzuentwickeln. Und sie beruht auf dem Wissen um die Grenzen der eigenen Kunst.
Wie gut kenne ich meine eigenen Verhaltensmuster? Wie flexibel oder wie festgelegt bin ich? Wie gut kenne ich meinen Körper? Wie gut kann ich ihn bei einer sexuellen Begegnung einsetzen? Wie viel Neugier und Experimentierfreude habe ich â oder wie viel Angst vor Neuem? Wie viel Humor, Einfühlungsvermögen, Lernbereitschaft habe ich? Und wo hört bei mir der Spaà auf?
Stärken und Schwächen
Was eine Stärke und was eine Schwäche ist, das steht nicht so ohne weiteres fest. Stärken und Schwächen befinden sich in einem raffinierten Verhältnis zueinander. Eine Schwäche kann sich zu einerStärke entwickeln. Ein schönes Beispiel dafür gibt der amerikanische Sexualtherapeut Ian Kerner in seinem Buch »She comes first«. Er beschreibt darin, wie er lange an seiner Tendenz zu einem frühzeitigen Samenerguss gelitten hatte und endlose vergebliche Versuche machte, den Samenerguss hinauszuzögern. SchlieÃlich gab er es auf, seine Schwäche zu kompensieren und entwickelte eine alternative Kompetenz. Er wurde zu einem Cunnilingus-Experten. Sein Buch ist ein beeindruckendes Beispiel, wie jemand sozusagen das Fach wechselt und Kompetenz in einem anderen Gebiet
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