Guter Sex Trotz Liebe
haben wir ziemlich feste Vorstellungen, was der Fall ist, wie die Lage wirklich ist. Wie es sexuell ist und wie es zu sein hat.
Spiel
Wenn wir spielen, dann öffnen wir Spielräume. Dann probieren wir etwas unverbindlich aus. Wir erfinden, experimentieren. Und wenn es uns nicht gefällt, probieren wir eben weiter. Wir haben ja ein paar Versuche frei. Wenn wir spielen, geht es uns darum, was sein könnte. Wir sind im Reich der Möglichkeiten. Wie es sexuell sein könnte â aber nicht muss.
Erotisch spielen
Das erotische Geschehen ist kreativ und mit Spielregeln verabredet. Das erscheint vielen von uns im Zusammenhang mit Liebesgefühlen befremdlich. Bezogen auf Sex finden wir es sogar oft unnatürlich, wenn erotische Momente geplant und vorhersehbar erzeugt werden. Oder der Partner ist irritiert, weil mit einem Mal der tägliche Trott, die erotische Routine in ein neues Spannungsfeld gerät. Denkbar, dass beim Partner Fragen auftauchen wie: »Was mache ich mit einem solchen Angebot? Gestehe ich ein, dass es mich durcheinander bringt? Oder nutze ich die Chance, einmal etwas Neues zu erleben?« Je nachdem, wie der Partner reagiert, sind wir herausgefordert, das Spiel fortzusetzen â oder uns ein neues auszudenken, wenn der erste Versuch daneben ging.
Handeln auf Probe
Den Begriff »Spiel« verwende ich dabei in einem Sinn, der es dem Paar ermöglicht, auszuprobieren â ohne sich gleich festlegen zumüssen. Rollenspiele, Kommunikationsspiele, Gedankenspiele dienen dazu, neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten ins Auge zu fassen, an die keine Verpflichtungen für die weitere Zukunft gekoppelt sind. Zur Unzufriedenheit und Langeweile in der erotischen Beziehung kommt es auch, wenn die Partner aufhören, über Handlungsalternativen nachzudenken. Sie können sich gar nicht mehr vorstellen, sich eventuell auch anders zu verhalten als sie es gewohnt sind. Ihnen fehlt die Spielfreude. Spaà und Mut, es miteinander hinzubekommen, sind dann bereits an ihre Grenze geraten. Der Ernst herrscht. Alles ist festgelegt. Die Problembeschreibungen beider Partner (die voneinander abweichen können) sind oftmals schon so ernst, dass keiner mehr Spaà versteht.
Erektionsschwierigkeiten oder sexuelles Desinteresse werden tragisch erlebt. Sie sind verbunden mit groÃem Leidensdruck. Hinzu kommen Gefühle des Versagens und der Enttäuschung, oft auch Wut und Empörung über den Partner. Das Verhalten eines Partners, über das der andere sich beschwert, ist fest gefügt. Auch die Wahrnehmung des anderen konzentriert sich auf die Mängel und Defizite, statt auf die Ressourcen zu schauen. In vielen Beziehungen sind die Täter- und Opferrollen fest vergeben: Du bist schuld und ich leide. Dieses enge Korsett zu verlassen, fällt nicht leicht bzw. ist häufig ohne fremde Hilfe kaum möglich.
Wo die Lage so eindeutig ist, gibt es nichts zu lachen. Da kann es nichts zu lachen geben. Das verschärft sich überdies, wenn die beiden Partner uneinig sind in ihrer Problemsicht. Die Ãbungen in diesem Kapitel haben zum Ziel, den sich unweigerlich einstellenden Krampf etwas zu lockern. Sie sollen der Leichtigkeit eine Chance geben. Das geschieht mit »Handeln auf Probe«.
Das ist in mancher Hinsicht ein kleines Abenteuer. Denn bei den folgenden Ãbungen kann es passieren, dass Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihren Partner ganz anders als gewohnt erleben. Möglicherweise denken Sie, Sie wüssten über Ihren Partner schon alles. Sie könnten überrascht werden!
Die Ãbungen zielen allerdings nicht darauf ab, irgendein sexuelles Verhalten zu proben. Ich habe weder Vor- oder Fesselspiele noch sonstige Spielarten sexuellen Verhaltens in diese Ãbungen eingebaut. Weil hier im Mittelpunkt steht, die Kommunikation zwischen den Partnern zu beleben, sind spezifische sexuelle Verhaltensweisen von geringerem Interesse.
Lassen Sie sich auf die Ãbungen ein, werden Sie schnell bemerken, dass die Partner- und die Selbsteinschätzung nicht übereinstimmen müssen. Im Verlauf Ihrer erotischen Wiederentdeckung wundern Sie sich vielleicht über manche Einschätzungen Ihres Partners. Das ist nicht ungewöhnlich: Je länger eine Beziehung dauert, je vertrauter wir uns sind, desto berechenbarer erscheinen wir uns. Wir erwarten Ãbereinstimmung, wo bei genauerem Hinsehen keine vorhanden ist. Wirklich gut kennen wir unseren
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